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Wiener Museen rüsten sich für den Kulturherbst

Die Wiener Museen bereiten sich auf den Kulturherbst vor.
Die Wiener Museen bereiten sich auf den Kulturherbst vor. ©APA/HERBERT NEUBAUER (Symbolbild)
Wie werden sich Teuerung und Energiekrise in den kommenden Monaten auf den österreichischen Kulturbetrieb auswirken? Die Museen in Wien und anderen Bundesländern rüsten sich derzeit für den Kulturherbst.

Lassen sich die Mehrkosten schon beziffern? Welche Szenarien für Gegenmaßnahmen gibt es? Diese Fragen stellte die APA vor Beginn der Herbstsaison den Direktionen einiger großer Institutionen. Fazit: Überall bereitet man sich intensiv vor. Die Verwahrung der Objekte lässt jedoch Energiesparen nur bedingt zu. Im Folgenden die Statements ausgewählter Museen.

Kunsthistorisches Museum Wien:

"Wir rechnen damit, dass es durch die hohe Inflation zu deutlichen Kostensteigerungen kommen wird und bereiten uns daher auf verschiedene Szenarien entsprechend vor. In welchem Ausmaß uns die Teuerungen treffen werden, können wir noch nicht genau beziffern, da die Kostenentwicklung, etwa bei Energiepreisen oder Personalkosten, noch nicht absehbar ist. Unabhängig von der aktuellen Situation arbeiten wir kontinuierlich am Energiethema, nicht nur aus Kostengründen, sondern auch im Sinne der Nachhaltigkeit." (Generaldirektorin Sabine Haag)

Albertina in Wien

"Die außergewöhnliche Inflation führt in der Albertina bereits jetzt zu signifikanten Kostensteigerungen, und zwar in allen Bereichen, sowohl im allgemeinen Museumsbetrieb als auch im Ausstellungsbetrieb. Es ist in den kommenden Monaten mit einem weiteren Anstieg zu rechnen, der ausstellungsbezogene Kosten wie Transporte und Katalogproduktionen (Papier) ebenso betrifft wie Energiekosten (Fernwärme, Strom, ...), Personalkosten (inflationsbedingter Ausgleich und darüber hinausgehende Forderungen nach Erhöhungen) und allgemeine Betriebskosten. (Renate Landstetter, kaufmännische Direktorin)
Die konkreten Mehrkosten lassen sich noch nicht abschließend beziffern.

Entwicklung von Gegenmaßnahmen in Wien

Mögliche Gegenmaßnahmen werden für verschiedene Szenarien entwickelt. Die Albertina arbeitet ohnehin seit Jahren an Maßnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs, nicht nur aus Kostengründen, sondern v.a. auch zur Verbesserung ihres ökologischen Fußabdrucks. Zusätzlich bereitet sich die Albertina jetzt auch auf mögliche Versorgungsengpässe vor. Die konkreten Maßnahmen hängen allerdings von der tatsächlich eintretenden Situation ab. Schließtage wollen wir nach Möglichkeit umgehen."

Belvedere in Wien

"Die aktuelle Teuerungswelle als Folge der Weltwirtschaftskrise, die durch den Ukrainekrieg ausgelöst wurde und deren Gesamtausmaß noch gar nicht abzuschätzen ist, wird - sobald sich diese in hohen Lohnabschlüssen niederschlägt - den Museumsbetrieb empfindlich verteuern und eine Anpassung der Ticketpreise notwendig machen.

Teuerung und Energieknappheit

Ebenso als Folge des Ukrainekriegs kann es unabhängig von der Teuerungswelle zu Energieknappheit kommen. Das heißt, dass auch dann keine Energie zur Verfügung steht, wenn man bereit ist, höhere Preise zu bezahlen. Hier kann es, den Krisen- und Notfallplänen entsprechend, zu (Teil-)Schließungen des Ausstellungsbetriebs kommen. Es gilt dabei, im schlimmsten Fall immer ausreichend Energie für die Sicherung der Kulturgüter zur Verfügung zu haben, weshalb es wichtig ist, dass in einem solchen Szenario das Verwahren der Kunst (nicht der Ausstellungsbetrieb) zur kritischen Infrastruktur zählt.

