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Wiener Stephansdom: Rechnungen belegen frühen Brandschutz

Kunsthistorikerin wertete alle Schriftquellen zur Kirche aus
Kunsthistorikerin wertete alle Schriftquellen zur Kirche aus ©APA/HANS PUNZ
Der verheerende Brand der Pariser Kathedrale Notre Dame im April hat vielerorts die Frage nach dem Brandschutz in historischen Bauten aufgeworfen

Vor ähnlichen Problemen stand man im Mittelalter nach einem Brand des Dachstuhls im Wiener Stephansdom. Als Brandschutz wurden etwa große Wasserbottiche im Dach aufgestellt, fand die Kunsthistorikerin Barbara Schedl anhand alter Rechnungen heraus.

Barbara Schedl befasste sich mit dem Wiener Stephansdom

Barbara Schedl vom Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien hat sich von 2012 bis 2018 in zwei vom Wissenschaftsfonds FWF finanzierten Forschungsprojekten mit allen existierenden Schriftquellen zum Stephansdom befasst. Die Bandbreite reicht dabei von Baurechnungen, Ablassbriefen bis zu Testamenten, Urkunden und Kirchmeisterrechnungen. Mit diesen Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen der Kirchmeister konnte die Zahl der genutzten Quellen deutlich erhöht werden.

In der frühen Baugeschichte der Kirche gab es mehrere Brände: Schwerwiegend war dabei jener von 1258, bei dem der Holzdachstuhl und die Glockenstühle der Heidentürme beschädigt wurden und die Gottesdienste für einige Zeit zu den Schotten verlegt wurden, erklärte Schedl gegenüber der APA. Weitere Brände sind für die Jahre 1262, 1276, 1326 und 1327 überliefert, das Ausmaß der Schäden ist dabei nicht bekannt. Im Juni 1449 wurde der Südturm vom Blitz getroffen und brannte aus.

Brandschutz mit Wasserbottichen

In den Kirchmeisterrechnungen fand Schedl auch Hinweise auf die Brandschutzmaßnahmen: "Wir haben darin sehr viele Eintragungen über das Entleeren, Befüllen und Flicken von Wasserbottichen gefunden. Diese wurden schon im Mittelalter im Dach aufgestellt, damit man im Brandfall schnell Löschwasser hat. Vor dem Winter hat man diese entleert und geflickt", erklärte die Kunsthistorikerin in einer Aussendung des FWF.

Schedl war die erste in der zweihundertjährigen Forschungsgeschichte zum Stephansdom, die die Kirchmeisterrechnungen als Quelle ernst genommen und sie in Zusammenhang mit Urkunden gelesen und analysiert hat. Durch die Zusammenschau verschiedenster Quellen hat sie so Fragen zur Baugeschichte fundiert beantworten können.

So erkennt man anhand der Rechnungen auch, wie sparsam damals mit den Ressourcen umgegangen wurde. Vom Vorgängerbau wurde offensichtlich alles wiederverwertet, scheinen doch in den Kirchmeisterrechnungen keine Kosten vom Abtransport des Baumaterials auf. Die einzige Ausnahme war der jährliche Abtransport der Exkremente aus dem Kämmerlein im Turm.

Viele freiwillige Spenden für den Wiener Stephansdom

In den Rechnungen finden sich auch Hinweise auf die vielen freiwillig geleisteten Beiträge zum Bau der Kirche. Menschen aus allen sozialen Schichten wollten damit etwas für ihr Seelenheil tun. "Im Testament einer armen Witwe konnte ich entziffern, dass sie der Stephanskirche ihr Bettzeug und einen alten Mantel vermachte. Die Kirchmeisterrechnung belegt, dass der Verkauf ein paar Pfennige in die Kirchenkasse brachte. Das war rührend", so die Forscherin.

Schedl hat die Ergebnisse ihrer beiden Forschungsprojekte in einem Buch zusammengefasst (Barbara Schedl: "St. Stephan in Wien. Der Bau der gotischen Kirche (1200-1500)", Böhlau Verlag) und vor Kurzem die Arbeiten zur Online-Datenbank www.sanktstephan.at mit einer Sammlung von Schriftquellen, historischen Bildern, Photos, Literatur und anderen Dokumenten zum Stephansdom abgeschlossen.

(APA/Red)

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