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Wiens Bürgermeister Häupl unglücklich über "Anpatzerei" in der Causa Silberstein

Wiens Bürgermeister Michael Häupl zeigt sich einmal mehr unglücklich über die Causa Silberstein.
Wiens Bürgermeister Michael Häupl zeigt sich einmal mehr unglücklich über die Causa Silberstein. ©APA (Sujet)
Am Rande eines Medientermin zeigt sich Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) einmal mehr unglücklich über die Causa Silberstein. "Dass bei der Anpatzerei irgendwas picken bleibt, ist ja gar keine Frage. Das ist ja offensichtlich auch der Sinn der Sache. Der Schaden liegt nahezu ausschließlich bei der SPÖ", meinte der Stadtchef am Mittwoch.

Der Wiener SPÖ-Vorsitzende meinte, die Roten könnten jetzt im Wahlkampf nur darauf aufmerksam machen, “dass das eine von niemanden von uns gewünschte Situation ist”. Außerdem werde am 15. Oktober nicht darüber entschieden, “wer irgendwo eine depperte Facebook-Seite gemacht hat, sondern über die Zukunft Österreichs”. “Wenn jemand meint, er muss sich von diesen Emotionen leiten lassen und damit zulässt, dass es eine schwarz-blaue Regierung gibt, dann ist es als Demokrat zur Kenntnis zu nehmen – aber: Selber schuld”, warnte Häupl.

Abgesehen davon betonte der Bürgermeister die Notwendigkeit, die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Denn es seien noch “eine Menge Dinge” zu klären: “Ich fürchte, das wird über die Möglichkeiten der (SPÖ-internen, Anm.) Taskforce hinausgehen.” Für ihn, Häupl, sei immer noch nicht geklärt, ob nicht auch der politische Gegner die Hände in der Silberstein-Affäre im Spiel gehabt habe.

SPÖ bezweifelt jüngste Enthüllungen in Silberstein-Affäre

Die SPÖ bezweifelt die jüngsten Enthüllungen in der Dirty Campaigning-Affäre, wonach ein SPÖ-Kampagnenmitglied auch nach der Trennung von Tal Silberstein an der Organisation von Facebookseiten gegen die ÖVP beteiligt gewesen sein soll. Hier stehe Aussage gegen Aussage, möglicherweise handle es sich um Fake-Informationen, so der interimistische SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter.

Der inzwischen suspendierte SPÖ-Mitarbeiter bestreitet laut Matznetter eine Beteiligung nach Mitte August. Es gebe noch eine Unschärfe ob bis 14. August, dem Tag des Silberstein-Rauswurfs, oder bis 16. August. Er sage auch, dass in der SPÖ keiner seiner Vorgesetzten über die von Tal Silberstein aufgestellte Dirty Campaigning-Spezialeinheit und die von dieser Truppe erstellten Facebookseiten gegen ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz informiert waren. Der Leiter der SPÖ-internen Task Force zur Aufklärung der Vorwürfe stellt den “Wahrheitsgehalt der reißerischen Medienberichterstattung” deshalb infrage.

Zur Frage der Finanzierung der teils rassistischen und antisemitischen Facebookseiten will die SPÖ noch diese Woche (Donnerstag oder Freitag) den Bericht eines Wirtschaftsprüfers vorlegen. Den rund 400.000 Euro schweren Beratervertrag mit Silberstein werde man eher nicht offenlegen, ließ Matznetter durchklingen, dieser fließe aber in den Prüfbericht ein. Alle Geldströme von der SPÖ zu Silberstein sollen darin enthalten sein. Silberstein selbst hatte ja am Dienstag erklärt, dass die Schmutzkübelaktivitäten aus Teilen seines Honorars bezahlt wurden. Die IT-Forensik werde noch etwas länger dauern, weil diese technisch herausfordernd sei.

Bei einer Presseerklärung vor dem Parlamentsausweichquartier am Josefsplatz stellte Matznetter auch den Verdacht in den Raum, dass die ÖVP Silbersteins Dirty Campaigning-Team nach dessen Rauswurf fliegend übernommen und finanziert haben könnte. Eine “heiße Spur” sieht Matznetter diesbezüglich in einer Kooperation zwischen dem Silberstein-Mitarbeiter Peter Puller, der in der Vergangenheit auch für ÖVP und NEOS tätig war, sowie dem früheren grünen und nunmehrigen schwarz-türkisen Efgani Dönmez, der bei der Nationalratswahl auf Platz 5 der ÖVP-Liste kandidiert.

