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Wiener Kondom-Pionier Ferry Ebert wird 80: Ungewöhnliche Karriere

Der Wiener Automaten-Vertreiber Ferry Ebert und die Künstlerin Verena Rotterdam bei der Präsentation sogenannter sogenannte Kunst-Kultur-Kondom-Automaten am 23. November 2000 in Wien
Der Wiener Automaten-Vertreiber Ferry Ebert und die Künstlerin Verena Rotterdam bei der Präsentation sogenannter sogenannte Kunst-Kultur-Kondom-Automaten am 23. November 2000 in Wien ©AP Archiv
Am Dienstag, dem 16. Dezember, feiert der einstige Kondompionier Ferry Ebert seinen 80. Geburtstag. Vor 60 Jahren begann die Karriere des Wieners, die ihn schließlich zum "Automatenkaiser" machen sollte.
Ferry Ebert spielt Nikolo

Inzwischen ist er der Betreiber des “Enkelkinder- und Automatenmuseums” in Penzing. “Mein Tag beginnt mit einer Kaffeehausrunde mit älteren Damen”, verriet Ebert aus seinem Leben als Pensionist.

Rückblick auf ungewöhnliche Karriere

Der nahende runde Geburtstag war nun Anlass, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Der Anfang seiner Karriere reicht in die prüden 50er-Jahre zurück. 1956 war Ebert Vertreter von Semperit für technische Gummiwaren. Neben Quietschenten gab es da auch Kondome, die vom Reifenhersteller produziert wurden. Eine Bestellung der ersten für Österreich bestimmten Kondomautomaten bei einer Berliner Waffenschmiede landete schließlich bei Ebert, nachdem der eigentliche Auftraggeber aus Wien pleiteging. “Bringen sie die Automaten doch zu meinem Wiener Vertreter”, befahl Eberts Chef dem Lieferanten.

300 Kondom-Automaten für Ferry Ebert

Als Ebert schließlich von seiner Tour heimkehrte, erblickte er nicht nur staunend 300 Kondomautomaten, sondern auch seine äußerst erboste Mutter. “Ich muss sagen, dass meine Mutter in der Woche dreimal in die Kirche gegangen ist”, erklärte Ebert. Dieser Moment sollte eine außergewöhnliche Karriere mit Automaten aller Art einleiten, die in den besten Zeiten Umsätze von 500 Millionen Schilling (rund 36 Millionen Euro) einbringen sollte.

Die moralisch- bzw. katholisch motivierte Ablehnung gegenüber den Automaten war österreichweit spürbar. Ebert musste anfangs viel Überzeugungsarbeit leisten, damit ihm Gastwirte erlaubten, seine “Verhüterli”-Automaten in ihren WC-Räumlichkeiten anzubringen. Es brauchte mehrere Anläufe, bis in der kleinen Gemeinde Tragöß (Steiermark) endlich der erste Kondomspender aufgehängt wurde. “Als ich nach einem Monat zurück in das Wirtshaus kam, folgte mir aus Neugierde der ganze Stammtisch zum Automaten”, erinnerte sich Ebert. Gemeinsam stellte man fest, dass alle Kondome an den Mann gegangen waren. “Damals gab es das Kondom nur in der Drogerie und in der Apotheke”, erklärte Ebert die Begierde nach den “Gummis”.

Süßigkeiten und Brieflose in Automaten

In den folgenden Jahren wuchsen die Automaten auf 15.000 Stück an, neben Süßigkeiten kam auch das Brieflos ins Repertoire. Ab 1986 wurden die Geräte in Eigenregie produziert und auch über die Landesgrenzen hinaus verkauft. Nach den Erfolgen kamen dann aber Rückschläge und die Midlife-Crisis wurde für Ebert die Realität, nachdem ihm im Alter von Mitte 50 der neue Hauptumsatzbringer namens Brieflos abhandenkam.

Die Sportverbände klagten dem damaligen Unterrichtsminister Helmut Zilk ihr Leid. Der Grund: Diesen fehlten über 30 Millionen Schilling (rund 2,2 Millionen Euro), da die Totoumsätze durch den Erfolg der Brieflose zurückgingen. Die neugegründete Lotto-Toto-Gesellschaft hatte infolge Eberts Vertrag vom Finanzministerium übernommen. “Ihre Brieflosautomaten können sie zukünftig nur noch da aufstellen, wo es Kondomautomaten bei den Wirten gibt; wir wollen die Bahnhöfe und die Supermärkte”, ließ ihn der damalige Glücksspielchef Leo Wallner wissen, wie sich Ebert erinnert. Die Folge war ein Umsatzverlust von rund 70 Prozent, daraus resultierende Probleme mit Banken – und seine Sammlung von Oldtimern wanderte als einer der negativen Nebeneffekte irgendwann in deren Obhut.

Ferry Ebert ging auf Sinnsuche

“Ich war danach zwei Jahre auf der Suche nach einem Sinn”, so Ebert. Er bereiste unter anderem Nepal oder die Halbinsel Sinai mit seinem Rucksack. Zurück in der Heimat, Anfang der 90er-Jahre, folgten Märchen- und Gedankenautomaten. 1999 sagte der Unternehmer dem Automatengeschäft nach 43 Jahren nicht zuletzt aufgrund der Einführung des Euros – zu kostspielig wäre eine Umstellung auf die neue Währung gewesen – und dem Verlust wichtiger Standorte, wie die Bahnhöfe der ÖBB, endgültig Lebewohl. Der neue Lebensabschnitt als “glücklicher Großvater” begann.

Nähere Informationen zu Ferry Ebert finden Sie hier.

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