AA

Wien-Bonus: Ausweitung laut Hacker (SPÖ) auch im Pflegebereich möglich

Peter Hacker steht im Interview Rede und Antwort.
Peter Hacker steht im Interview Rede und Antwort. ©APA
Auch für den Pflegebereich wäre laut Gesundheits- und Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) ein Wien-Bonus möglich. Während man bei der stationären Pflege schon jetzt eine gewisse Zeit in Wien gewohnt haben muss, um Leistungen ersetzt zu bekommen, "sind wir im mobilen Bereich noch sehr großzügig", so der Ressortchef im APA-Interview.
Wien-Bonus: Ludwig verspricht Erweiterung

Der Stadtrat nennt einen Zeitraum von “ein bis zwei Jahren”. Bis dahin soll die mobile Pflege “schärfer konturiert” werden. Mehr Details gibt es derzeit dazu noch nicht. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hatte wiederholt angekündigt, den sogenannten Wien-Bonus – wie er jetzt schon in Form kürzerer Wartezeiten bei der Vergabe von Gemeindewohnungen besteht – auf andere Bereiche ausweiten zu wollen. Die Ressorts wurden beauftragt, in ihrem jeweiligen Kompetenzbereich Möglichkeiten zu eruieren.

Hacker betont nun, dass er mit Ludwig übereingekommen sei, den Gesundheitsbereich in dieser Frage außen vor zu lassen. Allerdings: Die Stadt will sich sehr wohl anschauen, wie viel Leistungen sie derzeit etwa in Spitälern für Patienten aus anderen Bundesländern übernimmt. Zwar gebe es im Finanzausgleich eine Vereinbarung bezüglich Mehrleistungen, “aber in bestimmten Bereichen haben wir das Gefühl, dass wir weit über der Abmachung liegen”. Deshalb sei der Krankenanstaltenverbund hier mit einem “schärferen Controlling” beauftragt worden. Aus den Ergebnissen werde man dann Konsequenzen ableiten – denn: “Ich bekenne mich dazu, dass wir die Wiener Stadtregierung sind und nicht der Kompensator für ganz Ost-Österreich.”

Neuorganisation des KAV in eine Anstalt öffentlichen Rechts

Fix geplant für 2019 ist die Neuorganisation des KAV in eine Anstalt öffentlichen Rechts, die Anfang 2020 wirksam werden soll. Die Grundstrukturen dafür, für die noch Hackers Vorgängerin Sandra Frauenberger (SPÖ) verantwortlich zeichnete, würden weitgehend übernommen. Stärker in den Fokus soll allerdings der Servicecharakter für die Patienten gerückt werden. Hacker nennt das eine “klarere Zielorientierung im Hinblick auf Dienstleistungen”, die Krankenhäuser sollen also “kundenfreundlicher” werden.

Das habe man “im Augenblick nicht sehr am Radar, muss ich ehrlich zugeben”. Deshalb sei man immer wieder “auch zu Recht” etwa wegen langer Wartezeiten und überlasteter Ambulanzen in die Kritik geraten. Neue interne Abläufe und Umorganisationen sollen hier Besserung bringen. Und Hacker garantiert ein Interpellationsrecht im Gemeinderat. Die Opposition hatte immer wieder befürchtet, durch die Umstrukturierung künftig keine Anfragen mehr zum riesigen Spitalsbetreiber stellen zu dürfen.

Hacker zum Krankenhaus Nord

Die Genese des von Kostenexplosionen und Zeitverzögerungen schwer belasteten Krankenhauses Nord bezeichnet der Stadtrat als “kein Ruhmesblatt”. Er sei allerdings beruhigt, dass im Zuge der seit Monaten laufenden Untersuchungskommission “keine großen Korruptionsskandale oder Schmiergeldzahlungen” aufgedeckt worden seien. Im Prinzip sei zu den Punkten, die der Rechnungshof bereits massiv kritisiert hatte, nicht mehr viel an Erkenntnissen hinzugekommen. Hackers Schlussfolgerung: “In der Frage, wie baue ich ein Spital, waren wir einfach nicht gut.” Der Frage, wer dafür die politische Verantwortung trägt, wich der Ressortchef aus. Es sei nicht seine Aufgabe, sich darüber den Kopf zu zerbrechen: “Mein Job ist es, die Lehren daraus zu ziehen” – und das werde auch geschehen.

Caritas-Kritik des Bundes “eigentlich nur unerträglich”

“Eigentlich nur unerträglich” findet Hacker die jüngst von der Regierung – allen voran der FPÖ – geübte Kritik an der Caritas. “Wenn man der Meinung ist, man kann so eine wichtige Debatte wie die über die Betreuung von Flüchtlingen führen, indem man über ‘Asylindustrie’ spricht, hört sich jegliche Form von Debatte auf”, so der Wiener Sozialstadtrat in Richtung FPÖ.

