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Wiener Magistrate nehmen eigenen Verhaltenskodex nicht so ernst

Der Stadtrechnungshof hat das Winer Rathaus durchleuchtet.
Der Stadtrechnungshof hat das Winer Rathaus durchleuchtet. ©APA
Unternehmen erlegen sich oft eigene Regeln auf, die das Arbeiten untereinander und nach außen einfacher gestalten sollen. Diese Compliance-Regeln gibt es auch im Wiener Rathaus - laut Stadtrechnungshof aber oft nur am Papier.

Ende 2018 hat Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) den Stadtrechnungshof mit einer Prüfung der Compliance-Richtlinien in allen Geschäftsgruppen des Magistrats sowie untergeordnete Fonds, Stiftungen und Vereine beauftragt. Gut zwei Jahre später legte die Behörde nun ihren ersten Bericht, der sich dem Ressort von Gesundheits-, Sozial- und Sportstadtrat Peter Hacker (SPÖ) widmet, vor. Die Conclusio: In Sachen Verhaltenskodex gibt es noch Luft nach oben.

Auslöser für den Groß-Prüfauftrag durch den Stadtchef persönlich waren Missstände rund um den - inzwischen in eine GmbH umgewandelten - Verein Kinder- und Jugendbetreuung, der Förderungen der Stadt bezog. Der Bundesrechnungshof hatte 2019 die Gagenpolitik des Vereins, die sich durch Sonderdienstverträge, außerordentliche Vorrückungen oder freiwillige Jubiläums- und Bilanzgelder ausgezeichnet haben soll, bekrittelt. Politisch brisant war die Causa deshalb, da die Frau des früheren Wiener Landtagspräsidenten, Harry Kopietz (SPÖ), dort einst Geschäftsführerin war.

Magistrate von Stadtrechnungshof geprüft

Der Stadt-RH nimmt nun Schritt für Schritt alle Rathaus-Einheiten, für die er Prüfkompetenz hat, unter die Lupe. Im Fall von Hackers Geschäftsgruppe wurden neben den Magistratsabteilungen 15 (Gesundheitsdienst), 24 (Gesundheitsplanung) und 40 (Soziales) auch daran angeknüpfte bzw. dotierte Organisationen wie Fonds Soziales Wien (FSW), Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser oder Kuratorium Psychosoziale Dienste (PSD) und darüber hinaus zahlreiche Stiftungen näher auf das Vorhandensein bzw. die Umsetzung von Compliance-Vorgaben in den Jahren 2016 bis 2018 betrachtet.

Das Fazit: "In der Mehrzahl der geprüften Einrichtungen lagen zumindest in Grundzügen bestehende Compliance-Managementsysteme vor. Insgesamt betrachtet stellte der Stadtrechnungshof Wien allerdings in den geprüften Einrichtungen eine von Teilaspekt zu Teilaspekt sinkende Ausprägung der Compliance-Managementsysteme fest", heißt es im Bericht. Soll heißen: In vielen Fällen gibt es zwar grundsätzlich Verhaltenskodizes, mit deren Einhaltung bzw. Handhabung beschäftigt man sich offenbar aber nicht mehr allzu intensiv.

Korruptionsprävention wichtig

Die Prüfer empfehlen den Magistratsstellen daher, die finanzielle Ausstattung von Fonds und Stiftungen an Bedingungen und Auflagen in Sachen Compliance zu knüpfen. Die Kontrollbehörde schlägt u.a. die Schaffung von Whistleblowing-Systemen vor - also Anlaufstellen, denen anonym Auffälligkeiten oder Ungereimtheiten gemeldet werden können. Außerdem werden Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für das Personal, beispielsweise bezüglich Korruptionsprävention im Beschaffungswesen, und eigene Compliance-Beauftragte vorgeschlagen.

Ob der Stadtrat bzw. die geprüften Stellen den Anregungen des Stadt-RH nachkommen wollen, ist dem Bericht übrigens nicht zu entnehmen. Denn auf die Möglichkeit von Stellungnahmen und Erwiderungen, die von den Prüfern dann noch in die jeweilige Endfassung eingearbeitet werden, wurde dieses Mal ungewöhnlicherweise vollständig verzichtet.

(APA/red)

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