Wiens Stadtrat Hanke kritisiert Ausweisung russischer Diplomaten

Österreich werde der Vermittlerrolle, mit der es sich in der Vergangenheit international einen Namen gemacht habe, "derzeit nicht gerecht", sagte Hanke im Gespräch mit dem "Kurier" (Samstag-Ausgabe). Bei Maßnahmen wie Diplomaten-Ausweisungen solle Österreich "sehr vorsichtig sein", meinte Hanke.
Kritik an Ausweisung russischer Diplomaten
"Wir haben uns über Jahrzehnte eine Brückenfunktion in Richtung Osteuropa erarbeitet, die wir zur Friedensschaffung einsetzen sollten. Da sollte man nicht vorschnell diplomatische Beziehungen aufs Spiel setzen", sagte Hanke. Die Neutralität zu bewahren, sei "essenziell". Wien solle sich im aktuellen Konflikt "noch stärker als Drehscheibe für den Frieden einbringen".
Wiens Stadtrat Hanke kritisiert ÖVP
Schuld seien die bundespolitischen Verwerfungen der vergangenen Jahre, so Hanke in Richtung ÖVP: "Die Politik auf Bundesebene war in den vergangenen Jahren von permanenter Veränderung geprägt." Das habe dafür gesorgt, "dass Österreich international in seiner Reputation gelitten hat". Jetzt, in einer Krise, "schaffen wir es daher nicht, Stärke zu zeigen", so Hanke.
Österreich weist vier russische Diplomaten aus
Österreich hatte sich am Donnerstag den Sanktionsmaßnahmen zahlreicher europäischer Staaten angeschlossen und vier Diplomaten zu unerwünschten Personen erklärt, die bis spätestens 12. April Österreich verlassen müssen. Die Personen hätten mit dem Wiener Übereinkommen unvereinbare Handlungen gesetzt, hieß es in Anspielung auf Geheimdiensttätigkeiten.
Nach Recherchen der "Presse" handelt es sich bei den Diplomaten um "zwei hochrangige Kaliber". Österreich verlassen müsse der Verteidigungsattaché Alexej P. sowie der Erste Botschaftsrat, Wadim K., der in der Hierarchie der russischen Botschaft in Wien die Nummer fünf ist, berichtet die Zeitung in ihrer Samstag-Ausgabe. Insgesamt weist das Außenministerium drei russische Diplomaten, die an der bilateralen Vertretung in Wien arbeiten, sowie einen Mitarbeiter des Generalkonsulats in Salzburg aus. Die österreichische Spionageabwehr rechne sie dem russischen Militärgeheimdienst GRU und dem Auslandsgeheimdienst SWR zu. Bei Wadim K. soll es sich um den Leiter der Auslandsspionage in Österreich handeln.
Aussagen Hankes für NEOS nicht nachvollziehbar
Mit völligem Unverständnis reagiert der stellvertretende NEOS-Klubobmann Niki Scherak auf die Aussagen Hankes. "Erst das Zaudern, was die Rede von Wolodymyr Selenskyj vor dem österreichischen Parlament betrifft, und jetzt das." Die SPÖ müsse sich endlich entscheiden, auf welcher Seite sie steht. "Wenn russische Diplomaten in Österreich Putins Lügenpropaganda verbreiten, die russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine leugnen und Österreich offen drohen, brauche es natürlich harte Konsequenzen", so Scherak weiter. "Dass es weiterhin einen diplomatischen Austausch mit Russland geben muss, steht außer Frage. Aber die Zahl der Diplomaten muss auf das Allernotwendigste beschränkt werden."
Auch Kritik von ÖVP und Grünen an Wiener Stadtrat
Auch ÖVP und Grüne übten Kritik an Hanke. "Österreichs Außenpolitik ist bei Karl Nehammer und Alexander Schallenberg in besten Händen. (...) Wiens SPÖ-Stadtrat Peter Hanke sollte sich lieber darum kümmern, dass die Stadtregierung den Wienerinnen und Wienern mittels Preiserhöhungen bei Fernwärme und Parkpickerl nicht ständig ihr Geld aus der Tasche zieht - und Österreichs Außenpolitik den Profis überlassen", sagte ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner.
"Ich finde die Kritik von Stadtrat Hanke an der Ausweisung russischer Diplomaten aus Österreich überhaupt nicht nachvollziehbar", kommentiert Judith Pühringer, Parteivorsitzende der Grünen Wien, die Äußerungen des Wiener Finanz- und Wirtschaftsstadtrats. "Wir sollten in der Sache des Kriegs in der Ukraine klar Stellung beziehen. Es ist nicht zuletzt auch unsere Reputation, die hier auf dem Spiel steht. Russland ist für sein Handeln in der Ukraine klar und mit aller Schärfe zu verurteilen und der Kontakt auf das Allernotwendigste zu reduzieren. Die von Hanke gewünschte Brückenfunktion ist im Fall eines Angriffskriegs durch einen Aggressor völlig fehl am Platz."
(APA/Red)