Wifo-Chef ortet Umbruch am Arbeitsmarkt für Arbeitnehmer
Diese Umkehr der Verhältnisse, werde noch stärker werden. Um die Knappheit auf dem Arbeitsmarkt zu lindern, sollte man arbeitsfähige aber derzeit nicht aktive Menschen motivieren, einen bezahlten Job zu suchen und eine neue Zuwanderungsstrategie beschließen, so Felbermayr zur "Presse".
Wifo-Chef für Aktivierung heimischer Arbeitskräfte
Auch in den "Oberösterreichischen Nachrichten" (OÖN) verweist Felbermayr auf den Umbruch und fordert eine Lohnnebenkostensenkung. Auch brauche es ein "Nachdenken ohne Tabus". So stellt Felbermayr die Überlegung in den Raum, ob man den Lohnsteuersatz statt auf das Jahreseinkommen auf den Stundenlohn abstellen könnte. Denn derzeit sei es angesichts der progressiven Besteuerung oft nicht attraktiv länger zu arbeiten, da vom Mehrverdienst die Hälfte an den Staat gehe und außerdem für Kinderbetreuung oder andere Themen Zusatzkosten entstünden, sodass in Summe netto oft nichts übrig bleibe. "Manche Akademiker mit hohen Stundenlöhnen haben kaum Anreize, mehr Stunden zu arbeiten, weil dann die Progression greift. Also begnügen sie sich mit 20 oder 30 Wochenstunden", so der Wifo-Chef.
Felbermayr plädiert auch für eine Erbschaftssteuer, etwa wie in Deutschland vom ifo-Institut vorgeschlagen mit acht Prozent. Diese müsste aber über mehrere Jahre gestreckt gezahlt werden und dürfe auch nicht dazu führen, dass Familienunternehmen verkauft werden müssen. Eine laufende Vermögensteuer lehnt Felbermayr ab.
Heimische Arbeitskräfte sollten vor Zuwanderung kommen
In der "Presse" schätzt Felbermayr, dass es in Österreich eine Arbeitskräftereserve von 350.000 bis 400.000 Menschen gebe, vor allem Frauen, die arbeiten könnten, aber dies derzeit nicht tun. Auch bei der Beschäftigung Älterer sei Österreich im Vergleich zu anderen Industrieländern nicht gut. Um Frauen zur Erwerbsbeteiligung zu motivieren wäre ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung wichtig. Bei unveränderter Migration werde in Deutschland ab 2023 die Erwerbsbevölkerung zurückgehen, in Österreich ab den späten 2020er-Jahren, erwartet Felbermayr.
Die Mobilisierung von Arbeitskräften im Land wäre wichtiger als die Förderung der Zuwanderung, so Felbermayr. "Aber eine aktive und zielgerichtete Einwanderungspolitik muss dazugehören. Dass man sich besser aussucht, wer zu uns kommt, mit professionellen Mitteln", zitiert ihn die "Presse". Österreich brauche nicht nur Wissenschafter, sondern "für diese hoch qualifizierten Menschen auch ein Ökosystem". Es gehe heute mehr um Dienstleistungen, während in den 1960er Jahren Fabrikarbeiter gesucht waren. Daher seien Sprachkenntnisse und die Investition in Weiterbildung wichtig.
(APA/Red)