Dönmez soll für seine Plattform “Stop Extremism” auf Dienstleistungen Pullers zurückgegriffen haben. Laut dem von Matznetter zitierten Vertrag wurde dafür eine Honorarsumme von 180.000 Euro vereinbart. “Besonders komisch” findet der SPÖ-Bundesgeschäftsführer diesen Betrag, da Dönmez behauptet habe, dass das Budget für den Verein nur 20.000 Euro betrage. Sollte das Geld aus anderen Quellen stammen, liege möglicherweise auch ein Verstoß in Sachen Parteispendentransparenz vor.

Man müsse jedenfalls der Spur nachgehen, ob mit dem Honorar an Puller in Wahrheit nicht andere Aktivitäten bezahlt wurden, so Matznetter. Die SPÖ werde gegen alle Beteiligten auch zivilrechtlich vorgehen. Man werde dann sehen, ob einer der Maulwürfe das Risiko einer Kreditschädigungsklage auf sich nimmt oder doch kooperiert und aussagt. “Wir haben den maximalen politischen Schaden, und aus allen Ecken und Enden kommen uns ÖVP-Funktionäre mit NEOS vermischt entgegen. Das kann kein Zufall sein.”

Die bisher Schmutzkübelaktionen bezeichnete Matznetter als “Dilletantismus”. Das wahre Dirty Campaigning finde in Österreich auf Internetseiten wie “Fass ohne Boden” oder den FPÖ-nahen Online-Dienst Unzensuriert.at statt. “Darüber redet niemand.”

Silbersteins Strategie bei Negativkampagnen

Tal Silberstein hat bereits 2005 in einem Dokumentarfilm über politische Kampagnen die Methodik von Negativkampagnen skizziert. In der US-Doku “Our Brand Is Crisis” (“Unsere Marke ist Krise”) erläuterte Silberstein dies am Beispiel der bolivianischen Präsidentschaftswahl 2002.

Silberstein unterstützte damals im Team von Stanley Greenberg den Kandidaten Sanchez de Lozada gegen Evo Morales, der im Rennen um die Präsidentschaft unterlag und erst vier Jahre später Präsident des Andenstaates wurde. “In Krisenzeiten wie diesen suchen Menschen nach Hoffnung. Viele von ihnen – mit Ausnahme Ihrer Anhänger – wenden sich dem neuen Kandidaten zu. Wir können diese Gefühl nicht so stehen lassen. Wir müssen die Dynamik ändern”, sagte Silberstein in der Doku. “Wir müssen Negativkampagnen gegen ihn starten. Wir müssen ihn von einem sauberen in einen schmutzigen Kandidaten verwandeln. Das ist unsere Aufgabe. Ich hatte eine Diskussion mit Sanchez zu diesem Thema – sehr persönlich. Er hat einige Dinge über ihn. Er wird das außerhalb der Parteien machen. Ich habe ihm gesagt: Alles, was Du tust, darf in keiner Weise mit uns in Verbindung gebracht werden.”

PR-Verband verurteilt Dirty Campaigning

In der Causa Silberstein der SPÖ hat sich nun auch der Public Relations Verband Austria (PRVA) zu Wort gemeldet – und die Facebook-Seiten gegen Sebastian Kurz (ÖVP) verurteilt. Die bekannt gewordenen unethischen und teilweise illegalen Online-Aktivitäten selbst ernannter PR-Berater hätten nichts mit professioneller Öffentlichkeitsarbeit zu tun, erklärte die Interessensvertretung am Mittwoch.

“Derartige äußerst fragwürdige Praktiken schaden sowohl der Kommunikationsbranche, als auch der Gesellschaft und der Demokratie”, hielt PRVA-Präsidentin Julia Wippersberg in einer Aussendung fest. Der Verband verweist auf den Ethikkodex und den vom PR-Ethik-Rat herausgegebenen Kodex “Ethik in der Digitalen Kommunikation”.

In den vergangenen Tagen ist bekannt geworden, dass der Ex-SPÖ-Berater Tal Silberstein Dirty Campaigning gegen den ÖVP-Spitzenkandidaten organisiert und finanziert hat. Es geht um die mittlerweile vom Netz genommenen Facebook-Seiten “Die Wahrheit über Sebastian Kurz” und “Wir für Sebastian Kurz”.

(APA/Red)

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