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Wiener Pfadfinder-Führer: Vier Jahre Haft wegen Missbrauchs von Minderjährigen

Die Haftstrafe sorte für Unmut im Gerichtssaal.
Die Haftstrafe sorte für Unmut im Gerichtssaal. ©APA (Symbolbild)
Ein sich mittlerweile im Ruhestand befindlicher Pfadfinder-Führer soll über einen Zeitraum von 20 Jahren drei Buben sexuell missbraucht.

Ein Pfadfinder-Führer ist am Freitag im Wiener Landesgericht wegen schweren sexuellen Missbrauchs, Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses und sittlicher Gefährdung Unmündiger zu vier Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Das Gericht hatte keine Zweifel, dass der 59-Jährige drei Buben missbraucht hatte, die ihm als “Wölflinge” – Kinder im Alter zwischen sieben und zehn – anvertraut waren.

Als erschwerend wertete das Gericht den Tatzeitraum von 20 Jahren. Es handle sich um “Opfer aus unterschiedlichen Generationen”, stellte der Vorsitzende Andreas Böhm fest. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der 59-Jährige nahm nach Rücksprache mit seinem Verteidiger Leopold Kregcjk das Urteil an. Staatsanwältin Andrea Kain gab vorerst keine Erklärung ab. Laut Strafgesetzbuch wäre dem Gericht, das über den Mann zusätzlich ein fünfjähriges Tätigkeitsverbot als Betreuer verhängte, bei der Strafbemessung eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren zur Verfügung gestanden.

Angeklagter plädierte auf nicht schuldig

Von der Anklage umfasst waren ehemalige Schützlinge des Mannes, die mittlerweile 28, 16 und 13 Jahre alt sind. Den Ältesten soll der Mann von 1994 bis Sommer 2001 missbraucht haben, als er den in schwierigen familiären Verhältnissen befindlichen Buben nach den Pfadfinder-Stunden mit nach Hause nahm und später auf Privatausflüge und sonstige Unternehmungen einlud. Er soll sich dabei mit dem Burschen Pornos angeschaut und diesen zum Masturbieren aufgefordert haben. Am Ende kam es wiederholt zu Oral-und Analverkehr.

“Er war ziemlich eine Vater-Person für mich. Er war eine starke Schulter für mich”, schilderte der Betroffene in seiner auf DVD aufgezeichneten kontradiktorischen Einvernahme, die am heutigen Verhandlungstag abgespielt wurde. Der Angeklagte hatte sich beim Prozessauftakt im vergangenen Dezember “nicht schuldig” bekannt und behauptet, der nunmehr 28-Jährige belaste ihn “aus Bosheit, nachdem er ihm keine finanziellen Zuwendungen mehr zuteil hatte werden lassen. Das wiederholte er auch beim Prozessfinale: “Es gab keine wie auch immer gearteten sexuellen Handlungen.”

Ex-Freundin eines Opfer ging zur Polizei

Zur Anzeige gebrachte hatte die jahrelangen Übergriffe allerdings nicht der 28-Jährige, sondern dessen Ex-Freundin. Als sie in der Zeitung von einem unter Tatverdacht geratenen Pfadfinder-Führer las und das Foto des mutmaßlichen Täters sah, erkannte sie diesen wieder und ging zur Polizei. “Jetzt ist der Tag da, wo ich es sagen kann”, schilderte die Frau als Zeugin dem Gericht, was ihr damals durch den Kopf ging. Ihr ehemaliger Freund, der beim Intimwerden Probleme hatte, habe ihr 2011 von seinen Erlebnissen berichtet.

Auch die beiden jüngeren Fälle stellte der Angeklagte in Abrede, der sich mittlerweile im Ruhestand befindet. Der 16-Jährige sehe in ihm “einen Sündenbock” und schiebe ihn “als Anlass für seine strafbaren Handlungen vor”, gab der Angeklagte zu Protokoll. Der Bursch ist vor wenigen Monaten als Mitglied einer Jugendbande wegen Raubes zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der 59-Jährige soll im Sommer 2010 mit dem damals Zehnjährigen geschlechtliche Handlungen vorgenommen und diese erst eingestellt haben, als dieser altersbedingt in eine andere Pfadfinder-Gruppe wechseln musste.

Unmut über verhängte Strafe

Das jüngste Opfer wurde laut Anklage im Sommer 2014 missbraucht, wobei sich diese Übergriffe nicht mehr in der Wiener Sektion, sondern im Bezirk Korneuburg abspielten. Dort lernte der Mann den damals Zwölfjährigen kennen, dessen Anschuldigungen der Angeklagte auf den angeblichen Egoismus des Unmündigen zurückführte. Die kontradiktorische Einvernahme dieses Betroffenen wurde auf Verlangen von dessen Rechtsvertreterin unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgespielt.

Die verhängte Freiheitsstrafe sorgte im Publikum für Unmut. “Schon a bissl wenig”, bemerkte eine Zuhörerin halblaut. “Kein Kommentar”, ermahnte sie darauf der vorsitzende Richter. Der langjährige Pfadfinder-Führer hatte in seinem Schlusswort bedauert, dass er sich nicht mehr um seine betagte pflegebedürftige Mutter kümmern könne. Er befindet sich seit 22. April 2015 in Haft. Zukünftig werde er aber “nach wie vor Menschen helfen”, kündigte der Mann an.

(APA, Red.)

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