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Wiener Symphoniker: "Wollen nicht die zweiten Philharmoniker sein"

Die Wiener Symphoniker nach einem Konzert.
Die Wiener Symphoniker nach einem Konzert. ©Wiener Symphoniker
Mit Philippe Jordan bekommen die Wiener Symphoniker im Herbst 2014 einen neuen Chefdirigenten. Dieser stellt im Interview schon jetzt eines Klar: "Wir wollen nicht die zweiten Philharmoniker sein."
Saisonauftakt der Symphoniker

Der 39-jährige Schweizer Philippe Jordan möchte das Profil des Orchesters schärfen, eine Akademie für junge Musiker gründen und bei der engeren Bindung an das Konzerthaus nicht den Musikverein aus den Augen verlieren, wie er im APA-Interview erklärt.

Philippe Jordan im Interview

Ab Herbst sind Sie offiziell Chefdirigent der Wiener Symphoniker – aber auch jetzt arbeiten Sie viel mit dem Orchester. Woran wird man den Unterschied merken?

Philippe Jordan: Man wird die kontinuierliche Zusammenarbeit spüren. Ich arbeite mit den Symphonikern jetzt schon eine Weile – wenn ich als Chefdirigent antrete, werden es genau zehn Jahre sein. Aber mit ein bis zwei Konzerten im Jahr – da bin ich einer von vielen und bei jedem Gastdirigenten kommt etwas anderes heraus, mal mehr, mal weniger. Wenn man sich jedes Monat sieht, dann entsteht etwas völlig anderes. 2013/14 ist ein Zwischenjahr, weil Fabio Luisi schon gegangen ist und ich mich dazu bereit erklärt habe, meine Präsenz zu erhöhen. Diese Saison dirigiere ich fünf Konzerte, vier in Wien und eines in Bregenz, weil es wichtig ist, dass das Orchester auch im Übergangsjahr einen gewissen Halt hat. Bei unserem “ersten offiziellen” Konzert im Herbst haben wir dann schon eine starke gemeinsame Basis.

Sie gelten als kreativer Programmmacher. Den Symphonikern fehlt dafür aber zwischen den Verpflichtungen in Musikverein, Konzerthaus, Theater an der Wien und Bregenz oft der Spielraum…

Jordan: Das stimmt. Was dem Orchester im Moment fehlt, ist ein Profil. Man weiß wofür es steht, es ist das große Konzertorchester der Stadt Wien mit seiner Tradition und seinen Qualitäten aber es ist fremdbestimmt durch die Struktur – und das wird sich auch nicht ändern. Die Veranstalter machen die Programme, wir haben daneben zwar einen eigenen Zyklus, aber wir können nicht wie ein anderes Orchester ein volles Programm anbieten. Ich werde mich darum bemühen, gemeinsam mit allen Veranstaltern ein Profil zu schnitzen, dass sich das über die ganze Spielzeit verteilt. Damit man sieht, das ist ein Symphoniker-Programm, dafür stehen wir. Dafür wird es notwendig sein, sich auf ein paar Profillinien zu beschränken.

Zum Beispiel?

Jordan: Bisher steht das Orchester sehr für das große spätromantische Repertoire – Bruckner, Mahler, Strauss – das spielen sie fantastisch und regelmäßig. Aber sobald es in die Klassik und Vorklassik geht – und da spreche ich selbst von Haydn und Mozart, aber auch von Beethoven, abgesehen von der Neunten – das wird wenig und wenn, nur nebenbei, gemacht. Ich denke aber, dass man sich als Wiener Orchester im 21. Jahrhundert mit diesem Repertoire wieder neu positionieren muss. Das gleiche gilt für die zeitgenössische Musik, die so sehr Teil der Geschichte dieses Orchesters ist – es wurde ja als Uraufführungsorchester gegründet, um Neuigkeiten zu zeigen. Man sollte sich auf diese Werke, die eine Beziehung zum Orchester haben, wieder zurückbesinnen. Und man sollte sagen: Wir sind auch heute ein Uraufführungsorchester. Natürlich bleibt dieser Schwerpunkt dem RSO vorbehalten, aber es ist für jedes Orchester ganz gesund, das zu pflegen.

Sie streben also eine neue Rolle des Orchesters in Wien an?

Nicht nur in Wien, auch im Ausland. Da ist es oft so, dass man die Symphoniker nimmt, wenn man die Philharmoniker nicht bekommen hat. Das muss sich ändern. Wir wollen nicht die zweiten Philharmoniker sein, sondern die ersten Symphoniker. Da muss man sich klar absetzen, auch durch andere Gastdirigenten und andere Solisten – einen neuen Pool von Leuten, mit denen andere nicht arbeiten und mit denen wir eine gewisse Familie schaffen. (APA)

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