Wiener Terror-Prozess neigt sich dem Ende zu

Nachdem in der Vorwoche das Beweisverfahren abgeschlossen wurde, hielt am Dienstag zunächst die Staatsanwältin ihren Schlussvortrag. Sie hält alle sechs Angeklagten für schuldig, den Attentäter in irgendeiner Form unterstützt zu haben. "Auf derart hinterhältige Angriffe auf unsere Werte und die Demokratie steht zurecht die Höchststrafe".
Intensive Verhandlung
Nach "14 intensiven und anstrengenden Verhandlungstagen", wie sie es nannte, fasste die Staatsanwältin die Beweise zusammen, die aus ihrer Sicht zu Verurteilungen aller sechs Angeklagten führen sollen. Eingangs sprach sie den Geschworenen ihren Dank für ihr "beherztes und interessiertes Auftreten" aus. Tatsächlich fielen die Geschworenen im Laufe des Verfahrens immer wieder mit peniblen Fragen an die Angeklagten, aber auch die Zeugen auf.
Die Staatsanwältin erinnerte die Laienrichter aber auch daran, dass es bei diesem Prozess nicht um die Verfehlungen des Verfassungsschutzes im Vorfeld des Anschlags oder bereits verurteilte Familienmitglieder einzelner Angeklagter gehe. Die Geschworenen hätten lediglich die 28 Hauptfragen zu beantworten, die Ihnen gestellt werden. "Klar ist, dass jeder einzelne der hier sitzenden Angeklagten den Attentäter in irgendeiner Form unterstützt hat", betonte die Staatsanwältin.
"Eine AK-47 hat nur einen Anwendungsbereich"
Der Sechstangeklagte etwa dadurch, dass er die Waffenbeschaffung mitorganisiert und zum Teil abgewickelt habe, indem er den Kontakt zum Fünftangeklagten hergestellt habe. Letzterer wiederum habe sich durch die Vermittlung und schließlich Übergabe der beim Anschlag verwendeten Waffe an den Attentäter schuldig gemacht. Beide Angeklagten hätten zugegeben, an der Waffenbesorgung beteiligt gewesen zu sein, von den Anschlagsplänen wollen sie aber nichts gewusst haben. "Eine AK-47 hat nur einen Anwendungsbereich, und das ist das Töten von Menschen", richtete sich die Staatsanwältin an die Geschworenen.
Als einziger der sechs Angeklagten nicht in U-Haft sitzt der Erstangeklagte - jener Mann, der den Attentäter im Sommer 2020 nach Bratislava chauffierte, wo letzterer versuchte, an Munition für eine AK-47 zu kommen. Immer wieder habe er während den Ermittlungen und der Hauptverhandlung seine Aussage geändert, kritisierte die Staatsanwältin seine Glaubwürdigkeit. "Einmal war er ein Freund, dann wieder nur ein flüchtiger Bekannter des Attentäters". Seine Aussagen zu jenem Tag im slowakischen Waffengeschäft, wonach er nicht im Geschäft gewesen sei, während der Attentäter sich nach Munition erkundigte, wurden laut Staatsanwältin durch die Mitarbeiter eben jenes Geschäfts widerlegt. Er sei dabei gewesen, und habe "genauso enttäuscht reagiert wie der Attentäter, als sie keine Munition bekamen".
"Ich glaube kein Wort"
Vor knapp vier Jahren wurden der Drittangeklagte und der spätere Attentäter verurteilt, weil sie versucht hatten, sich auf den Weg nach Syrien zu machen und dort dem IS anzuschließen. Staatsanwältin im damaligen Prozess war dieselbe wie auch in diesem. "Damals haben uns die beiden versichert, dass sie keine Anhänger des IS sind. Heute wissen wir, dass ihre Beteuerungen falsch waren", erinnerte sie sich. Und abschließend: "Ich glaube den sechs Angeklagten kein Wort".
Im Falle der Höchststrafe droht vier der sechs Angeklagten eine lebenslange Haft. Den anderen beiden drohen maximal 20 Jahre, da sie zum Tatzeitpunkt noch keine 21 Jahre alt waren.
Die Schlussworte der Angeklagten sind erst für den morgigen Mittwoch vorgesehen, daran anschließend ziehen sich die Geschworenen zu ihren Beratungen zurück. Die Urteile könnten dann am Mittwochnachmittag fallen.
(APA)