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Wie Verschwörungstheoretiker mit Telegram Geld machen

Telegram wird zur kommerziellen Plattform für Verschwörungstheoretiker.
Telegram wird zur kommerziellen Plattform für Verschwörungstheoretiker. ©APA/AFP/KIRILL KUDRYAVTSEV (Symbolbild)
In österreichischen Telegram-Netzwerken wird verstärkt versucht, durch Verschwörungstheorien Geld zu machen. Rechtsextreme Kanäle sind zunehmend Teil professioneller Vertriebsnetzwerke und werben für Produkte wie Nahrungsergänzungsmittel, Krisenvorsorgeartikel und politisches Merchandise. Eine Studie der Bundesstelle für Sektenfragen hebt die Gefährdung der Demokratie hervor.

Die "stabilisierte Gegenöffentlichkeit" entstand aus der Protestkommunikation der Coronapandemie. Akteure nutzen ihre Reichweite verstärkt, um Spenden zu sammeln und Produkte sowie Dienstleistungen zu vermarkten. Dabei werden neue Bedrohungsszenarien geschaffen, um Misstrauen gegenüber demokratischen Institutionen und wissenschaftlichen Erkenntnissen zu fördern und wirtschaftliche Interessen zu sichern.

Verschwörungstheoretiker mit inhaltlicher Verschiebung

In Phasen kollektiver Verunsicherung steige auch die Anfälligkeit für einfache Deutungsmuster, exklusive "Wahrheiten" und vermeintlich alternative Lösungsangebote, so die Studienautoren Felix Lippe und Philipp Pflegerl, die von einer "massiven Professionalisierung" der Szene sprechen. Die Nachfrage werde gezielt adressiert und kommerziell verwertet. Die Zahl der veröffentlichten Nachrichten steigt dabei weiter an und überschritt im Sommer 2024 mit knapp 60.000 Beiträgen pro Monat erstmals den bisherigen Höchststand aus der Corona-Zeit.

Im Verlauf des Untersuchungszeitraums lässt sich dabei eine inhaltliche Verschiebung auf Telegram beobachten: "Wie die Analyse zeigt, konnten einige Akteurinnen und Akteure während der Pandemie erhebliche Reichweiten ausbauen und nutzten diese nun verstärkt, um ihre Anhängerschaft für monetäre Zwecke anzusprechen", so Studienautor Lippe. Die monetären Handlungsaufrufe überstiegen zum Jahresbeginn 2024 mit knapp 2.300 Nachrichten pro Monat den Höchstwert, den politische Handlungsaufrufe je erreichen konnten.

Wie die Analyse der monetären Aufrufe zeigt, stellen Spendenaufrufe die mit Abstand häufigste Form der Mobilisierung im untersuchten Netzwerk dar (31,5 Prozent der Handlungsaufrufe). Darüber hinaus zeigt sich im untersuchten Netzwerk auch eine zunehmende Kommerzialisierung, die 16,2 Prozent der Handlungsaufrufe betrifft. Im Zentrum stehen dabei insbesondere alternativmedizinische Präparate, Nahrungsergänzungsmittel, politisches Merchandise, Krisenvorsorgeartikel und verschwörungstheoretisch geprägte Literatur. Ergänzt wird dieses Feld durch Coachingformate und energetische Heilangebote.

Österreichische rechtsextreme Plattformen als "Exportschlager"

Vorwiegend würden sich rechtsextreme Gruppen oder Personen dieser Methoden bedienen, betonen die Studienautoren. Der Anteil links deklarierter Akteure oder Akteurinnen sei verschwindend gering, wenn auch grundsätzlich vorhanden. Das Publikum ist jedenfalls nicht rein auf Österreich beschränkt. Vor allem Deutschland sei hier vermehrt im Fokus der Verschwörungserzähler und -erzählerinnen. Dort seien österreichische rechtsextreme Plattformen ein echter "Exportschlager".

Kritik der Freiheitlichen, die Bundesstelle würde mit ihrer Tätigkeit gegen Regierungskritiker vorgehen, konterte Geschäftsführerin Ulrike Schiesser, dass man unabhängig und weisungsfrei agiere. Dass das Monitoring-Projekt aufgrund von Sparmaßnahmen der Regierung nicht weiter betrieben werden kann, bedauerten die Verantwortlichen. Man habe in zwei Jahren Fachwissen aufgebaut, für das es keine andere Stelle gebe. Für eine solide Fortführung bräuchte man rund 180.000 Euro.

Die FPÖ hielt sich auch nach der Veröffentlichung des Berichts mit erneuter Kritik nicht lange zurück. "Es geht hier nicht um Sekten. Es geht um Zensur", meinte Generalsekretär Christian Hafenecker in einer Aussendung. Die Bundesstelle wolle mit ihrer "politisch motivierten Diffamierungskampagne jene mundtot machen, die sich nicht dem offiziellen Narrativ unterwerfen".

(APA/Red)

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