CO2-neutraler Museumsbesuch als Ziel

Unabhängig von der aktuellen Krise ist das Ziel ein CO2-neutraler Museumsbetrieb. Dafür haben sich alle Museen zu einem gemeinsamen Projekt mit der Universität für Bodenkultur Wien zusammengeschlossen. Auch wurde in der Vergangenheit schon sehr viel geleistet: im Belvedere beispielsweise durch eine umfangreiche Fenstersanierung, die Ablöse ineffizienter Klimatechnik und die Umstellung auf LED-Beleuchtung (diese Projekte sind teilweise noch nicht abgeschlossen).

Hinterfragung der ICOM-Richtlinien

Für dieses Klimaziel (teilweise aber auch kurzfristig für einen möglichen Energieengpass) wird es wichtig sein, die ICOM-Richtlinien für den Kulturgüterschutz kritisch dahingehend zu hinterfragen, ob die strikten Zielvorgaben für Klimawerte vor dem Hintergrund der Klimakatastrophe noch zu rechtfertigen sind. Viele der notwendigen Umstellungen haben aber derart lange Vorlaufzeiten, dass sie das kurzfristige Problem des Energiepreises oder eines Energieengpasses nicht lösen können." (Stella Rollig, Generaldirektorin und Wissenschaftliche Geschäftsführerin, und Wolfgang Bergmann, Wirtschaftlicher Geschäftsführer)

Leopold Museum in Wien

"Die derzeitige Teuerungswelle stellt auch für Kulturbetriebe und insbesondere Ausstellungshäuser bereits jetzt ein substanzielles Problem dar, das sich voraussichtlich über die nächsten Monate noch verschärfen wird. Einerseits wirken sich die Preissteigerungen schon aktuell auf fast alle Kostenkategorien aus - allen voran betrifft dies natürlich die Energiekosten, aber auch viele laufende Ausgaben. Wo langfristige Verträge neu abzuschließen sind, sind die Teuerungen bzw. die prognostizierte Inflation ebenso deutlich zu spüren - andererseits haben die Teuerungen natürlich auch einen Einfluss auf das Konsumverhalten. Sollte die Teuerungswelle in Europa lange anhalten, ohne dass verfügbare Einkommen gleichzeitig nachziehen, ist zu befürchten, dass der Tourismus zurück geht und auch das lokale Publikum mittelfristig weniger für Freizeitaktivitäten wie einen Museums-, Theater- oder Konzertbesuch ausgeben kann.

Extrem gestiegene Energiekosten

In Bezug auf die Energiekosten, die in den letzten Monaten extrem gestiegen sind, ist für uns als Leopold Museum natürlich die oberste Prämisse, die Verbräuche durch ein genaues Monitoring so niedrig wie möglich zu halten. Nachdem wir die Energie über das MuseumsQuartier beziehen, haben wir auf die Einheitskosten keinen Einfluss. Substanzielle Einsparungen konnten wir in den letzten Jahren bereits durch den schrittweisen Umstieg der Ausstellungsbeleuchtung auf LED realisieren, wobei der Prozess der Umrüstung noch im Laufen ist und aufgrund der steigenden Preise nun deutlich beschleunigt wird. Der größte Teil des Energiebedarfs betrifft allerdings das Klima im Haus, wo wir aufgrund restauratorischer Notwendigkeiten an sehr strikte Vorgaben gebunden sind. Sowohl Temperatur als auch Luftfeuchtigkeit dürfen zum Schutz der Exponate nur innerhalb eines sehr engen Bandes schwanken. Dies gilt auch für die Zeit, in der keine Besucher*innen im Haus sind. Schließtage sind hier also nur bedingt ein passendes Mittel. Langfristig stellt sich die Frage, ob sich die internationalen Standards für die klimatischen Bedingungen in Museen ändern werden. Bei möglichen baulichen Adaptierungen, etwa Dämmungen oder der Installation einer alternativen Energieversorgung, sind wir von unserem Vermieter, dem MQ abhängig. Dort nimmt man sich des Themas jetzt natürlich auch verstärkt an, und wir stehen hier in einem laufenden Austausch um zukünftige Optimierung gemeinsam zu planen.

