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Wie die grüne Hochhauslobby in Wien mit der Demokratie umspringt

©APA
Gastkommentar von Andreas Unterberger: Es macht wirklich sprachlos, in welchem Ton und mit welchen Argumenten das Wiener Rathaus Bürger behandelt, die in aller Devotheit gewagt haben, eine Petition einzubringen.

Diese hatte sich gegen den Bau eines 73 Meter hohen Hochhauses neben dem Konzerthaus und damit implizit wohl auch gegen gewaltige Profitinteressen gerichtet. Bürger kusch! Nicht anders lässt sich das Schreiben einer „Maga Alena Sirka-Bred“ im Auftrag der für das Skandalprojekt zuständigen grünen Stadträtin Vassilakou auf den Punkt bringen.Wer diese Zusammenfassung auf zwei Worte für übertrieben hält, möge sich etwa den letzten Satz des Schreibens zu Gemüte führen. Nachdem zuvor die Stadtbild-Schützer kalt abgeduscht worden sind, lautet dieser: „Abschließend darf ich Ihnen mitteilen, dass der Status Ihrer Petition auf der Online-Plattform nunmehr auf „Beendet“ gesetzt wird.“

Aus. Zu. Fertig. Beendet. Und da hat es wirklich Bürger gegeben, die all die Schmähs der Obrigkeit geglaubt haben, dass die Untertanen Mitsprache, direkte Demokratie hätten. In Wahrheit heißt das unverblümt: „Wir da oben wissen es tausendmal besser als ihr da unten. Und jetzt belästigt uns nicht mehr!“

Diese Haltung wird in etwas holprigem Deutsch mit allerlei Zumutungen im Geist der Projektbetreiber garniert. Natürlich steht nicht in dem Schreiben, dass die sauteuren Luxuswohnungen realistischerweise gewinnbringend nur an russische und ukrainische Oligarchen anzubringen sind.

Allen Ernstes wird etwa auch die „Tatsache“ gerühmt, dass das projektierte Hochhaus „als Punkthochhaus und nicht als Scheibe im Stadtbild in Erscheinung treten wird“. Was auch immer ein „Scheibe“ ist. Offenbar etwas ganz Fürchterliches. Deshalb sollen wir uns offenbar über ein „Punkt“hochhaus freuen. Was auch immer das wieder sein soll. Freilich kann es nicht das vorgelegte Projekt sein. Denn nach aller Mathematik hat ein Punkt keine Ausdehnung. Weder in die Breite noch in die Höhe. Aber bei so vielen Unwahrheiten fällt der Mangel an Logik auch nicht mehr weiter auf.

Noch frecher ist die Behauptung, dass durch das Projekt „das denkmalgeschützte Gebäude des Wiener Konzerthauses ein bedeutend attraktiveres Vorfeld im Vergleich zum jetzigen Zustand erhalten würde.“ Damit wird erstens den Untertanen suggeriert, dass das Konzerthaus ja jetzt in einem unattraktiven Zustand wäre. Und damit wird uns zweitens klargemacht, dass wir doch dankbar dafür sein sollten, dass wenigstens das Konzerthaus denkmalgeschützt ist.

Offenbar kann das ja auch anders sein …

Bedeutung des Konzerthauses

Dann rühmen sich die Rathaus-MächtigInnen gleich absatzweise der Bedeutung des Konzerthauses fürs Wiener Musikleben! Unglaublich. Denn in Wahrheit bettelt das Konzerthaus seit Jahren erfolglos beim Rathaus um Geld, damit es die Schulden für den – längst abgeschlossenen! – eigenen Umbau endlich abzahlen kann. Der auch architektonisch extrem gut gelungen ist und Wiens Schönheit samt den Einnahmen des Wien-Tourismus zweifellos vergrößert hat.

Bisher hat man aber dennoch im Rathaus die Bedeutung des Konzerthauses brutal ignoriert. Man berühmt sich jetzt zwar seiner architektonischen wie musikalischen Pracht; aber Geld steckt Frau Vassilakou lieber in Radfahrkurse für Immigrantinnen (ja wirklich, das finanziert sie mit unseren Steuergeldern).

Köstliches – in Wahrheit freilich auch da wieder vor allem: ärgerliches – Wunschdenken ist auch die Formulierung der schreibenden Maga, „dass es bei der weiteren Projektentwicklung vermieden werden sollte, den Focus allein auf die Höhenfrage zu richten.“ Das hätten die Damen wohl gerne.

Statt dessen habe die Bürger den „Blickwinkel“ (vermutlich gemeint: den Blick) „auf die stadträumlichen Qualitäten zu richten“. Freilich: Bis auf griechische Stadträtinnen und ihre Schreiberinnen weiß kein Wiener so recht, was denn diese „stadträumlichen Qualitäten“ eigentlich sein sollen.

Ja, sie behaupten sogar, dass ein „schlanker, höherer Baukörper die Authentizität des Welterbes Wiener Innenstadt weniger beeinträchtigen“ könne als ein „niedriger, in seiner Ausformung aber sehr massiver Baukörper“.

Die Möglichkeit, das Kulturerbe Wiens vielleicht einmal gar nicht zu beeinträchtigen, kommt den Rathausgrünen gar nicht mehr in den Sinn.

Und so geht es weiter mit intellektuellen Zumutungen, inhaltsleeren Phrasen und unglaublichen Behauptungen. Es ist wirklich zum Kotzen. Solche Politiker und Beamten werden von unserem Steuergeldern auch noch dafür bezahlt, dass sie widerlichen Geschäftemachern und den dahinterstehenden Banken mit lachhaften Argumenten die Mauern machen.

Sie erwähnen nicht einmal, dass der Eislaufplatz, der dem Hochhaus Platz machen muss, halt einfach auf öffentlichen Grund (Straße, Gehsteig, Grünstreifen) verschoben wird. Was ja alleine schon eine profitbringende Privatisierung öffentlichen Eigentums ist. Sie erwähnen auch nicht die weiteren Ausbaupläne für das – ohnedies jetzt schon unerträglich protzige – Hotel Intercontinental. Das hoch UND breit ist.

Offenbar wollen Rotgrün aber das alles jetzt sehr rasch durchziehen. Stehen doch die Umfragen für sie so deprimierend, dass sie nach den nächsten Wahlen nicht einmal mehr zu zweit die Mehrheit für all ihre Sauereien haben werden . . .

Über den Autor

Der Autor war 14 Jahre Chefredakteur von „Presse“ bzw. „Wiener Zeitung“. Er schreibt unter www.andreas-unterberger.at sein „nicht ganz unpolitisches Tagebuch“, das heute Österreichs meistgelesener Internet-Blog ist.

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