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Wikileaks: Ist er der Maulwurf?

Der inzwischen 23-jährige Bradley Manning soll der Internetplattform Wikileaks jene Regierungsdokumente zugespielt haben, welche die US-Regierung immer wieder in Bedrängnis bringen.
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Im gewaltigen Verteidigungsapparat der USA war BradleyManning nur einer von vielen: ein unauffälliger junger Obergefreiter mit Zuständigkeit für nachrichtendienstliche Analyse. Die enormen Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden, stehen in Gegensatz zu seiner bescheidenen Stellung: Der inzwischen 23-jährige Manning soll der Internetplattform Wikileaks jene Regierungsdokumente zugespielt haben, welche die US-Regierung immer wieder in Bedrängnis bringen. Ein einfacher Soldat könnte im Alleingang die Weltmacht USA erschüttert haben – was auch zeigt, wie schwierig effektive Geheimhaltung in Zeiten des Internets geworden ist.

Im Mai wurde Manning auf seinem Stützpunkt in der Nähe von Bagdad festgenommen, derzeit sitzt er in einem US-Militärgefängnis nahe Washington ein. Bei einer Verurteilung drohen ihm mehr als 50 Jahre Haft wegen Verrats. Manning sitzt hinter Gittern, weil er selbst verraten worden war: Er hatte sich im Internet-Chat mit dem Blogger Adrian Lamo als Quelle der Wikileaks-Dokumente zu erkennen gegeben. Der Blogger hatte die Behörden informiert.

Über Manning ist wenig bekannt, in den 23 Jahren seines Lebens hinterließ er wenig Spuren. Laut US-Medien wuchs er im Bundesstaat Oklahoma auf, einen Teil seiner Kindheit verbrachte er bei der Mutter in Großbritannien. Offenbar war er als Schüler in die Rolle des Außenseiters gedrängt worden, Freunde berichten von Hänseleien. Wie die “New York Times” unter Berufung auf Mannings Freundeskreis schrieb, entwickelte der Soldat in den vergangenen Jahren ein Bewusstsein für seine Homosexualität – was ihn in einen Gewissenskonflikt trieb: Die US-Armee verlangt von den Soldaten, homosexuelle Orientierung geheimzuhalten.

“Ich bin schon lange isoliert”, schrieb Manning in seinem Internet-Chat mit dem Blogger Lamo, den dieser als Mitschrift an Medien und Justiz weiterreichte. “Die Umstände zwangen mich, Überlebensstrategien zu entwickeln.” Die Erfahrung ständiger Zurückweisung scheint sich wie ein Faden durch Mannings Leben zu ziehen: Schwierigen Jahren in der Schule folgte schließlich der Bruch mit dem Vater, der ihn nach Informationen der “New York Times” aus dem Haus warf, als er von der Homosexualität des Sohns erfuhr. Manning habe eine Zeit lang in seinem Auto gelebt. Schließlich landete der Computer-Freak als Analyst bei den Streitkräften.

Kritiker der Enthüllungsplattform Wikileaks charakterisieren Manning als radikalen Schwulenaktivisten, der aus persönlichen Rachemotiven den nationalen Interessen seines Landes schadet. Mannings Unterstützer weisen diese Sichtweise zurück. Manning sei in erster Linie ein Pazifist, der sich mit Opfern des Kriegs identifiziere, sagt Jeff Paterson, der einem Unterstützungskomitee für Manning angehört. “Das liegt zum Teil daran, dass er sich als Angehöriger einer Minderheit, die in der US-Armee und der amerikanischen Gesellschaft ungerecht behandelt wird, in eine solche Situation hineinversetzen kann.”

Sollte Manning tatsächlich die Quelle der Wikileaks-Dokumente sein, dann wohl “aus keinem anderen Grund als dem, dass er die Wirklichkeit des Kriegs zeigen wollte”, sagt Paterson. Im Sommer hatte Wikileaks mit der Veröffentlichung von internen US-Dokumenten zu den Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan Furore gemacht.

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