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Wiener Ex-Bezirksrat wieder wegen NS-Wiederbetätigung vor Gericht

Der frühere freiheitliche Wiener Bezirksrat Wolfgang F. könnte als Beispiel dafür dienen, dass Freiheitsstrafen keine ausreichende abschreckende Wirkung haben, um Straftäter hinkünftig an der Begehung strafbarer Handlungen zu hindern.

Der mittlerweile 56-jährige Ex-Politiker – die FPÖ hatte ihn 1994 aus der Partei ausgeschlossen – hatte sich am Montag als notorischer Holocaust-Leugner zum bereits dritten Mal wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung vor Wiener Geschworenen zu verantworten.

Erstmals war F. im September 2003 nach dem Verbotsgesetz zu drei Jahren teilbedingter Haft verurteilt worden, weil der Verfahrenstechniker in einem “Privatgutachten” behauptete, die Vernichtung von sechs Millionen Juden im Dritten Reich wäre “physikalisch nicht machbar” gewesen. Nachdem er ein Jahr hinter Gittern verbracht hatte, verschickte er Datenträger, in denen er neuerlich die Auschwitz-Lüge verbreitete und die Opferzahlen in Zweifel zog. Ein Schwurgericht verhängte daraufhin über den offenbar unbelehrbaren Rückfalltäter vier Jahre Haft.

In weiterer Folge wurde der Holocaust-Leugner von der Justiz geradezu mit Samthandschuhen angefasst: Zunächst reduzierte der Oberste Gerichtshof (OGH) die Freiheitsstrafe auf eineinhalb Jahre, wobei auffallender Weise die noch offene Bewährungsstrafe aus dem ersten Verfahren nicht widerrufen wurde, obwohl diese auf derselben schädlichen Neigung beruht hatte. Von den 18 Monaten musste F. auch nur einen Teil absitzen – er wurde nach elf Monaten vorzeitig bedingt entlassen.

Offenkundig erwies sich der Mann der ihm zuerkannten Rechtswohltaten nicht würdig, denn Staatsanwalt Michael Klackl legte ihm nun in einer 40 Seiten starken Anklageschrift Vergehen zur Last, die mehr als nur deutliche Parallelen zu den vorangegangenen Verfahren aufwiesen. Der mittlerweile 56-Jährige hatte etwa im Vorjahr mit einem “Appell an alle anständigen Österreicher” ein Volksbegehren zur Abschaffung des Verbotsgesetzes (VerbotsgG) in die Wege leiten wollen. In dem an mehrere hundert Personen gerichteten Schreiben forderte er zur Unterzeichnung einer Unterschriftenliste für die Streichung des Paragrafen 3h VerbotsG auf. Das Schriftstück, das einmal mehr den Holocaust in Frage stellende Passagen enthielt, hatte F. unter anderem etlichen Nationalratsabgeordneten und Landeshauptleuten sowie dem Rechnungshof geschickt.

In einem Brief an die Bischofskonferenz, der in Kopie auch an Papst Benedikt XIV ging, wetterte F. weiters gegen die “satanische Lüge vom Massenmord”. Den Holocaust bezeichnete er als “vorgetäuschte, surreale Gräuel”. “Die Juden” hätten die angebliche Existenz von Gaskammern in die Welt gesetzt, um dafür nach Kriegsende “ungerechtfertigte Zahlungen kassieren zu können”. In Folge dieser Passagen hat der Staatsanwalt diesmal den 56-Jährigen sogar nach Paragraf 3g VerbotsG angeklagt, der “bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung” bis zu 20 Jahre Haft vorsieht.

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