Bemühen um ökonomisches Vorgehen im Ausstellungswesen

Ein anderer Bereich, in dem wir uns in den letzten Jahren intensiv bemühen, ökonomisch vorzugehen, ist das Ausstellungswesen. Der Transport von Kunstwerken ist ein wesentlicher Kostenfaktor bei jedem Ausstellungsprojekt, ebenso wie die Ausstellungsarchitektur, die wir gemäß unserer Nachhaltigkeitspolicy adaptieren und teilweise wiederverwenden. Eine ausgeklügelte Transportlogistik vermindert darüber hinaus Einzel- oder Leerfahrten und ermöglicht durch Sammeltransporte die Reduzierung von Energiekosten." (Alexia Getzinger, Kaufmännische Direktorin)

Universalmuseum Joanneum

"Die Sorge um die Kostenmehrbelastung und Teuerungswelle in Folge der Energiekrise hält auch in Kulturbetrieben Einzug und erschwert den derzeit laufenden Budgetierungsprozess für das kommende Jahr. Im Universalmuseum Joanneum sind wir uns der Verantwortung bewusst, mit der wir - auch als Bildungseinrichtung - nachhaltig, ressourcenschonend und vorbildhaft zu agieren haben. Gleichzeitig ist es unsere Pflicht, museale Objekte und Kulturgegenstände konservatorisch korrekt zu behandeln und auszustellen, um sie möglichst lange für die Nachwelt zu erhalten. Die strengen Anforderungen zur Raumtemperatur- und Luftfeuchtigkeitsregulation - besonders bei Leihgaben - lassen keinen Spielraum dahingehend zu, was einen nahezu gleichbleibenden Energiebedarf, unabsphängig von Öffnungszeiten, mit sich bringt.

Fokus auf Sparen von Energie

Doch nicht erst seit der vorherrschenden Teuerungskrise sind wir in unserem Ausstellungsbetrieb darauf bedacht, Energie einzusparen und nachhaltig zu wirtschaften. Die einzelnen Standorte mit ihren Mitarbeiter*innen sind angehalten, Ausstellungen, die Vermittlungsarbeit und die Verwaltung umweltschonend, verantwortungsvoll und energieeffizient zu gestalten. Diese Bemühungen tragen bereits Früchte - seit Jänner 2022 sind beispielsweise das Kunsthaus Graz und das Volkskundemuseum mit dem österreichischen Umweltzeichen zertifiziert und bahnen somit den Weg in Richtung Grünes Museum. Bei allen Ausstellungen, auch besonders beim Umbau des Volkskundemuseums am Paulustor im Jahr 2020, wurde darauf geachtet, nachhaltig und ressourcenbewusst in Bezug auf Materialien, lokale Dienstleister*innen und energieeffiziente bauliche Adaptionen zu agieren. Im Kunsthaus Graz wurden mittlerweile alle Leuchtmittel im Ausstellungsbereich auf LED umgestellt, was eine 40-prozentige Reduktion der Licht-Energiekosten bewirkt. Im Jagdmuseum und Landwirtschaftsmuseum Schloss Stainz stehen Klimaschutz und ein schonender Umgang mit Ressourcen ebenfalls schon lange auf der Tagesordnung. Die ca. 2.000 Quadratmeter großen Ausstellungsräume im Schloss werden über eine Wandheizung temperiert, was niedrige Vorlauftemperaturen und geringere Heizkosten zur Folge hat. Alle diese Prozesse, in denen wir gleichermaßen unsere Ziele sowohl der Konservierung als auch der Energieeffizienz miteinander in Einklang bringen, werden im UMJ konsequent verfolgt." (Alexia Getzinger, Kaufmännische Direktorin)

Museen der Stadt Linz

"Die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, insbesondere die explosionsartig steigenden Teuerungsraten in vielen Bereichen, machen natürlich auch vor den Museen der Stadt Linz nicht halt. In Folge von teilweise noch geltenden Preisbindungen werden die vollen Effekte erst 2023 auftreten, aber auch 2022 ist bereits mit massiven Kostensteigerungen, nicht nur im Energiebereich, zu rechnen. Der geschätzte Mehraufwand für 2022 liegt bei ca. 80.000 Euro, für 2023 bei rund 200.000 Euro. Hinzu kommen für das nächste Jahr noch die Kostensteigerungen durch die - noch abzuschließenden - Gehaltserhöhungen.

