AA

Wien verstärkt Kampf gegen Lohndumping und Sozialbetrug

"Wiener Gipfel" zur Lohn- und Sozialdumping-Problematik.
"Wiener Gipfel" zur Lohn- und Sozialdumping-Problematik. ©APA
Angesichts rasant steigender Zahlen von Lohndumping und Sozialbetrug durch ausländische Firmen baut die Stadt Wien die Kooperation mit Sozialpartnern und anderen Behörden weiter aus.

Im Zentrum der verstärkten Zusammenarbeit stehen die Themen Öffentlichkeit, internationale Zusammenarbeit, Kooperation und Kontrolle, sagte die Wiener Wirtschaftsrätin Renate Brauner am Mittwoch in Wien.

Es war dies bereits der zweite “Wiener Gipfel”, der zur Lohn- und Sozialdumping-Problematik stattgefunden hat. Neben Brauner haben daran unter anderem auch Sozialminister Alois Stöger (SPÖ), ÖGB-Präsident Erich Foglar, IV-Wien-Geschäftsführer Johannes Hörhahn und Vertreter der Finanzpolizei, Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK), der Bauarbeiter-, Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) und des Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (waff) teilgenommen.

Stadt Wien will “gegen schwarze Schafe vorgehen”

“Wir wollen an einem Strang ziehen und organisierte schwarze Schafe erwischen”, sagte Stöger bei einem Pressegespräch. Es könne nicht sein, dass österreichische Betriebe aufgrund von Lohn- und Sozialdumping nicht mehr konkurrenzfähig seien. Auch sollen die Österreicher ihre Arbeitsplätze und Sozialstandards aufrechterhalten können.

Österreich liege in Europa an einer Schnittstelle, wo ein großes Lohngefälle herrsche. Nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die ehrlichen österreichischen Betriebe würden unter einem Lohndruck stehen. Mit dem im Mai beschlossenen Gesetz zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping, das Anfang 2017 in Kraft treten werde, gebe es ein neues Instrument.

Auf europäischer Ebene fordert Stöger eine Politik, die die Frage der Lohn- und Sozialbedingungen in die wirtschaftlichen Betrachtungen gleichwertig miteinbezieht. Insgesamt sollte die soziale Säule in Europa gestärkt werden. Der Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort sollte auch umgesetzt werden. Zudem müssten die Sozialbeiträge von dem Lohn abgezogen werden, der am Arbeitsort bezahlt werde.

Wien vor “unfairem Wettbewerb” schützen

“Die Wiener Wirtschaft muss vor unfairen Wettbewerb geschützt werden und die Wiener Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen müssen vor unfairen Wettbewerb geschützt werden”, betonte Brauner. Lohn- und Sozialdumping zu verhindern, sei der Stadt Wien ein großes Anliegen. “Das wollen wir nicht und wir setzen alles daran, hier dagegen anzukämpfen”. Es gehe ausschließlich darum, die “Schwarzen Schafe” aus dem Verkehr zu ziehen.

Die bereits vor über einem Jahr erstmals vereinbarte Kooperation habe bereits Wirkung gezeigt. “Die Aktionen scharf haben funktioniert”, sagte Brauner. So habe es im Jahr 2015 sechs Mal so viele Verfahren (136 statt 20) im Zusammenhang mit Lohn- und Sozialdumping gegeben als im Jahr davor.

Heute habe man sich darauf verständigt, die bereits bestehende Kooperation weiter auszubauen. Dabei gehe es einerseits darum, der Öffentlichkeit klarzumachen, worum es gehe, zweitens um internationale Zusammenarbeit auf europäischer Ebene und den jeweiligen Behörden, drittens um Kooperation mit weiteren Schulungen, gemeinsamen Aktionen scharf und Unterstützungen, sowie viertens um Kontrolle. Vom Finanzminister fordert Brauner, die Finanzpolizei entsprechend mit Personal und Kompetenzen auszustatten. “Wenn eine wichtige Behörde wie die Finanzpolizei weniger Mitarbeiter hat, dann ist das kontraproduktiv”, kritisierte Brauner.

Überprüfung der Unternehmen

Die Überprüfung der Unternehmen stelle für diese doch eine erhebliche zusätzliche Belastung dar, meinte IV-Wien-Geschäftsführer Johannes Hörhahn. Viele Unternehmen würde es so empfinden, dass gerade die seriösen heimischen Unternehmen besonders oft geprüft werden, ausländische Unternehmen dagegen eher seltener. Zudem würde bei diesen Unternehmen die Durchsetzung von Strafbescheiden nicht optimal funktionieren.

Für den ÖGB sei die Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping ein großes Anliegen, sagte Foglar. Diese Fehlentwicklungen finde man am heimischen Arbeitsmarkt seit 2011 verstärkt vor und könnten nicht akzeptiert werden. Der Geist der EU sei eine soziale Marktwirtschaft mit einem fairen Wettbewerb. “Den sehen wir in der Praxis massivst gefährdet”, sagte Foglar. Für 2016 sei bereits mit 180.000 Entsendungen ausländischer Arbeitnehmer nach Österreich zu rechnen – und das bei steigenden Arbeitslosenraten trotz Beschäftigungszuwachs. “Es liegt sehr, sehr nahe, dass wir es hier schon mit einer sehr massiven Form von organisierter Kriminalität zu tun haben”, so Foglar. Und das sei ein europäisches Problem. Während das Eintreiben von Strafen “an den Grenzen endet”, habe die organisierte Kriminalität eine “ungehinderte Einbahnstraße” auf diverse Märkte in der EU.

Lohn- und Sozialdumping: Lösungen auf EU-Ebene

Diese Problem sei ausschließlich auf europäischer Ebene zu lösen, ähnlich wie bei den Strafmandaten für Verkehrssünden, wo es bereits ein gemeinsames Abkommen der Staaten gebe. “Das würden wir auch in Bezug auf Lohn- und Sozialdumping wünschen”, sagte Foglar. Sollte die andere Seite nicht kooperieren wollen, müsste es auf europäischer Ebene vorgeschrieben werden. Auch die anderen vier Freiheiten der EU werden bereits sehr schnell sanktioniert. Der ÖGB trete deshalb mit anderen Gewerkschaften und dem Europäischen Gewerksbund sehr für das soziale Fortschrittsprotokoll ein. Dabei gehe es darum, dass die sozialen Grundrechte wie Kollektivvertragsfreiheit nicht Nachrang hinter den vier wirtschaftsliberalen Freiheiten der EU haben. Vor allem Länder aus zentral- und osteuropa seien aber dagegen.

Auf europäischer Ebene sollte die Problematik des Lohn-, Sozial- und Steuerdumpings mehr Beachtung finden, damit die EU wieder mehr Akzeptanz findet. “Wir brauchen bessere gemeinsame, eine sozialere und fairere Europäische Union und europäische Werte”, so Foglar.

(APA)

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • Wien verstärkt Kampf gegen Lohndumping und Sozialbetrug
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen