AA

Wiener Musikverein feiert 150-Jahr-Jubiläum

Der Wiener Musikverein feiert am 6. Jänner seinen 150. Geburtstag mit einem Festakt.
Der Wiener Musikverein feiert am 6. Jänner seinen 150. Geburtstag mit einem Festakt. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Mit einem großen Festkonzert feiert der Wiener Musikverein am 6. Jänner seinen 150. Geburtstag.

Der Wiener Musikverein zählt zu den bedeutendsten Konzerthäusern der Welt, seit er am 6. Jänner 1870 eröffnet wurde. Träger des Programms und Eigentümer des von Theophil Hansen erbauten Gebäudes am Musikvereinsplatz ist dabei nicht die öffentliche Hand, sondern die Gesellschaft der Musikfreunde. Öffentliche Subventionen machen nur rund zwei Prozent des Budgets der Weltinstitution aus.

Theophil-Hansen-Bau mit Goldenem Saal wurde 1870 eröffnet

Die Ursprünge der Gesellschaft der Musikfreunde gehen dabei bereits auf das Jahr 1812 zurück, als sich 507 Musikfreunde bereit erklärten, einem "Dilettantenvereine" beizutreten. Dem vorausgegangen war ein außergewöhnliches Konzertereignis: Als am 29. November 1812 an die 600 Musiker vor Tausenden Zuhörern in der Wiener Hofreitschule ein Wohltätigkeitskonzert zugunsten der "Gesellschaft adeliger Frauen zur Beförderung des Guten und Nützlichen" gaben und dabei die Mozart-Bearbeitung von Georg Friedrich Händels "Timotheus oder Die Gewalt der Musik" zur Aufführung brachten, übertraf der Erfolg alle Erwartungen. Die Initiative zur Gründung der Gesellschaft ergriff Joseph Sonnleithner, Sekretär des Wohltätigkeitsvereins. "Die Emporbringung der Musik in allen ihren Zweigen ist der Hauptzweck der Gesellschaft", lautete der erste Satz der Statuten.

Die Beziehung zu zeitgenössischen Komponisten, von Beethoven, Schubert, Bruckner und Mahler über Webern bis hin zu Gottfried von Einem, spielte in der Geschichte der Gesellschaft fortan stets eine wichtige Rolle. Anton Rubinstein und Johannes Brahms zählten zu den Konzertdirektoren des Orchesters der Gesellschaft, zuletzt hatte Herbert von Karajan diese Funktion inne. Auf Antonio Salieris Initiative gehen die ersten Choraktivitäten des Musikvereins zurück, 1858 fand die offizielle Gründung des Konzertchors als Zweigverein des Wiener Musikvereins statt. Der erste Chefdirigent des Wiener Singvereins war Johann von Herbeck, seit 1991 leitet Johannes Prinz den Chor.

Der Musikverein wird 150: Ein Haus als Vorbild für die Welt

Alsbald stellte sich angesichts des wachsenden Erfolges die Frage der fehlenden Räumlichkeiten. Ein Saal an den Tuchlauben mit nur 700 Sitzplätzen erwies sich bald als zu klein. 1863 schenkte Kaiser Franz Joseph der Gesellschaft schließlich das heutige Areal gegenüber der Karlskirche. Das vom Parlamentsarchitekten Theophil Hansen entworfene Wiener Musikvereinsgebäude wurde am 6. Jänner 1870 eröffnet. Dabei musste durchaus aufs Geld geachtet werden, weshalb etwa die markanten Karyatiden im Goldenen Saal aus Zinkguss sind, die aufgestellten Büsten aus Gips. Dennoch waren die ursprünglich anvisierten Baukosten in Höhe von 300.000 Gulden am Ende samt Einrichtung auf 715.000 Gulden gestiegen.

Und doch wurde der große Goldene Saal mit seiner namensgebenden Farbe und seiner gepriesenen Akustik schnell zum Vorbild für Konzertsäle auf der ganzen Welt. Bekannt ist der Goldene Saal nicht zuletzt deshalb, weil er am 1. Jänner alljährlich als Kulisse des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker dient, das in rund 90 Nationen übertragen wird. Neben der Bauweise gemäß dem Schuhschachtelprinzip sind für den legendären Klang auch die hängende Decke, die nicht auf den Mauern aufliegt, oder auch das praktisch leere Geschoß unter dem Saal verantwortlich, der etwa 1.700 Sitz- und 300 Stehplätze bietet. Im kleineren, seit 1937 den Titel "Brahms-Saal" tragenden Bruder, der am 19. Jänner 1870 mit Clara Schumann eröffnet wurde, finden hingegen etwa 600 Besucher Platz.

Stephan Pauly übernimmt den Wiener Musikverein

Mit Anfang Juli wird Langzeitintendant Thomas Angyan nun nach 32 Jahren an der Spitze der Institution sein Amt an Stephan Pauly übergeben - das Ende einer Ära. In Angyans Amtszeit erlebte das Programm des Hauses eine echte Blüte. Die Residenzen namhafter ausländischer Orchester wurden signifikant erhöht, ebenso die Zahl der Zyklen und der Abonnenten. Rund 100 Kompositionsaufträge wurden unter seiner Ägide von der Gesellschaft der Musikfreunde vergeben.

