Damit löst die Bundeshauptstadt den bisherigen Rekordalter Vorarlberg ab. Hier langten bei der Landtagswahl 2009 insgesamt 9,97 Prozent der abgegebenen Stimmen im Postweg ein. Zugleich bestätigte sich in Wien einmal mehr: Briefwähler votieren im Schnitt anders als der “gewöhnliche” Urnengänger.
Betrachtet man das fiktive Wahlergebnis unter den Briefwahlstimmen – errechnet aus der Differenz zwischen dem Wahlergebnis von Sonntag und dem heute verkündeten Endergebnis – ergibt sich ein anderes Bild als in der Gesamtrechnung: Die SPÖ kam demnach bei den Briefwählern auf 44,6 Prozent, die FPÖ auf 19,4 Prozent, die ÖVP auf 17,9 Prozent und die Grünen auf 14,9 Prozent.
SPÖ konstant
Einzig bei der SPÖ zeigt sich somit ein relativ konstantes Bild, wenn man das Wahlergebnis von Sonntagabend (mithin noch ohne Briefwahlstimmen) betrachtet, als die Sozialdemokraten auf 44,29 Prozent kamen. Deutlich weniger Unterstützer unter den Briefwählern findet hingegen die FPÖ. Am Wahlabend kamen die Freiheitlichen auf 26,98 Prozent – 7,5 Prozentpunkte mehr als bei den Briefwählern.
Die ÖVP könnte sich hingegen glücklich schätzen, wenn sie landesweit das Ergebnis der Briefwahlstimmen erzielen könnte: Anstatt 13,25 Prozent bei denjenigen, die persönlich in einem Wahllokal erschienen, konnte die Volkspartei unter den Briefwählern ganze 4,6 Prozentpunkte mehr für sich gewinnen.
Unterschiede innerhalb der Briefwähler
Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei den Grünen. Nach 12,21 Prozent am Wahlsonntag gelang der Ökopartei unter den Briefwählern ein Anteil von 14,9 Prozent.
Selbst innerhalb der Briefwähler gibt es deutliche Unterschiede: Bei den “frühen” Briefwählern – deren Stimmen bis Dienstag nach der Wahl eingelangt waren – schnitt die SPÖ noch überdurchschnittlich (46,5 Prozent) ab, während die Grünen nur auf 12,1 Prozent kamen. In der zweiten Tranche, also den noch bis heute eingelangten Stimmen, erreichte die SPÖ hingegen nur mehr 40,3 Prozent, während die Grünen weit überdurchschnittlich (auf 21,3 Prozent) kamen.
Experten erklären die – bei mehreren Wahlen festgestellten – Unterschiede einerseits mit “taktischem” Wählen, also der (eigentlich verbotenen) Stimmabgabe nach dem Wahlschluss am Wahlsonntag. Außerdem dürften in der ersten Briefwahltranche überdurchschnittlich viele “organisierte” Briefwahlstimmen enthalten sein – und die Grünen klassische “Spätwähler” sein. Also mobile, städtische Wähler mit überdurchschnittlich starkem Interesse am Wahlausgang, die sich die Wahlkarte selbst besorgen und Zeit lassen mit ihrer Entscheidung.