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Willkür- oder Psychostaat

Eine Sicherungshaft, wie Kickl oder Doskozil sie fordert, sollte nur mit Samthandschuhen angefasst werden.
Eine Sicherungshaft, wie Kickl oder Doskozil sie fordert, sollte nur mit Samthandschuhen angefasst werden. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Gastkommentar von Johannes Huber. Gut, dass Justizminister Josef Moser Leute wie Kickl und Doskozil einbremst. Die geplante Sicherungshaft darf nur unter strengsten Auflagen kommen. Sofern sie überhaupt nötig ist.

“Wir brauchen keine Skepsis”, hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zur „Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber“ gesagt: Diese sei einzuführen. Und Punkt. Gerichtet war das wohl an Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der gemeint hatte, dass es sich um eine „heikle“ Angelegenheit handle. Widersprochen hat Kurz letzten Endes jedoch der Justizminister: Josef Moser (ÖVP) ermahnte zu “großer Vorsicht und Fingerspitzengefühl”.

Die Sache ist wirklich nicht einfach. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) will ausgewählte Flüchtlinge wegsperren. Wer aber stellt die Voraussetzungen fest? Irgendein Beamter? Was heißt gefährlich? Experten berichten, dass man das nie genau sagen könne. Das würde bedeuten, dass man immer auch Leute hinter Gitter bringt, die nie eine Tat begehen würden. Genau das ist das Problem bei einer solchen Präventivhaft: Weil man von einem Verdacht ausgeht, liegt man ganz automatisch immer wieder daneben und lässt Ungerechtigkeit walten.

Der Innenminister will sich davon nicht beirren lassen. Ganz zu schweigen vom burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), dem man nun schwarz auf weiß mangelndes Rechtsverständnis unterstellen kann: Er würde auch gefährliche Österreicher einsperren. Einzige Voraussetzung: Ein entsprechendes Urteil eines Psychologen. Soll heißen: Doskozil würde Psychologen zu den neuen Richtern machen.

Gut, dass es den Justizminister gibt: Den Vorschlag aus dem Burgenland ignoriert Josef Moser nicht einmal und Kickl lässt er wissen, dass allgemeingültige Spielregeln auch in diesem Fall gelten würden: Eine Präventivhaft kann es nur unter richterlicher Kontrolle geben. Das würde die ganze Angelegenheit ein bisschen entschärfen.

Doch ist diese Haft ausschließlich für Asylwerber überhaupt nötig? Anlass ist der Fall in Dornbirn, bei dem ein türkischer Staatsbürger einen Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft erstochen hat. Nun liegt es in der Natur der Sache, dass man sich überlegen muss, wie man diesen Fall hätte verhindern können, damit sich so etwas nicht wiederholt.

Kickl geht da etwas voreilig vor. Sehr viel spricht dafür, dass es möglich gewesen wäre, den Mann in Schubhaft zu nehmen. Erstens ist er in Österreich schon so oft straffällig geworden, dass er in der Vergangenheit mit einem Aufenthaltsverbot belegt worden ist. Zweitens ist ein Asylantrag von ihm schon einmal abgewiesen worden. Drittens ist nun extrem schnell festgestellt worden, dass man ihn nicht in die Türkei abschieben könne. Viertens hätte man dem Mann mit Meldepflichten belegen und fünftens überwachen können, wie es bei Gefährdern, Terroristen und dergleichen hoffentlich gang und gäbe ist.

Im Übrigen muss man sich wundern: Sehr viele Morde sind zuletzt von Ausländern begangen worden, bei weitem nicht alle waren jedoch Asylwerber. Eher kamen sie 2018 aus Serbien und dem Kosovo als aus klassischen Fluchtländern wie Syrien oder Afghanistan. Sprich: Wenn man schon davon ausgeht, dass importierte Gewalt nur mit einer Präventivhaft bekämpft werden kann, ist es wenig sinnvoll, diese ausschließlich für Asylwerber gelten zu lassen. Das wäre dann eher nur klassische Symbolpolitik.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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