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Wiener stieß Touristen in den Donaukanal: Prozess

Der 32-Jährige fühlte sich beleidigt und wurde aggressiv.
Der 32-Jährige fühlte sich beleidigt und wurde aggressiv. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Weil ein 32-jähriger Wiener einen Touristen im letzten Jahr in den Donaukanal stieß, musste er sich heute vor Gericht verantworten. Der Angreifer ist kein unbeschriebenes Blatt und leidet unter paranoider Schizophrenie.

Ein Geschworenengericht hat sich am Donnerstag mit der Frage beschäftigt, ob ein Wiener unter dem Einfluss einer paranoiden Schizophrenie im September 2019 einen Touristen attackiert und in den Donaukanal gestoßen hat. Die Staatsanwaltschaft hat die Unterbringung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragt.

Der mittlerweile 32-jährige Mann - ein studierter Religionslehrer, der zuletzt als Kellner in der Innenstadt gearbeitet hatte - spazierte in seiner Mittagspause zum Donaukanal, um Joints zu rauchen. Der Slowake und sein Freund gingen vorbei. Weil der Urlauber mit zwei Fingern auf seinen Oberschenkel klopfte, fühlte sich der 32-Jährige bedroht. "Es war wie ein Vulkanausbruch, weil er mich als Drogendealer bezeichnet hat", sagte der Mann. Auf die Frage des Schwurgerichtsvorsitzenden, Stefan Apostol, ob der Slowake denn etwas dergleichen gesagt hätte, meinte er: "Er hat nichts gesagt, aber mit den beiden Fingern getrommelt." Das sei innerhalb der Szene ein Zeichen.

Wiener griff Touristen an

Der 32-Jährige versetzte dem Touristen zunächst einen Faustschlag gegen das rechte Auge. Dann packte er ihn kräftig an den Armen, zerrte den körperlich Unterlegenen zur Kaimauer und stieß den Mann drei Meter in die Tiefe. Der Slowake fiel ins 14,7 Grad kalte Wasser und schwamm laut Staatsanwaltschaft um sein Leben. "Ich habe geglaubt, dass mich der Mann umbringen will", gab er später zu Protokoll.

Der Slowake versuchte, über die Kaimauer wieder hochzuklettern. Doch der Angreifer bekam das mit und positionierte sich am oberen Ende, so dass sich der Urlauber nicht aus dem Wasser traute. Er wurde schließlich von der Polizei gerettet, die von einer Augenzeugin alarmiert worden war. Auf die Frage der Retter, warum er das gemacht habe, sagte der 32-Jährige: "Weil es lustig ist." Er hatte eine "riesengroße Frustration", weil seine Freundin Schluss gemacht habe.

32-Jähriger war kein unbeschriebes Blatt

Der Gewaltausbruch war nicht der erste des 32-Jährigen, der von Ernst Schillhammer anwaltlich vertreten wurde. Wenige Wochen zuvor hatte er seine Schwester attackiert, weil sich diese mit der Ex getroffen habe. Obwohl das Paar bereits seit vier Jahren getrennt ist, hat der Mann plötzlich damit begonnen, die Ex beharrlich zu verfolgen. Da wurde er zum ersten Mal in eine psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses eingeliefert. Nach seiner zweiten Festnahme im September wurde ihm dann paranoide Schizophrenie attestiert. Unter anderem hatte er behauptet, mit der ehemaligen Lebensgefährtin über die Sterne zu kommunizieren.

Dem psychiatrischen Gutachten des Sachverständigen Peter Hofmanns zufolge ist mit neuerlichen Straftaten mit schweren Folgen zu rechnen, falls der psychisch Kranke nicht unter Bedingungen therapiert wird, wie sie im Maßnahmenvollzug gewährleistet sind. "Eine bedingte Entlassung ist noch nicht möglich", wie Hofmann betonte. Der Betroffene bekommt seit seiner Festnahme alle zwei Monate ein Medikament injiziert. "Somit ist ein positives Fundament fürs Erste gelegt", erklärte der Gutachter.

Das Opfer wollte übrigens nicht mehr vor Gericht aussagen. Der Slowake, der sich mittlerweile in Strafhaft befindet, wurde per Videokonferenz in den Großen Schwurgerichtssaal zugeschaltet, was sich nicht ganz einfach gestaltete. Zunächst wurde der Zeuge ins falsche Gericht gebracht, dann gab es technische Probleme in Wien. So war das einzig verfügbare Mikrofon für die Dolmetscherin nicht aufgeladen. Der Begleiter des Slowaken sagte nicht als Zeuge aus.

Antrag auf Unterbringung abgewiesen

Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Unterbringung eines psychisch kranken Wieners im Maßnahmevollzug wurde am Donnerstagnachmittag abgewiesen. Für die Geschworenen lag bei der Attacke auf einen Touristen keine sogenannte Anlasstat vor, die erforderlich gewesen wäre, um den 32-Jährigen zwangsweise in einer geschlossenen Anstalt im Rahmen des Maßnahmenvollzugs behandeln zu lassen.

Die Geschworenen verneinten sowohl die Frage nach versuchtem Mord, als auch nach absichtlicher schwerer Körperverletzung und vorsätzlicher schwerer Körperverletzung. Zum Tatzeitpunkt Zurechnungsunfähige können nur dann von einem Gericht zwangsweise eingewiesen werden, wenn die sogenannte Anlasstat mit mehr als einem Jahr Haft bedroht ist. Der Mann leidet laut einem Gutachten an paranoider Schizophrenie und war zum Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig.

Die Staatsanwältin hat Rechtsmittel angemeldet. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.

(APA/red)

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