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Wie die anderen - Kritik und Trailer zum Film

Filmemacher Constantin Wulff nähert sich mit seinem Dokumentarfilm dem schwierigen Arbeitsalltag in der Kinder- und Jugendpsychiatrie von Tulln. Im Stile des Direct Cinemas zeigt Wulff die Schicksale von betroffenen Kindern und Jugendlichen, vor allem aber das Bemühen der Klinikmitarbeiter rund um den Leiter und Autor Paulus Hochgatterer. Die Institution und ihre gesellschaftliche Funktion stehen dabei im Fokus, womit Wulff eine Diskussion über Patientenschutz und ärztliche Schweigepflicht ausgelöst hat.

Die Premiere auf dem Filmfestival Diagonale verlief außerordentlich positiv. Das lag nicht nur daran, dass Constantin Wulffs Dokumentarfilm “Wie die anderen” überaus sensibel gedreht ist, sondern auch daran, dass junge Menschen, die man zuvor als Patienten einer Kinder- und Jugendpsychiatrie erlebt hatte, plötzlich stolz auf der Bühne standen. Geheilt entlassen, dachte sich wohl mancher Besucher.

Kurzinhalt zum Film

Seither ist allerdings eine Debatte um die Legitimität der im Film und in der dazu gehörigen PR-Arbeit verwendeten Aufnahmen entstanden, um die Fragen von Patientenschutz und ärztlicher Schweigepflicht. Man habe selbstverständlich zuvor die Einwilligung aller im Film vorkommenden Personen oder deren gesetzlicher Vertreter eingeholt, versicherte Wulff. Das könne in so sensiblen Bereichen den prinzipiellen Schutz von Minderjährigen allerdings nicht außer Kraft setzen, deponierten zwei Psychiater sowie die Kinder- und Jugendanwältin der Stadt Wien im “Falter”. Mit dem regulären Österreich-Start des Films am 11. September kann sich nun jeder selbst ein Bild davon machen. Unverpixelt.

“Alle fragen sich, warum ich so seltsam bin”, gibt zu Beginn ein Kind beim Betrachten einer Zeichnung seiner Betreuerin in überlegten Worten zu Protokoll. “Keiner weiß eine vernünftige Erklärung. Derweil wäre ich gerne genauso wie die anderen.” Touche! Genau darum geht es. Mit großer Genauigkeit sehen Wulff und sein Kameramann Johannes Hammel dem Personal dabei zu, wie sie versuchen dahinterzukommen, was in ihren Patienten vorgeht. Keine bildgebenden Maßnahmen, keine Laborwerte helfen ihnen dabei (oder jedenfalls nur selten). Es geht ums Reden und ums Verstehen. Und keine Musik, keine Off-Kommentare lenken davon ab.

Wulff hatte mit seinem Direct-Cinema-Ansatz des beobachtenden Kinos in seinem Film “In die Welt” die Arbeit einer Geburtsklinik dokumentiert. Man versteht, dass der Psychiater Paulus Hochgatterer, der als Autor bekannte Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Landesklinikum Tulln, von der Idee angetan war, dasselbe Konzept an der von ihm geleiteten Klinik umzusetzen – als Signal der Öffnung, der Enttabuisierung, der Normalisierung. Hier tun hoch qualifizierte, hoch empathische Menschen unter erschwerten Bedingungen ihre Arbeit.

Kritik zum Film “Wie die anderen”

Das Konzept geht ebenso beglückend wie bedrückend auf. Denn Patienten, Ärzte und Betreuungsteam werden auf Augenhöhe gezeigt. Teamsitzungen und Supervisionen erweisen sich mitunter als spannender denn Patientengespräche oder Therapiestunden. Und Aggressionsabbau gilt es überall zu leisten. Eine der eindrucksvollsten Szenen ist eine Sitzung, in der dem Klinikleiter von seinen Mitarbeitern angesichts eklatanter Unterbesetzung die unhaltbaren Arbeitsbedingungen am Haus um die Ohren geschleudert werden.

Nicht der Chef Hochgatterer ist Protagonist des Films, sondern seine Oberärzte Ruth Pöchacker, Peter Machowetz und ihre Kollegen. Und natürlich die Kinder und Jugendlichen, deren steinigen Weg der Selbstfindung und Heilung man mit Betroffenheit und Respekt verfolgt. Dass man ihnen dabei in die Augen sehen kann, ist Voraussetzung dafür, dass dieser Film funktioniert. Denn es geht nicht ums Wegdrehen sondern ums Hinsehen.

(APA)

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