Neben dem fehlenden Konzept kritisierte die Grüne auch die kurzfristigen “Säuberungs-Aktionen”. “Vor der Fußball-EM, nach Medienberichten oder vor Wahlen wird die Szene mit Razzien vertrieben”, sagte Cammerlander. Der Effekt: Die Suchtkranken würden sich unkontrolliert an einem anderen Ort treffen, um dann doch wieder zum Karlsplatz zurückzukehren. Die Drogensprecherin ging davon aus, dass dies auch nach dem Umbau samt geplanter Verlagerung der Szene nicht anders sein wird.
Auch der Plan, den Spritzentausch am Karlsplatz zu beenden, hielt Cammerlander für einen völlig falschen Zugang. Es dürfte auch hier kaum möglich sein, die Suchtkranken gänzlich weg von ihrem derzeitigen Treffpunkt und hin zu Einrichtungen wie dem Ganslwirt oder das TaBeNo zu verlagern. Es sei zu befürchten, dass sich die Betroffenen weiter im Park treffen, allerdings ohne jede Betreuung. Dies würde, wie die Betriebsräte der Wiener Suchthilfe befürchten, nicht nur zu einem Anstieg an Hepatitis- und HIV-Fällen führen, sondern auch zu einer vermehrten Verunreinigung des Areals durch weggeworfene Spritzen.
Anstatt die Suchtkranken zu vertreiben, sollte man Cammerlander zufolge das Betreuungsangebot erweitern und auch Räume zur Verfügung stellen, wo Drogen in betreutem Umfeld konsumiert werden können. Beispiele aus anderen europäischen Städten wie Zürich hätten gezeigt, dass auf diesem Weg Suchtkranke viel besser erreicht werden können und diese mit der Zeit auch eher bereit sind, eine Therapie zu machen, als wenn man sie in die Illegalität drängt.
Die Entkriminalisierung der Szene hat für Cammerlander nicht zuletzt auch wirtschaftliche Gründe. “Wenn man einfach alle einsperrt, dann muss der Steuerzahler die Gefängniskosten zahlen”, sagte die Grüne Gemeinderätin. Da wäre es sinnvoller, dieses Geld dahingehend zu investieren, den Betroffenen zu helfen und sie letztlich von der Nadel wegzubekommen. Cammerlander warnte davor, den Karlsplatz zu einem Wahlkampfthema zu machen. “Besser wäre es, wir überlegen nach der Wahl in Ruhe, wie man das besser lösen könnte”, so die Gemeinderätin.