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Wiener Staatsanwalt wegen Amtsmissbrauchs vor Gericht

Das Verfahren gegen den Wiener Staatsanwalt läuft in Wiener Neustadt.
Das Verfahren gegen den Wiener Staatsanwalt läuft in Wiener Neustadt. ©apa/Symbolbild
Ein ungewöhnlicher Fall, weil:  Diesmal sitzt der Staatsanwalt aus Wien selbst auf der Anklagebank. Dem 51-jährigen Juristen wurde Amtsmissbrauch zur Last gelegt. Dem 51-jährigen Juristen wurde Amtsmissbrauch zur Last gelegt.

Er bekannte sich “nicht schuldig” im Sinne der Anklage. Er gestand allerdings ein, dass er sich möglicherweise disziplinarrechtlich schuldig gemacht habe. Der Staatsanwalt, der mit der Bearbeitung von Strafsachen erheblich in Rückstand geraten war, soll laut Anklage diesen Umstand kaschieren haben wollen, indem er “das staatsanwaltliche Register fälschte, um offene Verfahren geringer darzustellen” als dies tatsächlich der Fall gewesen ist. So soll er einen Kanzleimitarbeiter angewiesen haben, im elektronischen Justiz-Register Verfahrensschritte einzutragen, die in Wahrheit noch offen waren.

Der 55-jährige Vertragsbedienstete musste sich ebenfalls wegen Amtsmissbrauchs verantworten. Auch er sagte: “Nicht schuldig”. Der Angeklagte gab zu, dass er Verfahrensschritte – etwa die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens oder Einbringung einer Anklageschrift – in das elektronische behördeninterne Kontrollsystem eintragen ließ, “weil ich eine riesengroße Sorge vor einer Dienstaufsichtsbeschwerde hatte”.

Er habe einen fachlich ausgezeichneten Ruf unter Kollegen besessen. “Durch meine präzise Arbeitsweise hatte ich immer mit der Arbeitsmenge zu kämpfen.”

Staatsanwalt: Prozess wegen Befangenheit in Wiener Neustadt

Als der Anfall von Akten “explodierte, hat ihm das das Genick gebrochen”, erklärte sein Verteidiger. “Ich hatte in einem Jahr 725 Anzeigen auf meinem Tisch, also drei neue jeden Tag”, rechnete der Wiener vor. “Ich hatte beträchtliche Rückstände”, es seien an die 100 gewesen. Eine Aussprache mit dem Behördenleiter zeigte Erfolg. “Ende 2007 hatte ich ein nahezu freies Zimmer”. Bis auf 30 Akten hatte der Staatsanwalt alles abgearbeitet.

Aber es sollte wieder anders kommen: Als im Herbst 2009 eine neue Behördenleiterin Nachschau im Büro des Staatsanwaltes hielt, lagen dort unerledigte Aktenteile entweder am Boden verstreut oder in versperrten Kästen – laut Anklage 300 an der Zahl. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft wurde aktiv. Wegen Befangenheit der Wiener Kollegen wurde der Prozess an Wr. Neustadt abgegeben.

Verteidiger Gerhard Unger machte ein “massives Burn-out” seines Mandanten geltend. “Ich war wie ein Marathonläufer, der zwar durchs Ziel läuft, aber gleich wieder weiterlaufen muss”, so der Angeklagte. Am Nachmittag trat Marie-Luise Nittel, die Leiterin der Wiener Staatsanwaltschaft, im Landesgericht Wiener Neustadt in den Zeugenstand.

Sie hatte als Vorgesetzte 2009 den Aktenrückstand des angeklagten Staatsanwalts bemerkt. Zu einem Urteil kam es Donnerstag allerdings nicht: Zur Ladung weiterer Zeugen und zur Einvernahme eines psychiatrischen Sachverständigen, der zum Burn-out des Angeklagten befragt werden soll, wurde die Verhandlung auf 7. Oktober vertagt.

(apa)

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