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Wie gut finden Sie Sebastian Kurz als Integrationsstaatssekretär?

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Sebastian Kurz wird am Donnerstag als neuer Integrationsstaatssekretär angelobt. Vienna Online hat mit zwei Migrationsvertretern gesprochen, die sich mit der heiklen Thematik "Integration" auskennen: Der Obmann der Türkischen KULTURgemeinde in Österreich, Dipl.-Ing. Birol Kilic, und Darko Miloradovic, Stv. Vorsitzender des Dachverbandes serbischer Vereine in Wien.
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Sebastian Kurz kompetent genug?

vienna.at: Der 24-jährige Obmann der Jungen Volkspartei, Sebastian Kurz, wurde gestern im ÖVP-Bundesparteivorstand als neuer Integrationsstaatssekretär im Bundesministerium für Inneres vorgestellt. Ihre langjährige Forderung nach einer solchen Position in der Regierung scheint nunmehr erfüllt. Sind Sie Zufrieden?  

Birol Kilic: Ich wünsche Ihm von Herzen viel Erfolg und Glück. Es ist hier natürlich eine gesunde Skepsis anzubringen, da wir wissen, dass man besonders in Österreich über das Thema Integration der „AusländerInnen, MigrantInnen“ Wahlen gewinnt, in dem man sich als Feuerlöscher verkauft, aber eigentlich Brandstifter ist, und somit alle anderen auf diesem Gebiet hetzt und so erreicht, dass diese auch einen angeblich harten, aber falschen Kurs einschlagen, der für das zukünftige Österreich langfristig negative Folgen haben wird. Diese „Geiselnahme“ aller MigrantInnen, egal ob sie integriert oder nicht integriert sind, wird von manchen österreichischen vorurteilsbehafteten „Schreibtischtätern“ in aller Öffentlichkeit bildlich gesprochen wie ein rohes Stück Fleisch für Alligatoren verwendet.

Je mehr das Publikum Fleisch und Blut sehen will, desto mehr lebendiges Fleisch gibt man ihm. Auf der anderen Seite versuchen manche angeblichen überangepassten Migrationsexperten und Vertreter der MigrantInnen anstatt das Problem als Feuerlöscher langfristig zu lösen, ganz im Gegenteil als Brandstifter opportunistisch zu agieren. Also hier haben wir lauter Feuerlöscher, die eigentlich Brandstifter sind. Noch dazu kommt, dass hier das Integrationsministerium leider bis jetzt nur für die Zuschauer, um Applaus zu ernten, Fußball gespielt hat, im Endeffekt aber das Match 10:1 verloren hat. Das ist so, als ob Madonna oder Angelina Jolie mit einem armen schwarzen oder asiatischen Baby während einer Pressekonferenz erzählen würde, dass sie das Kind als 100. Adoptivkind aufnehmen möchte und wie glücklich und gutherzig sie nicht seien. Oder wie im Film “Brüno”, in welchem Sacha Baron Cohen den alleinerziehenden Vater eines schwarzen Babys, das er in Afrika für ein iPhone eingetauscht hat, spielt. So wird über Migratinnen in Österreich Integrationspolitik betrieben. Hier ist die Mentalität gleich. Gute PR für sie.

Aber leider eine inhaltslose und verlogene, die für Österreich langfristig nichts bringt. Und hier kommt ein 24-jähriger junger Mann aus Hietzing, der einfach die Integration in den Bezirken Ottakring oder Fünfhaus unterstützen und die damit entstehenden Probleme lösen will. Bedenklich aber wie gesagt, wir wünschen ihm von Herzen viel Erfolg. Es ist eine spannende Aufgabe, die wir mit Skepsis verfolgen, aber sicher auch mit konstruktiver und zielführender Kritik unterstützen werden.

