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Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) macht gegen teure Medikamente mobil

Wertvoll wie Gold sollen manche Medikamente sein
Wertvoll wie Gold sollen manche Medikamente sein ©BilderBox.com (Sujet)
Die WGKK schlägt Alarm - nämlich vor einer "neuen Ära der Preisgestaltung". Die Kosten für Heilmittel steigen dramatisch an, berichtete Ingrid Reischl, die Obfrau der WGKK, am Mittwoch im Gespräch mit Journalisten. Wobei vor allem ein neues Hepatitis-C-Präparat dafür verantwortlich sei, das ähnlich teuer ist wie Gold, wie es heute hieß.
Warnung: Fake-Medikamente

Das Medikament mit der Bezeichnung Sovaldi stammt vom US-Unternehmen Gilead. Es sorgt seit seiner Zulassung für Debatten. Eine 28 Stück umfassende Packung schlägt laut WGKK hierzulande mit 14.270 Euro zu Buche. Zum Vergleich: Die durchschnittlichen Kosten aller verschriebenen Medikamente betragen pro Packung 23,34 Euro. Die neuen Pillen werden bei der Behandlung von Hepatitis C eingesetzt, und zwar dort, wo die Leberentzündung bereits chronisch geworden ist. Drei bis vier Packungen werden pro Patient benötigt.

Hapatitis C-Behandlung für 50.000 Euro

Bis eine Person virenfrei ist, verschlingt die Therapie durchschnittlich rund 50.000 Euro. Wobei die Kassenchefin heute auch von Fällen mit Gesamtkosten von rund 200.000 Euro berichtete. Das Problem dabei laut Reischl: Bisher wurden sehr teure Medikamente bei sehr seltenen Erkrankungen eingesetzt. Von Hepatitis C könnten hingegen in Österreich bis zu 80.000 Menschen betroffen sein, wie Silke Näglein, die stellvertretenden Ärztliche Direktorin der WGKK, schilderte.

Die neue Preispolitik im Pharmabereich sei auf lange Sicht unfinanzierbar, warnte WGKK-Chefin Reischl – wobei sie betonte: “Es ist erfreulich, dass es neue Medikamente gibt.” Es würden von der Industrie in diesen Fällen jedoch “volkswirtschaftliche Preise” verrechnet. Es werde damit argumentiert, dass Folgekosten reduziert würden, etwa durch einen Rückgang von Lebertransplantationen.

Produktion der Medikamente billig

Ob dieser Effekt in dem versprochenen Ausmaß eintrete, sei jedoch fraglich, befand Reischl. Tatsächlich koste die Produktion des Medikamentes nur sehr wenig, versicherte sie. Und in anderen Ländern, etwa in Ägypten, sei der Preis mit knapp 300 Euro pro Packung weit geringer.

“Wir sind von dem Medikament ziemlich kalt erwischt worden”, verwies sie auf die aktuellen Zahlen. Innerhalb eines Jahres hätten die Ausgaben zur Behandlung von Hepatitis C alleine bei der WGKK 30,3 Millionen Euro betragen. Der Anstieg der Medikamentenausgaben im ersten Quartal 2015 betrage bereits 10,49 Prozent. Würden die neuen Therapien herausgerechnet, ergebe sich lediglich ein Plus von 3,63 Prozent.

WGKK: Verlust von rund 64 Mio. Euro

Der Verlust der WGKK insgesamt wird heuer laut aktueller Prognose rund 64 Mio. Euro betragen. “Es ist das erste Minus in meiner Funktionsperiode”, betonte Reischl. Die neuen Hepatitis-Medikamente (Sovaldi wird immer in Kombination mit anderen Mitteln angewendet, Anm.) würden allein für die Hälfte des Abgangs verantwortlich sein.

Die Krankenkasse warnte davor, dass bereits andere Medikamente in Entwicklung sind, die diese Preisbildungstendenz fortführen könnten. Sie verlangte Maßnahmen, um hier Abhilfe zu schaffen. Wobei sie klarstellte: Gesetzliche Höchstpreise wären kontraproduktiv und würden dazu führen, dass bestimmte Präparate in Österreich nicht angeboten würden.

Neue Pläne für teure Medikamente

Angeregt wurde jedoch, die Laufzeit für Patente zu reduzieren. Zehn oder 20 Jahre seien zu viel, fünf würden ausreichen, zeigte sich Reischl überzeugt. Besonders teure Mittel sollten zudem nur in Fachambulanzen abgegeben werden dürfen. Ein pharmaunabhängiges Register über deren Einsatz solle zudem die Qualität der Behandlung dokumentieren. Wünschenswert sei auch, dass die Sozialversicherung Medikamente an chronisch Kranke direkt abgeben dürfe.

Man versuche derzeit auf dem Verhandlungsweg, mit der Pharmawirtschaft Lösungen zu finden, wobei auch weitere Refundierungen der Hersteller an die Kassen zur Debatte stünden, hieß es. Erst wenn dies alles nichts fruchtet, sollte es gesetzliche Regelungen geben, fordert die Spitze der Wiener GKK. Hier könnten etwa gesetzlich verordnete Rabatte für die Krankenversicherung eine Lösung sein. Vergleichbare Modelle gebe es etwa in Deutschland, berichtete Reischl.

(apa/red)

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