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Wiener Studie: Sozial benachteiligte Frauen trauen sich wenig zu

Sozial benachteiligte Frauen trauen sich trotz guter Noten wenig zu.
Sozial benachteiligte Frauen trauen sich trotz guter Noten wenig zu. ©Pixabay (Sujet)
Es gibt wissenschaftliche Belege dafür, dass Frauen weniger Selbstvertrauen haben als Männer. Dabei ist zu beachten, dass Frauen mit geringerem sozialen Status sich noch weniger zutrauen.

Eine kürzlich von Forscherinnen der Universität Wien durchgeführte Studie zeigt, dass sozial benachteiligte Frauen sich selbst als am wenigsten talentiert einschätzen - selbst dann, wenn sie ähnliche Leistungen wie andere erbringen. Laut der Leiterin der Studie, Christina Bauer, sollten wir den Fleiß in unserer Gesellschaft stärker anerkennen.

Sozial benachteiligte Frauen halten sich laut Studie für weniger talentiert

Die Idee des angeborenen männlichen "Genies", die bereits in der Antike entstand, beeinflusst auch heute noch unsere Wahrnehmung von außergewöhnlichen Menschen - und diese sind meist Männer. Beispiele dafür sind Albert Einstein, Isaac Newton, Nikola Tesla und viele andere. In unserer Kultur wird der intellektuelle Erfolg von Frauen eher als Ergebnis ihres Fleißes angesehen. Es wird ihnen oft nachgesagt, dass sie fleißig seien, während Männer eher als intelligent bezeichnet werden. Diese Einschätzung äußerte eine Sozialpsychologin des Instituts für Arbeits-, Wirtschafts- und Sozialpsychologie an der Universität Wien. Das äußere Erscheinungsbild hat verheerende Auswirkungen auf das Selbstbild von Frauen, insbesondere von Frauen aus niedriger sozioökonomischer Herkunft. Laut Bauer halten sich Mädchen im Allgemeinen für weniger talentiert als Jungen, selbst wenn man zwei Personen mit identischen Noten vergleicht. Frühere Studien haben dies ebenfalls bestätigt.

Verfälschte Wahrnehmung senkt auch Chancen von sozial benachteiligten Frauen

Eine neue Studie, die im Fachjournal "Learning and Instruction" veröffentlicht wurde, umfasste insgesamt 1.600 Studierende sowohl in Deutschland als auch in den USA. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Frauen aus einer niedrigen sozioökonomischen Herkunft besonders stark von diesem Phänomen betroffen sind. Es handelt sich dabei um eine Kumulation von Nachteilen, die sich hierbei zeigt. Im Vergleich zu allen anderen Untergruppen in der Studie bewerteten Frauen mit niedrigerer sozioökonomischer Herkunft ihre Talente am wenigsten positiv. Hingegen sind Männer mit einem hohen sozioökonomischen Status der Meinung, dass sie überdurchschnittlich talentiert sind.

"Wenn es um Dinge wie Fleiß und Anstrengungsbereitschaft geht, was ja durchaus wichtige Dinge sind, dann sind Frauen durchaus auch selbstbewusst", so Bauer. "Sie empfinden sich auch als leistungsstark, aber sie empfinden sich nicht als Genies oder talentiert." Die verfälschte, subjektive Wahrnehmung führt dazu, dass benachteiligte Frauen ausgerechnet geringere Chancen auf Erfolg haben.

Gesellschaft sollte Fleiß und harte Arbeit mehr wertschätzen

Frauen mit niedrigem sozioökonomischem Status fühlen sich oft unwohl in Bereichen, in denen Talent erwartet wird. Sie haben weniger Selbstvertrauen und beteiligen sich daher auch weniger. Dies betrifft insbesondere den MINT-Bereich und Hobbys wie Schach. Es ist ein Teufelskreis, den es in den Augen der Sozialpsychologin zu überwinden gilt.

Anstatt Genies zu glorifizieren und auf "Streber" herabzusehen, sollte die Gesellschaft Eigenschaften wie Fleiß und harte Arbeit stärker anerkennen, insbesondere bereits in der Schulzeit. Der Fokus auf Talent führt zu einer Ellbogen-Kultur, die für niemanden angenehm ist, bemerkt Bauer. Im Englischen wird dies als "dog eat dog mentality" bezeichnet. In asiatischen Kulturen hingegen ist dies durchaus anders. Dort gibt es für Anstrengung kein negatives Etikett, sondern eine gewisse Wertschätzung.

Es ist ideal, wenn es auch Vorbilder gibt, die zeigen, dass Frauen durchaus fähig sind, Mathematik-Professorinnen zu sein. Die Expertin betont die Wichtigkeit, dass mehr Menschen in solchen Vorbildrollen repräsentiert sind.

(APA/Red)

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