Wien Energie benötigt offenbar 6 Milliarden Euro Finanzhilfe

Die Wien Energie hat wegen des - laut vielen europäischen Politikern - nicht mehr funktionierenden Strommarkts einen riesigen Finanzierungsbedarf. Notwendig sind bis zu 6 Mrd. Euro um sogenannte "Futures" abzuschließen, also Strom für die Zukunft zu kaufen - dessen Preis zuletzt explodierte. Wien tritt nun für einen bundesweiten Schutzschirm für Energiefirmen ein, so Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) im APA-Gespräch. Derzeit würden an der Börse "Mondpreise" für Strom verlangt.
Wien Energie benötigt offenbar sechs Milliarden Euro Finanzhilfe
Die Wien Energie sei besonders betroffen, da die Eigenproduktion geringer sei. Ein Schutzschild könne aber auch anderen Firmen helfen. Bundesländer wie Tirol oder Vorarlberg, die mehr Energie selbst aufbringen könnten, wären hier nicht so sehr betroffen. Wien sei gezwungen, mehr Strom an den Handelsplätzen zu kaufen. "Das ist ein ganz normaler Vorgang." Nötig seien dabei stets Sicherheitsleistungen, also Kautionen, für bereits für die Zukunft abgeschlossene Geschäfte. Nun sei der Strompreis "nach oben explodiert".
Schutznetz für Wien Energie könnte auch bis zu 10 Mrd. Euro betragen
Wie hoch ein solches Schutzschild aktuell ausfallen müsse, sei schwer zu sagen, da sich die Preise täglich ändern würden, betonte er. Das Schutznetz könne auch bis zu 10 Mrd. Euro betragen. Der Wiener Finanzstadtrat vermutet nämlich, dass auch andere Energieunternehmen möglicherweise noch weiter Garantielinien brauchen werden.
Stadt Wien fordert "Schutzschirm" für Energieversorger
Der Wiener Vorschlag an den Bund entspricht laut Hanke in etwa dem, was international bereits umgesetzt wurde. In der Schweiz oder in Deutschland würde es derartige Modelle bereits geben. Es sei "höchst an der Zeit", hier entsprechende Schritte zu setzen.
Kritik an Wien von Grünen Klubobfrau Sigrid Maurer
"Das ist etwas, das vorhersehbar war, dass das passieren wird, andere Länder haben hier auch frühzeitig reagiert", so Hoyos-Trauttmansdorff von den NEOS, die im Bund in der Opposition, in Wien aber mit der SPÖ in der Regierung sind gegenüber dem ORF-Radio Ö1. "Beispielsweise Deutschland, die ja hier mit dem KfW einen 100-Milliarden-Fonds schon vorab sozusagen aufgebaut haben. Da muss man schon auch sagen, dass die Bundesregierung hier in der Pflicht gewesen wäre, Vorsorge zu machen und sich hier darauf einzustellen." Das sei leider nicht passiert. Jetzt brauche es wohl einen "Gesamtplan". "Und dann eben als ultima ratio, wenn das notwendig ist, der Steuerzahler hier eine Haftung übernimmt."
Kritik an Wien kommt hingegen von der Grünen Klubobfrau Sigrid Maurer. "Offensichtlich hat die Stadt schon viel länger Kenntnis dieses Problems, weil es wurde uns mitgeteilt, dass bereits mehrfach, mehrere hundert Millionen, sogar Milliarden zugeschossen wurden, um dieses Problem zu lösen, dementsprechend muss die Stadt schon viel früher Informationen über dieses Problem gehabt haben", sagte sie zu Ö1. "Sie haben es aber verabsäumt, rechtzeitig an uns heranzutreten, und auch hat gestern die politische Ebene in Wien nicht an dem Gipfel teilgenommen."
Wiener Finanzstadtrat Peter Hanke ersuche um 2-Mrd-Euro-Zahlung
Die Wien Energie bzw. deren Mutter Wiener Stadtwerke könne laut Angaben des Finanzministeriums von Magnus Brunner (ÖVP) laut einem Schreiben der Stadt Wien ans Ministerium zur Besicherung von künftigen Lieferverträgen die aktuell erforderliche Summe von 1,75 Mrd. Euro mit Unterstützung der Stadt noch aufbringen. Die finanziellen Spielräume seien aber erschöpft - auch wenn die Unternehmen laut eigenen Angaben und jenen Hankes gesund sind.
Hanke ersuchte zudem um eine Zahlung von 2 Mrd. Euro bis spätestens Dienstagmittag. Zur Umsetzung möglicher Unterstützungsmaßnahmen gehen die Überlegungen laut Ministerium in Richtung eines Kredites in Milliardenhöhe. Ziel sei es, die Energieversorgung zu gewährleisten. Eine Abwicklung über die Bundesfinanzierungsagentur ÖBfA stößt in Wien auf wenig Gegenliebe. Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) hatte notwendig werdende Hilfen jedenfalls zugesagt.
Stadt Wien bittet laut Hanke Bund um generellen "Schutzschirm"
Er bekräftigte jedoch, dass es sich bei der Wien Energie um ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen handle, das auch keine Verlust schreibe. Die Stadt habe zuletzt bereits selbst Garantien bereitgestellt, also über jene hinaus, die vom Unternehmen üblicherweise selbst aufgebracht würden. "Das sind keine verlorenen Summen", beteuerte Hanke. Vielmehr würden diese nach Abschluss des Geschäftes wieder zurückfließen.
Wien Energie sei ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen
Laut seinem Büro wurden schon im Juli 700 Mio. Euro entsprechend verwendet. Am heutigen Montag war es noch einmal der gleiche Betrag. "Das sind keine verlorenen Summen", beteuerte Hanke. Vielmehr würden diese nach Abschluss des Geschäftes wieder zurückfließen. Alles sei, so schwor Hanke, korrekt abgewickelt worden. Die Stadt habe die Kompetenz, hier sofort tätig zu werden. Den Vorwurf der Intransparenz wies er zurück. Man werde dies bei der nächsten Sitzung des zuständigen Ausschusses einbringen.
EU will neue Wege finden, um den Strompreis festzulegen
Andere Landesversorger gaben am Montag bei einem APA-Rundruf Entwarnung. Es seien derzeit keine finanziellen Probleme in Sicht. Begründet wird das unter anderem mit der unterschiedlichen Strom-Einkaufs- bzw. -Erzeugungsstruktur. Auch staatliche Garantien nehme kein anderes Bundesland in Anspruch oder habe solche angefragt.
In der EU will man indes neue Wege finden, um den Strompreis festzulegen. Ein Sondertreffen der zuständige Minister findet am 9. September statt. "Die in die höhe schießenden Strompreise zeigen gerade aus verschiedenen Gründen die Grenzen unseres jetzigen Strommarktdesigns auf", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz und der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala haben indes ebenso EU-Maßnahmen gegen die hohen Strompreise angekündigt. Der heimische Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat sich stets für eine europäische Lösung ausgesprochen, da die Thematik auch nur gemeinschaftlich zu lösen sei.
(APA/Red)