Wobei er auf Nachfrage betont, dass mit seiner Kritik auch die ÖVP gemeint sei. Denn man müsse Organisationen wie der Caritas eigentlich danken “und ihnen nicht Dreck nachschmeißen”. Denn derlei Einrichtungen machten einen “hervorragenden Job” – von Behindertenarbeit und Wohnungslosenhilfe über Pflege und Betreuung bis zum Katastrophen- und Rettungsdienst sowie eben in der Flüchtlingsbetreuung. “Und die in einen Mistkübel stopfen zu wollen, um seine eigenen absurden Argumente inhaltlich zu untermauern, ist unerträglich und unerhört”, ärgert sich Hacker. Er habe grundsätzlich nichts dagegen, wenn der Bund plane, mittels einer eigener Agentur die Flüchtlingsbetreuung selbst übernehmen zu wollen. Das könne man aber einfach unspektakulär diskutieren.

Den NGOs in der Flüchtlingsbetreuung Gewinnorientierung vorzuwerfen, versteht der Stadtrat nicht. Im Gegensatz: Die Organisationen würden sogar draufzahlen, “weil das Innenministerium sich seit Jahr und Tag weigert, die Tagsätze den Gehaltsanpassungen folgen zu lassen”. Auslöser war die Aussage von Caritas-Präsident Michael Landau gewesen, wonach die Regierung “Empathie-Defizite” aufweise. Ob Hacker diese Diagnose teilt? “Ich will mich da gar nicht beteiligen, weil ansonsten müsste man rhetorisch fragen: Wo ist überhaupt jene Empathie als Grundvoraussetzung, um dann Defizite orten zu können.”

Stellungnahme Wiens zum Entwurf des Mindestsicherungsgesetzes

So gut wie fertig ist inzwischen die Stellungnahme Wiens zum Entwurf des Mindestsicherungsgesetzes. Sie werde kommende Woche dem Bund geschickt, kündigte Hacker an. Auf genaue inhaltliche Kritikpunkte will er noch nicht eingehen. Sehr positiv dürfte das Schreiben aus dem Rathaus aber nicht ausfallen. “Wenn das so umgesetzt würde, hätten wir das differenzierteste, kunterbunteste Durcheinander im Bereich der Mindestsicherung seit Jahren”, analysiert der Sozialstadtrat mit Verweis auf die im Entwurf enthaltenen Kann-Bestimmungen für die Länder.

Es sei auch nicht klar, ob etwa andere Sozialleistungen wie Gratiskindergarten, Wohnbauförderung oder Kinderermäßigung für den Bädereintritt angesichts der geplanten Bezugsdeckelung dann noch erfolgen dürften: “Diese Fragen kann die Sozialministerin (Beate Hartinger-Klein, FPÖ, Anm.) nicht beantworten.” Voraussichtlich im Februar werde es einen weiteren Termin der Soziallandesräte mit der Ministerin geben. Er, Hacker, glaube jedenfalls, dass der Bund noch einiges überarbeiten werde. Fix sei jedenfalls: “Wurscht, was in dem Gesetz drinnen steht, wir werden in Wien sicherlich niemanden per Bescheid in die Armut schicken. Darüber herrscht überhaupt kein Zweifel.”

Kritik an Erhebung der Herkunft der Eltern

Kritik hatte der Stadtrat unlängst einstecken müssen, nachdem er angemerkt hatte, die geplante Erhebung der Herkunft der Eltern von Mindestsicherungsbeziehern habe es zuletzt im Dritten Reich gegeben. Hacker steht nach wie vor zu der Aussagen: “Ich wüsste nicht, was ich da bereuen sollte.” Er habe lediglich auf ein Faktum hingewiesen. Hier gehe es um einen Mechanismus, der in der Zweiten Republik in einem Behördenverfahren nichts zu suchen habe. “Und ich halte es für wichtig, auf solche Sachen aufmerksam zu machen. Denn wir sollten nicht nur an Gedenktagen mit gerunzelter Stirn über ‘Niemals wieder’ brüten, sondern ‘Niemals wieder’ ist ein Auftrag an uns alle und der gilt tagein tagaus.”

Keinen Applaus findet Hacker schließlich auch für die von der Regierung in Erwägung gezogene Senkung der Sozialversicherungsbeiträge. Über niedrigere Lohnnebenkosten zu diskutieren, sei ja grundsätzlich in Ordnung, aber wenn das die Krankenversicherung beträfe, müsse man schon auch mitdenken, was das bedeute für die Finanzierung des Spitalswesens und des niedergelassenen Bereichs.

“Ich haben nicht gehört, dass der Finanzminister der Meinung ist, dass man das Gesundheitssystem reduzieren soll, dass wir in Wien ein Spital und ein paar Ambulanzen zusperren sollen. Und ich habe nicht gehört, dass wir in Wien ein paar niedergelassene Ärzte rausschmeißen sollen”, so Hacker. Wenn man hier den Ist-Zustand halten wolle, müsse man allerdings sagen, woher das fehlende Geld dann kommen solle. Eine Möglichkeit wäre, Steuermittel heranzuziehen – was Wien übermäßig treffen würde, da hier wegen des hohen Patientenaufkommens auch aus anderen Bundesländern die höchsten Spitalskosten anfielen. “Das wird so also sicher nicht stattfinden”, kündigt Hacker im Falle ähnlicher Pläne Widerstand seitens des Rathauses an.

(Das Gespräch führte Thomas Rieder/APA)

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • Wien-Bonus: Ausweitung laut Hacker (SPÖ) auch im Pflegebereich möglich
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen