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Wiener Anwalt soll Anleger betrogen haben: Prozess vertagt

Der ehemalige Wiener Anwalt ist wegen Betrugs angeklagt.
Der ehemalige Wiener Anwalt ist wegen Betrugs angeklagt. ©APA (Sujet)
Am Mittwoch, den 21. Februar, saß am Wiener Landesgericht ein ehemaliger Anwalt auf der Anklagebank. Ihm wird Anlagebetrug mit einem Schaden von 1,2 Millionen Euro vorgeworfen. Der Prozess wurde auf 15. März vertagt.

Im Wintermantel hat am Mittwoch ein ehemaliger Wiener Rechtsanwalt auf der Anklagebank im Landesgericht für Strafsachen Platz genommen: “Ich bin grippig und mir ist noch kalt.” In weiterer Folge wurde er von Richter Christian Böhm über Stunden hinweg “gegrillt”. Der Jurist, dem Anlagebetrug mit einem Schaden von 1,2 Millionen Euro vorgeworfen wurde, wollte sich partout nicht schuldig bekennen. Die Anklage legte dem Ex-Anwalt – nachdem er mit seiner Kanzlei in den Konkurs geschlittert war, wurde er im Herbst 2010 von der Anwaltsliste gestrichen – zur Last, gemeinsam mit einem Kompagnon zahlreiche Personen, die ihr Vermögen gewinnbringend anlegen wollten, hinters Licht geführt zu haben. Der Jurist und sein Partner – der 69-Jährige leidet angeblich an einer Nervenkrankheit, muss sich derzeit in einem Münchner Spital einer Cortison-Therapie unterziehen und blieb daher der Verhandlung fern – hätten sich im Jahr 2007 verabredet, “ihren Lebensunterhalt auf Dauer mit Betrügereien aufzubauen”, sagte Staatsanwältin Martina Semper. Unter Einschaltung von Finanzvermittlern akquirierten die beiden Kunden, täuschten diesen Investment-Möglichkeiten vor, gründeten der Anklägerin zufolge zu diesem Zweck Scheinfirmen in Österreich und der Schweiz, setzten Strohgeschäftsführer ein und nutzten die Leichtgläubigkeit ihrer Opfer aus. “Der berufsrechtliche Status des Anwalts hat eine nicht unerhebliche Rolle gespielt, um zu diesen ein Vertrauensverhältnis aufzubauen”, betonte die Staatsanwältin.

Anwälte sollen Geld in eigener Geldbörse veranlagt haben

Innerhalb von zweieinhalb Jahren sammelte das Duo einen ordentlichen Geldbetrag ein. Das Vermögen wurde allerdings nicht veranlagt, wie die Anklagevertreterin darlegte: “In Wirklichkeit hat es keine einzige Investition irgendwohin gegeben. Außer in die eigene Geldbörse.” Weder die Kriminalpolizei noch der Buchsachverständige hätten einen Beleg für ein Geschäft gefunden. Vielmehr überwies der Anwalt in einem einzigen Aufwaschen 980.000 Euro in die Schweiz, um das Vermögen nur wenig später auf ein Konto, zum dem ausschließlich er eine Zeichnungsberechtigung hatte, zu transferieren. Von dort tätigte er dann serienweise Barbehebungen, ohne deren Verwendungszweck zu dokumentieren.

Richter legte “geständige Verantwortung” nahe

Dabei hatte sich der Anwalt den Anlegern gegenüber sogar als Treuhänder verpflichtet, deren Gelder erst dann freizugeben, wenn diese entsprechend besichert waren. Auch solche Sicherheiten wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nirgendwo gefunden. “Um es höflich auszudrücken, der Verdacht, dass der böse Vorsatz von Anfang an da war, mutet nicht völlig absurd an”, bemerkte der Vorsitzende des Schöffensenats, Richter Christian Böhm. Und weiter in Richtung des Angeklagten: “Eine geständige Verantwortung wäre nahe liegend.”

Eine solche blieb jedoch aus. Er habe ohne Schädigungsvorsatz gehandelt, behauptete der Ex-Anwalt: “Ich kann das heute nicht mehr zu hundert Prozent sagen, ob ich Zweifel hatte oder nicht. Daher bekenne ich mich nicht schuldig.” Er schob die Verantwortung für die inkriminierten Machenschaften dem abwesenden Mitangeklagten – ob dieser tatsächlich nicht verhandlungsfähig ist, lässt das Gericht von einem Gutachter überprüfen – zu: “Ich habe mich mit ihm nicht verabredet. Ich habe nichts geplant, keine Kunden gesucht, keine Strukturen aufgebaut.” “Es hat auch keine Strukturen gegeben”, bemerkte darauf der Richter lapidar.

Ex-Anwalt berief sich auf Vorgaben des Kompagnons

Sein Partner hätte ihm stets versichert, “dass alles funktioniert”, setzte der 48-Jährige fort. 2009 habe er von diesem dann zwar die Information erhalten, “dass es Verluste gibt und wir das Geld zurückholen müssen”. Er habe aber geglaubt, mit zwei Investments in Serbien wäre das in den Griff zu bekommen: “Ich war gutgläubig.” “Aha. Soso”, witzelte der Richter, “wie lange waren Sie da schon Anwalt?”

Der Richter zeigte sich auch an den angeblichen Sicherheiten interessiert, worauf der Angeklagte auf eine Bankgarantie verwies. “Welche Bank?”, wollte der Richter wissen. – “Das kann ich nicht mehr sagen. – “Aha. Schade.”

Immer wieder und beinahe gebetsmühlenartig berief sich der Ex-Anwalt auf Vorgaben seines Kompagnons, die er umgesetzt hätte: “Ich war in die ganze Struktur nicht eingebunden. Ich war ein Vollzugsorgan.” Schließlich platzte dem Richter der Kragen: “Hören Sie, Sie haben eine hundertprozentige Kapitalgarantie und gleichzeitig eine enorme Gewinnbeteiligung versprochen. Haben’s das echt geglaubt?” “Wirtschaftlich hab’ ich mir das nicht angeschaut”, erwiderte der ehemalige Rechtsanwalt.

Verhandlung gegen Ex-Anwalt vertagt

Die Verhandlung gegen den ehemaligen Wiener Rechtsanwalt, der sich gemeinsam mit einem Kompagnon als Anlagebetrüger 1,2 Millionen Euro ergaunert haben soll, ist am Wiener Landesgericht im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit vertagt worden. Die Verhandlung wird am 15. März fortgesetzt.

APA/Red.

 

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