Wiens wohl bekannteste Drogenhilfseinrichtung bekommt neuen Sitz
Damit könnten die Arbeiter Mitte des Jahres anrücken, um den Komplex am Gumpendorfer Gürtel bis Mitte 2011 abzuschließen. Bereits Ende April will der Ganslwirt allerdings seine Übergangsdependance am Wiedner Gürtel eröffnen, mit der die Kapazitäten beinahe verdoppelt werden.
Unter dem Titel “TaBeNo” (Tageszentrum, Betreuung, Notschlafstelle) wird in einem einstigen Firmengebäude mittels kleinerer Adaptierungen ein zweiter Ganslwirt geschaffen. So soll die jetzige Notschlafstelle mit 14 Plätzen vom Stammhaus in der Esterhazygasse vollständig an den Wiedner Gürtel übersiedeln und auf 26 Betten erweitert werden. Ab Juni öffnet dort auch ein zweites Tageszentrum mit sozialarbeiterischer Betreuung. Der alte Ganslwirt wird sein Tageszentrum ebenfalls vergrößern, da durch den Abzug der Notschlafstelle weiterer Platz vorhanden ist.
Tagesbetreuung für 200 bis 300 Menschen erforderlich
“Wir brauchen diese Leistungserweiterung jetzt”, begründete der zuständige Sucht- und Drogenkoordinator Michael Dressel die Errichtung der Dependance. Laut einer Studie benötige man in Wien für 200 bis 300 Personen eine Tagesbetreuung, weshalb mit dem TaBeNo die Zahl der Betreuungsplätze von 60 auf 200 erweitert werde. Dieser Ausbau ist nicht nur provisorisch gedacht, da auch TaBeNo nach Fertigstellung in das neue Haus am Gumpendorfer Gürtel übersiedeln wird. Eigentlich hätte bereits 2007 der Spatenstich für den Neubau stattfinden sollen, wobei sich aber unter anderem die Verhandlungen mit einem privaten Grundstückseigner zogen und der geplante Bauträger absprang.
Im Ganslwirt können Suchtkranke niederschwellig Zugang zu medizinischer und sozialarbeiterischer Betreuung erhalten. Neben einem Tageszentrum und einem Ambulatorium gibt es auch eine Notschlafstelle, wobei alle Einrichtungen an den neuen Standort übersiedeln. Neben der Drogenambulanz sollen im projektierten, zehn Mio. Euro teuren Gürtel-Komplex auch 60 Wohnplätze für Senioren entstehen, die von der Volkshilfe betreut werden. Für beide Einrichtungen sind allerdings getrennte Eingänge vorgesehen.
Ganslwirt 1990 gegründet
Wiens wohl bekannteste Drogenhilfeeinrichtung, der Ganslwirt, besteht mittlerweile seit über 19 Jahren. Die Gründung im Jahr 1990 war von heftigen Protesten begleitet worden. Mittlerweile hat sich die Institution des Trägervereins Wiener Sozialprojekte in der Mariahilfer Esterhazygasse jedoch etabliert. Das Tageszentrum, das Ambulatorium und eine Notschlafstelle mit 14 Plätzen sind 365 Tage im Jahr rund um die Uhr geöffnet.
Der Ganslwirt richtet sich vor allem an Drogenkonsumenten der offenen Straßenszene, weshalb die Einrichtung bewusst niedrigschwellig angelegt ist. Hilfe erfolgt somit anonym, weitgehend kostenlos und ohne vorherige Terminvereinbarung. Ziel ist, das Überleben der Klienten zu sichern und zumindest eine minimale soziale Absicherung zu erreichen. Das Angebot des Ganslwirts reicht dabei von Beratung über eine ärztliche Notversorgung in der Nacht bis hin zu einem Spritzentauschprogramm, um die Ansteckungsrate mit dem HI-Virus zu senken. So wurden seit der Eröffnung rund 8,5 Millionen Spritzen getauscht.
Umzug für 2011 geplant
Eröffnet wurde die sozialmedizinische Drogenberatungsstelle am 24. November 1990 unter dem damaligen Bürgermeister Helmut Zilk (S). Zuvor hatten mehr als 1.000 Menschen gegen die Einrichtung in dem ehemaligen Restaurant “Ganslwirt”, mitten im Wohnbezirk Mariahilf, demonstriert. 2011 soll, wenn sich der zehn Mio. Euro teure Neubau am Gumpendorfer Gürtel nicht neuerlich verzögert, der Ganlswirt jedoch aus den bekannten Räumlichkeiten ausziehen.