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Wieso Trumps Gaza-Forderung sogar "visionär" sein könnte

Sicherheitsexperte Kobi Michael nennt Trumps Vorschlag zu Gaza "nicht nur Verhandlungsstrategie, sondern auch eine Vision".
Sicherheitsexperte Kobi Michael nennt Trumps Vorschlag zu Gaza "nicht nur Verhandlungsstrategie, sondern auch eine Vision". ©APA/AFP
Für Kobi Michael vom israelischen Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) ist die Aussage von US-Präsident Donald Trump, Palästinenser aus dem Gazastreifen abzusiedeln und diesen in ein Ferienresort zu verwandeln, "nicht nur eine Verhandlungsstrategie, sondern auch eine Vision".
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Das erzählte Michael am Donnerstag bei einem Online-Gespräch mit internationalen Medienvertretern.

"Ich bin mir sicher, das ist kein spontaner Zug", sagte Michael. Trump habe sich den Vorschlag schon vor seiner Amtseinführung überlegt.

Andere Staaten nun unter Zugzwang

"Trump hat nicht bloß die Regeln des Spiels geändert, er hat das Spiel getauscht. Damit hat er das gesamte Paradigma geändert", befand Michael, der einst die Palästina-Abteilung in Israels Ministerium für strategische Angelegenheiten leitete. Der US-Präsident zwinge damit anderer Player in der Region dazu, selbst Vorschläge zu machen, was mit dem Gaza-Streifen geschehen solle. Ein bloßes Nein, etwa von arabischen Vertretern, werde Trump nicht akzeptieren.

Dadurch, dass nun andere Staaten - Michael nannte hier explizit Saudi-Arabien - Ideen einbringen müssten, bestehe die Chance auf Frieden. Gelinge das, stehe Trump als Friedensstifter da. Und wird sein Vorschlag umgesetzt, könnten die USA "wirtschaftlich profitieren", meinte der Forscher.

Fast 90 Prozent des Gazastreifens seien zerstört. Gleichzeitig sei dieser das "am dichtesten bewohnte Gebiet", es sei fast unmöglich, es wiederaufzubauen, wenn Leute darin lebten, argumentierte Michael. Im 365 Quadratkilometer kleinen Gazastreifen leben 2,4 Millionen Menschen. Auf einen Quadratkilometer gerechnet ergibt das mehr als 6.500 Einwohner.

Michael relativierte allerdings die Aussage Trumps: Die Idee sei nicht, zwei Millionen Menschen nach Jordanien und Ägypten zu bringen, sondern ein paar Hunderttausend nach Jordanien und ein paar Hunderttausend nach Ägypten. Im Falle Jordaniens verwies er darauf, dass das Land in den letzten 20 Jahren 1,5 Millionen Menschen aus dem Irak und Syrien aufgenommen habe. In Ägypten wiederum könnten Palästinenser auf der Sinai-Halbinsel unterkommen, die über 100-mal größer sei als der Gazastreifen.

Wie eine Reorganisation des Gazastreifens aussehen könnte

Michael führte bei dem Termin auch aus, wie eine Neustrukturierung des Gazastreifens aussehen könnte: zunächst eine temporäre militärische Präsenz Israels, "die auch humanitäre Hilfe garantiert". Dies solle die Etablierung einer lokalen Verwaltung ermöglichen - "die natürlich nicht die Hamas ist" -, woraufhin sich das israelische Militär Schritt für Schritt zurückziehen werde.

Europas Rolle

Eine bedeutendere Rolle für Europa im Nahost-Konflikt sieht Michael nur dann, wenn es an der Seite der USA stehe. "Ich wünsche mir, dass Europa eine bedeutende Rolle spielt, aber ich bezweifle es. Wenn es sich den USA anschließt, würde es mehr Bedeutung kommen."

(APA)

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