Für einen Meilenstein in der Geschichte des Gebäudes sorgte Angyan 2004 mit dem Bau vierer von Architekt Wilhelm Holzbauer gestalteten neuen Säle unter dem bestehenden Gebäude, die Raum für Proben, Veranstaltungen und Konzerte bieten. Insbesondere für die massive Positionierung im Kinder- und Jugendbereich wurden und werden der Gläserne, der Metallene, der Steinerne und der Hölzerne Saal genutzt.

Ansonsten bietet der Musikverein zahlreichen weiteren Einrichtungen Obdach: So findet sich eine Werkstatt des Geigenbauers Ramsaier-Gorbach ebenso im Gebäude wie ein Showroom von Bösendorfer, Büros der Jeunesse Musicale und der Universal Edition oder das Künstlerische Betriebsbüro der Wiener Philharmoniker und das Vereinslokal des Wiener Männergesangsvereins. Und nicht zuletzt versteckt sich in den Katakomben die Sammlung der Musikfreunde - die bedeutendste private Einrichtung ihrer Art weltweit. Gesammelt werden Autografe wie die bekannte Beethoven-Abschrift der "Eroica"-Partitur mit der vom Komponisten ausradierten Widmung an Napoleon, aber auch Bücher, Plastiken oder Erinnerungsgegenstände wie Haarlocken oder eine Wachsnachbildung von Haydns Schädel.

Jubiläum wird mit Festakt und Konzertrekonstruktion gefeiert

Am Dreikönigstag (6. Jänner) erreichen die Feierlichkeiten zum 150-Jahr-Jubiläum des Wiener Musikvereins ihren Höhepunkt: Mit einem offiziellen Festakt ab 10 Uhr begeht man den eigentlichen Geburtstag.

Nach Johannes Stockert, dem Präsidenten der Gesellschaft der Musikfreunde, und Intendant Thomas Angyan ergreifen beim Festakt auch Kammerschauspieler Michael Heltau und Altbundespräsident Heinz Fischer das Wort. Im Anschluss folgt die Rekonstruktion jenes Konzerts, mit dem bereits vor 150 Jahren der Goldene Saal als heilige Halle des Hauses inauguriert wurde. Beethovens "Egmont"-Ouvertüre reiht sich hier an Haydns Oratorium "Die Schöpfung", die Mozart-Arie "Konstanze, dich wiederzusehen!" an Schuberts "Pax vobiscum".

Für diesen Schaukasten der Möglichkeiten des Goldenen Saales sind neben den Wiener Philharmonikern auch Anne-Sophie Mutter als Violinistin, Piotr Beczala als Tenor und als Dirigent Semyon Bychkov verpflichtet, der für den verstorbenen Mariss Jansons übernimmt. "Es ist ein Sammelsurium an Programmzusammenstellung, wie es vor 150 Jahren aber üblich war", umschrieb der Mitte 2020 nach 32 Jahren scheidende Intendant Thomas Angyan den Charakter des Festkonzerts, das am Abend auch in ORF III zu sehen ist.

Feierlichkeiten auch am 29. Februar

Beendet sind die Feierlichkeiten mit dem Dreikönigstag allerdings nicht. Zu den besonderen Aktivitäten gehört am 29. Februar etwa auch ein Tag der offenen Tür. Am Schalttag sollen nicht nur die bekanten Säle, sondern auch das Archiv mit Mitmachveranstaltungen bespielt werden. Des Weiteren sind Sonderprogramme wie ein dezidierter "Jubiläumszyklus", ein Beethoven-, vor allem aber auch zwei Mahler-Zyklen geplant. Bereits erhältlich ist die Neujahrsmünze der Münze Österreich, die ebenfalls dem Jubiläumskind gewidmet ist und den Apollo aus dem Deckengemälde des Goldenen Saals in Silber respektive Kupfer aufgelegt hat.

Ebenfalls keine ephemere Erscheinung im Feierreigen ist der neue Prachtband "Der Musikverein in Wien", mit dem im Styria Verlag Joachim Reiber eine ungewöhnliche Würdigung der Institution verfasst hat. Dabei wagt der Chefredakteur der Hauszeitschrift "Musikfreunde", der seit 1989 für den Musikverein tätig ist, einen Blick hinter die Kulissen, ohne ins Anekdotenhafte abzugleiten. Ergänzt um zahlreiche Bilder von Wolf-Dieter Grabner und Künstlerstimmen, die von der Intendantengattin Eva Angyan eingeholt wurden, hat Reiber 17 Essays verfasst, die kryptische Titel wie "Musik sprechen lassen", "Musik vermitteln" oder "Musik sehen" tragen. Bei "Der Wiener Musikverein. Ein Haus für die Musik" handelt es sich mithin weniger um eine Chronik (abgesehen von einem kurzen Anhang) oder ein Nachschlagewerk. Der Prachtband ist eher ein Lesebuch im wörtlichen Sinne, das harte Fakten mit elegantem Gedankenflanieren verbindet. (Joachim Reiber: "Der Musikverein in Wien. Ein Haus für die Musik", Styria Verlag, 224 Seiten, 30 Euro)

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • Wien - 1. Bezirk
  • Wiener Musikverein feiert 150-Jahr-Jubiläum
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen