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Wiener von tödlichem Überfall freigesprochen

Mit einem bemerkenswerten Urteil ist der Schwurprozess gegen den 50-jährigen Mann zu Ende gegangen, dem die Staatsanwaltschaft zur Last gelegt hatte, am 4. Februar 2006 den 81-jährigen Kurt Z. in der Freihofgasse in Wien-Döbling mit einem stumpfen Gegenstand niedergeschlagen und ausgeraubt zu haben.

Die Laienrichter schenkten dem Angeklagten mehrheitlich Glauben, mit dem Tod des Pensionisten – er war Tage später seinen schweren Kopfverletzungen erlegen – nichts zu tun zu haben.

Der Angeklagte wurde mit 5:3 Stimmern vom schweren Raub und Einbruchsdiebstahl freigesprochen. Fünf Geschworene waren demnach davon überzeugt, dass sich der 50-Jährige im fraglichen Zeitraum gar nicht am Tatort befunden hatte. Sie glaubten seiner Version, er habe den Pkw des 81-Jährigen einem Mann aus dem ehemaligen Jugoslawien abgekauft. Im Handschuhfach hätte er später das Mobiltelefon und ein Sparbuch des ums Leben gekommenen Rentners gefunden.

Der 50-Jährige wurde wegen Hehlerei zu drei Jahren Haft verurteilt, weil ihm – so die Urteilsbegründung – aufgrund der Umstände klar hätte sein müssen, dass der erworbene Pkw auf nicht rechtmäßigem Weg in den Besitz des vorgeblichen Verkäufers gekommen war. Der Angeklagte war mit dieser Entscheidung einverstanden. Staatsanwalt Karl Windisch gab vorerst keine Erklärung ab. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.

„Ich fahr doch nicht in Wien herum und schlag auf jemanden ein! Ich bin zu so einer Tat doch gar nicht fähig!“, hatte der 50-Jährige wie schon beim Prozessauftakt im vergangenen August seine Schuldlosigkeit beteuert. Er verwies auf seine zahllosen Vorstrafen, die er als entlastend darstellte: „Ich bin ein Betrüger! Da fingier’ ich doch lieber fünf Autoschäden und kassiere 50.000 Euro! Und wenn ich erwischt werde, krieg ich zwei, drei Jahre!“

Kurt Z. war an einem Samstagabend gegen 19.40 Uhr von einem Passanten bewusstlos und blutüberströmt am Nussdorfer Platzl aufgefunden worden. Tagelang blieb die Identität des Mannes, dessen Papiere sich in der geraubten Herrenhandtasche befunden hatten, unklar. Im Spital wurde ein doppelter Schädelbruch festgestellt. Trotz intensivmedizinischer Betreuung konnte der Mann nicht gerettet werden.

Im Besitz des Angeklagten – ein Notstandshilfebezieher, der zuletzt viereinhalb Jahre wegen Einbruchsdiebstahls und Betrugs verbüßt hatte – fanden sich bei seiner Festnahme am 13. Mai 2006 nicht nur das Mobiltelefon sowie ein Sparbuch des Opfers. Er hatte außerdem unter dessen Namen einem Autohändler den gestohlenen Pkw des 81-Jährigen verkauft. Weiters konnte anhand einer Rufdatenrückerfassung sowie einer Standortpeilung festgestellt werden, dass er am 4. Februar 2006 um 19.36 Uhr – unmittelbar vor oder kurz nach der Tat – mit dem Handy seiner Freundin nur ein paar 100 Meter vom Tatort entfernt telefoniert hatte.

Die Erklärung des 50-Jährigen für diese belastenden Tatsachen: Einerseits wohne er zufällig in unmittelbarer Nähe des Tatorts, er habe die Telefonate bei sich zu Hause geführt. Das Auto des Opfers wiederum habe er am Praterstern um ein paar 100 Euro einem „Jugo“ abgekauft, wie sich der 50-Jährige ausdrückte. Später sei ihm bewusst geworden, dass dieses möglicherweise aus einem verbrechen stammen könnte. Also habe er sich als Kurt Z. ausgegeben und das Auto weiterverkauft, um keine Schwierigkeiten zu bekommen.

Auf die Frage von Richterin Brigitte Zeilinger nach dem Mann aus dem ehemaligen Jugoslawien bemerkte der Angeklagte: „Die Telefonnummer ist mir eingefallen! Eine 0650-Nummer! Die ganze Nummer weiß ich nimmer!“ Mehr konnte der 50-Jährige zur Identität seines „Geschäftspartners“ nicht angeben.

Vom Tisch ist die bisher geäußerte Vermutung von Rudolf Mayer, der ums Leben Gekommene könnte sich die tödlichen Kopfverletzungen bei einem Sturz bzw. mehreren Stürzen ohne Fremdverschulden zugezogen haben. Wie der Gerichtsmediziner Johann Missliwetz erläuterte, lassen der Operationsbefund und CT-Bilder vom Schädel des 81-Jährigen nur „den logischen Schluss zu, dass es zunächst einen Schlag mit einem stumpfen Gegenstand gegeben hat, der derart wuchtig war, dass er einen Sturz ausgelöst hat“.

Der Gerichtsmediziner verwies auf „zwei unterschiedliche Bruchsysteme am Schädeldach“, wovon jedenfalls eines von äußerer Gewalteinwirkung herrühre.

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