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Wie man Hooligans das Spiel verderben möchte

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Österreich wird in genau einem Jahr mehr als zehn Millionen „Einwohner" haben. Denn zu den üblichen 8,3 werden sich laut Innenministerium noch weitere zwei Millionen hinzugesellen.

Die EURO 2008 lockt massenhaft Fans aus dem Ausland an. Doch Kopfzerbrechen bereitet der Exekutive eine vergleichsweise winzige Gruppe von Fußball-Anhängern: die Hooligans. Mit einem jüngst ausgetüftelten System will man der gewaltbereiten Szene das Spiel im wahrsten Sinn des Wortes verderben.

Rückblende auf den 4. März 2007: Im Wiener Horrstadion fliegen beim Derby Austria gegen Rapid nicht nur die Fetzen, sondern auch Fäuste und Sitzbänke. Die Bilanz lautete: 6 verletzte Zivilpersonen, 4 verletzte Polizisten, 15 Verhaftungen, 150 Anzeigen, 5 Verurteilungen, hoher Sachschaden. „Das war eine sehr unangenehme Situation, da sind wir international nicht gut dagestanden. Aus diesem Grund war eine gesetzliche Änderung notwendig, damit so etwas nicht mehr vorkommt”, erinnerte sich Innenminister Günther Platter (V) am Donnerstag im Rahmen eines Pressegesprächs in Wien mit Grauen an die Ausschreitungen am Verteilerkreis.

Doch eben diese Gewaltexzesse haben den Nachdenkprozess der Sicherheitsverantwortlichen für die EURO 2008 gehörig beschleunigt. Für die Dauer der Europameisterschaft sollen nicht nur die Stadien sowie deren näheres Umfeld zur Hochsicherheitszonen werden, das ganze Land müsse weitgehend frei von gewaltbereiten Fans sein. Dass in den Arenen selbst alles glatt läuft, davon geht Platter aus: „Ich glaube, dass wir uns dort leichter tun, als bei den Public-Viewing-Plätzen.” Einen reibungslosen Ablauf soll vor allem das neue Sicherheitspolizeigesetz (SPG) garantieren, das am Mittwoch im Ministerrat eingebracht wurde, im Herbst im Nationalrat beschlossen wird und am 1. Jänner 2008 in Kraft treten soll.

Und mit eben diesem neuen SPG will man den Hooligans an den Kragen. Wochen vor einem EM-Spiel bekommen die in der Hooligan-Datei erfassten Personen eine Mitteilung. Darin enthalten ist eine Aufforderung, sich am jeweiligen Spieltag auf einer Polizeistation zu melden – und dort bis zum Schlusspfiff der Partie zu verweilen. Wer gegen diese Auflagen verstößt, kann bis zu 24 Stunden festgehalten werden. „Ich will, dass wir die selben Möglichkeiten haben wie bei der WM 2006 in Deutschland, ich bestehe auf diese Maßnahmen. Die Verantwortung hat schließlich der Innenminister”, bekräftigte Platter.

Die rund 150 szenekundigen Beamten sollen schon Wochen vor Beginn der sportlichen Großveranstaltung die „Risikofans” beobachten. Egal, von wo in Österreich sich ein Hooligan auf den Weg Richtung Stadion macht, wird ihm sein Bewacher auf den Fersen sein, um ihn zum Kommissariat „umzuleiten”. Für Störenfriede aus dem Ausland soll die Reise zur EURO 2008 bereits an der Grenze zu Ende sein. Spezielle bilaterale Abkommen sowie die teilweise Aufhebung der Schengengrenzen wirken diesbezüglich unterstützend. Erfasste Hooligans können dann nach dem Fremdenpolizeigesetz zurückgewiesen werden. Sollten sich dennoch ein paar Randalierer durchmogeln, dürfen die Beamten erst dann „zugreifen”, wenn es Angriffe gegen „Leib, Leben oder Eigentum” gibt.

Während der Dauer der EURO werden die Austragungsorte von einem bunten Sammelsurium internationaler Polizeiuniformen geschmückt sein. Wirklich einschreiten dürfen jedoch nur die Kollegen aus Deutschland. Allein ihre Präsenz soll schon dafür sorgen, dass die 550.000 Stadionbesucher sowie die restlichen 1,5 Millionen Fans ohne Eintrittskarte ein einigermaßen gewaltfreies Fußballfest feiern können.

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