Klimaanlage wurde gedrosselt

Als erste kurzfristige Energiesparmaßnahme wurde die Klimaanlage in allen Bereichen - außer den Ausstellungsräumlichkeiten und Depots - gedrosselt. Weiters wurde die Fassadenbeleuchtung des Lentos um eine Stunde verkürzt und leuchtet aktuell bis 23 statt 24 Uhr. Außerdem arbeiten die Museen der Stadt Linz an einer Zertifizierung mit dem Österreichischen Umweltzeichen für Museen, um das Lentos Kunstmuseum und das Nordico Stadtmuseum so nachhaltig wie möglich zu betreiben." (Gernot Barounig, Kaufmännischer Direktor)

OÖ Landes-Kultur GmbH

"Die OÖ Landes-Kultur GmbH wird nochmals verstärkt Ausstellungen mit dem eigenen Objektbestand kuratieren, um Transportkosten zu sparen. Zudem werden aktuell Konzepte für Energieeinsparmaßnahmen in Zusammenarbeit mit dem "Klimabündnis Oberösterreich" ausgearbeitet. Unsere großen Häuser wie das Schlossmuseum Linz, das Francisco Carolinum sowie das OK Linz werden demnächst Klimabündnis-Betriebe sein.
Es wird mit einem Anstieg der Energiekosten von bis zu 20 Prozent gerechnet.

Häuser der OÖ Landes-Kultur GmbH unverändert zugänglich

Die Häuser der OÖ Landes-Kultur GmbH werden unverändert zugänglich sein, eine Änderung der Öffnungszeiten ist nicht geplant. Aktuell werden Konzepte für Energiesparmaßnahmen ausgearbeitet, der Schutz der Objekte steht dabei stets im Vordergrund." (Isolde Perndl, Kaufmännische Leiterin):

Tiroler Landesmuseen

"Das Thema Nachhaltigkeit und Energiesparen beschäftigt uns nicht erst seit dem Ukraine-Krieg, sondern ist für unsere Institution schon sehr viel länger relevant. Es gibt bereits umfassende Maßnahmen, etwa bei der Konservierungstechnik und bei den Maßnahmen zum Energiesparen generell, wie etwa durch dicke Mauern oder durch Lehmputz und weitere entsprechende Verputzsysteme. Bei Neubauten und beim Umbauprojekt unseres Stammhauses 'Ferdinandeum' geht es bereits in diese Richtung. Sollte es aber doch zu weiteren umfassend notwendigen Energiesparmaßnahmen kommen müssen, die ich nicht im Bereich der notwendigen Klimatisierung der Räume sehe, dann setzen wir wohl beim Veranstaltungssektor an. Die Frage wird dann sein, ob man größere Veranstaltungen mit aufwendiger Technik und Licht-Dramaturgie braucht.

Berücksichtigung der Energiesituation bei der Ausstellungsarchitektur

Wichtig ist auch, dass man die Energiesituation bei der Ausstellungsarchitektur an sich berücksichtigt, also nach der Ausstellung beispielsweise nichts wegwirft, sondern recycelt. An eine Preissteigerung für unsere Besucher denke ich derzeit jedenfalls nicht, auch Schließtage um Energie zu sparen halte ich für wenig zielführend. Es braucht insgesamt Grundkonzepte, die gesamtgesellschaftlich viel tiefer gehen, denn das tatsächliche Sparvolumen im Kultur-Sektor ist sehr gering." (Peter Assmann, Direktor)

(APA/Red)

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