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Wien als Drehpunkt für illegale Waffendeals mit dem Balkan

Wien soll in illegale Waffendeals mit dem balkan in den 1990ern verwickelt gewesen sein.
Wien soll in illegale Waffendeals mit dem balkan in den 1990ern verwickelt gewesen sein. ©APA
Wien soll in den 1990er Jahren die Drehscheibe für illegale Waffengeschäfte mit dem Balkan gewesen sein. Das behaupten die slowenischen Enthüllungsjournalisten Matej Surc und Blaz Zgaga in ihrem Buch.

Im zweiten Buch ihrer Trilogie “Im Namen des Staates” (“V imenu drzave”), die sich mit der bisher ungeklärten Waffenaffäre der 1990er Jahre in Slowenien befasst. “Das Unternehmen Scorpion International Services des griechischen Geschäftsmannes Konstantin Dafermos mit Sitz im Wien war vom Sommer 1991 bis mindestens 1994 ein Drehpunkt für Verkauf von russischen und anderen osteuropäischen Waffen”, erklärte Zgaga..

Waffengeschäfte über Wiener Unternehmen

Dafermos wird in dem Buch mit dem Titel “Der Zwischenhandel” (“Preprodaja”) als größter Waffenlieferant für Slowenien und wichtiger Lieferant für Kroatien und Bosnien bezeichnet. Für diese beiden Länder galt ab 1991 ein internationales Waffenembargo. Einen genauen Wert der Waffengeschäfte über das Wiener Unternehmen konnten die Autoren nicht feststellen. “Es ging damals um enorme Beträge”, so Zgaga. Das Unternehmenskonto von Scorpion International Services weist etwa zwischen September 1991 bis September 1993 Einträge von mehr als 86 Mio. damaligen US-Dollar (63,1 Mio. Euro) auf. Darüber hinaus war Dafermos über mehrere Unternehmen tätig.

Wien als Drehpunkt illegaler Waffendeals

Noch vor Dafermos fungierte ein anderes Wiener Unternehmen als Vermittler für Waffenkauf für Slowenien. Mit Vermittlung von Stalleker GmbH hat Slowenien im Juni 1991 – nur wenige Tage vor seiner Unabhängigkeitserklärung – die erste und für die Abwehr des Landes wichtige Ladung von Waffen bekommen.

Da während der Kriege in Kroatien (1991-1995) und Bosnien (1992-1995) ein UNO-Waffenembargo für Ex-Jugoslawien galt, mussten die betroffenen Regierungen nach Umwegen suchen, um an Rüstungsgüter zu kommen. Slowenien war damals als Waffenhändler besonders interessant, da der slowenische Hafen Koper nicht unter internationaler Aufsicht stand.

Slowenien soll sich an illegalen Geschäften beteiligt haben

Laut den Autoren beteiligte sich sogar der slowenische Staat an den illegalen Geschäften, entweder als Vermittler oder Transitland. Nur von Herbst 1991 bis Frühjahr 1992 seien mehr als 4000 Tonnen an Waffen über den Hafen Koper nach Kroatien und Bosnien transportiert worden, erklärte Zgaga. “Es ist fast unmöglich, den Wert der Provisionen festzustellen, da es sich um Koffer mit Bargeld handelte”, so der Journalist. Noch früher, schon während des Zehn-Tage-Krieges in Slowenien (Juli 1991) bis Jahresende 1991, verkaufte Slowenien Waffen aus eigenen Lagern an Kroatien. Diesen Teil des nach konservativen Schätzungen 160 Mio. US-Dollar schweren Geschäfts beschreiben die Autoren in ihrem ersten Buch “Der Abverkauf” (“Odprodaja”).

Die Waffengeschäfte seien mit Wissen des damaligen slowenischen Verteidigungs- und Innenministeriums abgewickelt worden, stellten die Journalisten in ihren Recherchen fest. “Die Hauptakteure sind (der damalige, Anm.) Verteidigungsminister Janez Jansa und (der damalige, Anm.) Innenminister Igor Bavcar. Außerdem der (damalige, Anm.) Chef des Heeresnachrichtendienstes VOMO, Andrej Lovsin, und der (damalige, Anm.) Leiter des Staatssicherheitsdienstes VIS, Miha Brejc”, so Zgaga. In ihrem dritten Buch wollen die beiden Autoren nun enthüllen, wie die genannten Hauptakteure “in den vergangenen 20 Jahren ihre Handlungen verhüllt haben, die Justiz korrumpierten und den Staat in Geiselhaft nahmen”. Das Buch soll Anfang 2012 erscheinen.

Drei Jahre Arbeit für Enthüllungsarbeit

Für ihre Trilogie haben die Autoren mehr als drei Jahre lang recherchiert. Ihre Erkenntnisse basieren auf zahlreichen offiziellen Dokumenten der damaligen Zeit – an mehr als 6000 Dokumente konnten sie über den Informationsbeauftragten kommen -, sowie auf Gesprächen mit Personen, die in die Deals involviert gewesen sein sollen. Surc und Zgaga erhielten heuer für ihre Enthüllungsarbeit einen Anerkennungspreis der Zentraleuropäischen Initiative (CEI) und der in Wien ansässigen Südosteuropa-Medienorganisation (SEEMO).

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