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Wieder Gewalt bei Protesten in Serbien

Sechs Polizisten bei Protesten gegen Präsident Vučić (l.) in Belgrad verletzt und 38 Demonstranten festgenommen.
Sechs Polizisten bei Protesten gegen Präsident Vučić (l.) in Belgrad verletzt und 38 Demonstranten festgenommen. ©APA/AFP
Nachdem die Proteste in Serbien in den vergangenen neun Monaten mehr oder weniger ruhig verlaufen sind, eskalierte die Situation in dieser Woche auf landesweiter Ebene.

Konfrontationen zwischen Gegnern der Behörden und deren Anhängern sowie der Polizei wiederholen sich jeden Abend. Wie viele Menschen verletzt oder festgenommen wurden, weiß derzeit wohl niemand. Ein Ende der Konflikte ist nicht abzusehen. Mittlerweile wird selbst aus Regierungskreisen vorsichtige Kritik laut.

Den konkreten Anlass für einen Gewaltausbruch hatten am Dienstagabend die Geschehnisse in der Vojvodina-Kleinstadt Vrbas geliefert, wo die Anhänger der seit 2012 regierenden Serbischen Fortschrittspartei (SNS) die Regierungsgegner mit Feuerwerkskörpern, Steinen, Eisflaschen und sonstigem mehr bewarfen. In der Interpretation der Behörden waren die Geschehnisse allerdings umgekehrt verlaufen, was landesweit die Wut von SNS-Gegnern nur noch erhöhte.

16-Jähriger von Polizei verprügelt

Diese wüsten Szenen wiederholten sich seitdem auch bei Protesten anderswo in Serbien. Die Wut wurde durch die übermäßige Gewalt der Polizei nur noch gesteigert. Besonders dramatisch wurde jene Szene aus Valjevo empfunden, wo mehrere Polizisten einen auf der Straße liegenden 16-Jährigen am Donnerstagabend brutal verprügelten. Nicht weniger dramatisch war die Aufnahme aus einer Polizeistation, auf welcher etwa 20 junge Menschen auf dem Boden kniend, mit dem Gesicht zur Wand und den Händen am Rücken zu sehen sind, während Polizisten hinter ihnen stehen.

Er sei kein Diktator, meinte Serbiens Präsident Aleksandar Vucic bei einem dieswöchigen Besuch von Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) in Belgrad. Laut der serbischen Verfassung hat der Präsident eigentlich nur sehr bescheidene Befugnisse. Doch Vucic hat längst alle wichtigen Kompetenzen, die eigentlich beim Ministerpräsidenten liegen, an sich gezogen. Der seit Mitte April amtierende Ministerpräsident Djuro Macut ist so gut wie unsichtbar.

Kritik vom Koalitionspartner

Parteiinterne Probleme dürfte dieser Tage der Innenminister Ivica Dacic, langjähriger Chef der mitregierenden Sozialistischen Partei (SPS), die in den frühen Neunzigerjahren vom damaligen Präsidenten Slobodan Milosevic gegründet worden war, haben. Einer Aussage des langjährigen SPS-Spitzenfunktionärs Goran Trivan war zu entnehmen, dass die Partei nicht mehr unkritisch ihren Vorsitzenden unterstützt. Die Partei müsse sich reformieren, meinte Trivan. Die Parlamentswahlen seien der Ausweg aus der aktuellen Krise im Lande, wurde er ferner vom regierungskritischen TV-Sender Nova zitiert. Sein Parteichef Dacic hatte sich noch vor wenigen Wochen gegen Neuwahlen ausgesprochen.

Die politische Krise im Lande war durch den Einbruch des Bahnhofvordaches am 1. November ausgelöst worden, bei dem 16 Personen ums Leben gekommen waren. Der Bahnhof war kurz zuvor renoviert worden. Experten führten den Unfall in erster Linie auf Korruption bei den Renovierungsarbeiten zurück.

(APA)

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