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Wiener wegen "Entführung" seiner kleinen Tochter vor Gericht

Die Eltern hatten das Kind nach einem Besuch unerlaubt mit nach hause genommen.
Die Eltern hatten das Kind nach einem Besuch unerlaubt mit nach hause genommen. ©dpa (Symbolbild)
Ein 26-jähriger Wiener musste sich am Montag vor Gericht verantworten, weil er dabei geholfen hatte, seine 18 Monate alte Tochter aus einer Einrichtung des Wiener Jugendamts (MA 11) zu "entführen". Die Mutter des Kindes war beim Prozess nicht anwesend, sie wird in einer anderen Angelegenheit von den deutschen Behörden mittels Haftbefehl gesucht.

Dem Paar war die Kleine im Oktober 2012 abgenommen worden, als das Jugendamt von den Problemen der 25 Jahre alten Mutter mit der deutschen Justiz erfuhr. Das Mädchen kam zu Pflegeeltern nach Niederösterreich, die leiblichen Eltern durften ihre Tochter alle zwei Wochen für eine Stunde in einem Besuchsraum der MA 11 in Wien-Alsergrund sehen. Bei diesen Besuchen sei ihm mehrfach der schlechte Zustand des Kindes aufgefallen, erzählte der Vater nun Richterin Sonja Weis: “Das Kind war zerkratzt übers ganze Gesicht. Das war jedes Mal so.” Das Mädchen habe einen ungepflegten, verwahrlosten, mangelhaft ernährten Eindruck gemacht und zerrissene Kleidung getragen. Außerdem habe die Kleine kaum mehr gesprochen: “Die war ganz verändert. Die hat nicht einmal mehr gelacht.”

Eltern nahmen Kind unerlaubt zu sich

Beim letzten Besuch am 10. Jänner 2013 sei die Tochter “blau” gewesen, behauptete der Angeklagte. Infolge der angeblich sichtbaren Verletzungen habe die Mutter, seine ehemalige, mittlerweile getrennt von ihm lebende Freundin, das Kleinkind geschnappt und sei mit ihm am Arm aus dem Amtsgebäude gelaufen: “Eine Kurzschlussreaktion der Frau.” Die Flucht gelang, obwohl der Besuchsraum an sich überwacht wird.

In weiterer Folge erhielt der 26-Jährige von seiner früheren Partnerin eine SMS und traf diese an der nahe gelegenen U-Bahn-Station Währinger Straße, wo man beschloss, mit dem Kind zu seiner Mutter zu fahren. In der Wohnung der Großmutter in Baden verbrachten die beiden mit dem Kind die Nacht, wobei der Mann den Akku aus seinem Mobiltelefon entnahm und damit der Polizei, die ihn mittlerweile fieberhaft suchte, die Ortung seines Aufenthalts verunmöglichte.

Nach “Entführung”  wurde Mädchen zurückgebracht

Während der Nachtstunden überzeugte der 26-Jährige seine Ex-Freundin, dass die “Entführung” keine Aussicht auf Erfolg habe. Er kontaktierte seinen Anwalt Nikolaus Rast und vereinbarte mit diesem für den kommenden Tag die Rückgabe des Mädchens an die MA 11. Als er in Begleitung der Mutter einen für 13.00 Uhr vereinbarten Termin mit dem Anwalt wahrnehmen wollte, wurde der 26-Jährige vor den Augen seines Rechtsbeistands festgenommen.

Richterin zeigte Verständnis

“Die Panik, die in einem Vater aufsteigt, wenn er sein Kind blau sieht, kann ich verstehen”, gab Rast nun im Grauen Haus zu bedenken. Die Richterin billigte dem Angeklagten zwar “ein anerkennenswertes Motiv” zu, verhängte bei einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren mit zwölf Monaten aber eine recht empfindliche Freiheitsstrafe. Maßgeblich dafür: Mehrere, großteils aus einer “Drogenvergangenheit” des mittlerweile cleanen Mannes resultierende Vorstrafen nach dem Suchtmittelgesetz. Die nunmehrige Strafe wurde ihm immerhin bedingt nachgesehen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Kind ist bei neuen Pflegeeltern

Den Vorwürfen in Richtung der Pflegeeltern war vom Jugendamt nachgegangen worden. Laut Gericht konnten dabei weder Misshandlungsspuren noch eine gröbliche Vernachlässigung des Mädchens nachgewiesen werden. Allerdings ist das Kind, das in drei Wochen zweiten Geburtstag feiert, inzwischen in die Obhut neuer Pflegeeltern übergeben worden. Der Vater darf außerdem trotz seiner Beteiligung an der knapp 24-stündigen “Entführung” weiter sein Besuchsrecht ausüben – mögliche Indizien dafür, dass seine Anschuldigungen doch nicht zur Gänze unbegründet waren. (APA)

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