Darko Miloradović: Nein. Es ist mehr als Verantwortungslos das die ÖVP für eine so wichtige Position eine Person nominiert die keinerlei Berufs- und Politikerfahrung hat. Das ist das heikelste politische Thema dieses Jahrzehnts. Es ist daher bedauerlicherweise davon auszugehen, dass das Gruselkabinett Spindelegger aufgrund mangelnder Kompetenz und offensichtlicher Ignoranz kläglich an dieser wichtigen Frage versagen wird. Das ist schlecht für die Menschen und schlecht für unser Land!

vienna.at: Sie werden für die jeweilige Community in Wien und Österreich als Opinion-Leader wahrgenommen. Wie schätzen Ihrer Meinung nach die Austro-AfrikanerInnen, Austro-SerbInnen und Austro-TürkInnen die österreichische Integrationspolitik ein?

Darko Miloradović: Langweilig, Arrogant, Ignorant und Heuchlerisch.  

Birol Kilic: Sehr schlecht. Freunderlwirtschaft und unnötige Migrantenpolitik, nur um Applaus zu ernten, stehen im Vordergrund. Mit meiner obigen Stellungnahme habe ich diese Frage, so glaube ich, schon beantwortet. Allgemein gesehen bin ich aber ein Optimist.

vienna.at: Was sollte aus Ihrer Sicht verändert werden?

Birol Kilic: Die Medien und die Politik sollte verantwortungsvoll mit diesem Thema umzugehen. Die Migrationsexperten oder Vertreter der MigrantInnen sollten noch durchleuchtet werden, ob Sie hier vorne nur den netten Feuerlöscher spielen und nicht eigentlich die wahren Brandstifter sind. Keine Partei aus dem Ausland soll hier in Österreich als Verein registriert werden und Parteipolitik aus der ehemaligen Heimat betreiben. Österreich sollte kein Hinterland mancher poltischer Parteien oder Sekten sein. Die österreichischen Politiker und Bürokraten machen genau diese Gruppe salonfähig und anschließend schimpfen oder beschweren sie sich über das Thema der Integration. Das ist Doppelmoral bis hin zu Dreifachmoral. Wir leben nicht mehr in der Monarchie, wo man hinter allen Türen bauchtanzen muss, damit maximaler Gewinn und Profit gesichert wird.

Darko Miloradović: Aufwertung des Ressorts zu einem eigenen Integrationsministerium (Wien zeigt mit dem Ressort Integration wie es geht). Die Parteien müssen ihre „wahren Entscheidungsgremien und Machtzirkel“ für Menschen wie uns öffnen, wenn es ein paar Abgeordnete mit Migrationshintergrund gibt finde ich das zwar nett aber mehr nicht. Die Medien sollten endlich beginnen sich inhaltlich ehrlicher und informierter mit diesem Thema zu beschäftigen. Eine Ergänzung der Verfassung in dem die gesellschaftliche Vielfalt Österreichs festgeschrieben wird.

vienna.at: Sie bzw. Ihre Eltern sind ursprünglich aus einem anderen Land nach Österreich zugewandert. Wir würden Sie das Zusammenleben der Austro-MigrantInnen untereinander beurteilen? Läuft alles Reibungslos oder gibt es vielleicht doch Probleme aufgrund der unterschiedlichen Kulturen und Herkunftsländer?

Birol Kilic: Nein. Ich bin nach Österreich aufgrund des Studiums gekommen. Es gibt nicht wegen der verschieden Kulturen Probleme, sondern wegen des Sozial- und Bildungsunterschieds. Noch dazu kommt, dass man den Glauben respektieren und umgekehrt, dass Gläubige aufpassen sollten, dass der Glaube nicht politisiert wird. Man sollte österreichische Kultur und Identität schmackhaft machen und nicht umgekehrt…

Darko Miloradović: Gut. Viele Menschen mit Migrationshintergrund haben die gleichen sozialen Probleme, Stichwort Beschäftigung und Bildung, zu bewältigen und insofern gibt es eine gewisse Solidarität untereinander. Natürlich gibt es auch Spannungen aber das würde ich nicht auf die Herkunft oder Kultur zurückführen, sondern das hat wohl eher mit den üblichen Wiener Zwistigkeiten wie z.B. Nachbarschaftskonflikte oder Ähnlichem zu tun.

vienna.at: Vielen Dank für das Gespräch.

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