AA

Widerstand gegen Asylzelte: Jetzt trommelt Karner die Landeschefs zusammen

Wegen der dramatischen Quartiersituation für Flüchtlinge lädt Karner die Länder zu einem Gipfel.
Wegen der dramatischen Quartiersituation für Flüchtlinge lädt Karner die Länder zu einem Gipfel. ©APA/EVA MANHART
Aufgrund des anhaltenden Widerstands gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in den Bundesländern, lädt Innenminister Karner am Mittwoch die Landeshauptleute zu einer Konferenz.

Die zunehmend dramatischer werdende Problematik der Unterbringung von Asylwerbern führt am heutigen Mittwoch zu einem Spitzengespräch zwischen Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und den Landeshauptleuten. Am Abend kommt es zu einem Austausch, der zumindest teils per Video stattfinden wird. Angesichts des anhaltenden Widerstands gegen die Unterbringung von Flüchtlingen droht nach Ansicht der Bundeseinrichtungen Obdachlosigkeit.

Angespannte Situation bei Flüchtlingsunterbringung

Diese zu vermeiden ist Ziel von Ressortchef Gerhard Karner (ÖVP) und der Bundesbetreuungsagentur. Am Mittwoch hatte auch das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR an die Länder appelliert, in jeder Gemeinde zumindest einige Plätze zu schaffen, womit die akute Problematik gelöst wäre.

Die Situation ist insofern komplex, als neben einer vergleichsweise großen Anzahl an Asylwerbern auch Personen, die vor der russischen Aggression in der Ukraine geflüchtet sind, in die Grundversorgung fallen. Dazu kommt, dass außer Wien und dem Burgenland kein Bundesland die in einer Bund/Länder-Vereinbarung vorgegebene Quote zur Flüchtlingsunterbringung erfüllt.

Bundesländer lehnen Zelte für Asylwerber vehement ab

Speziell Tirol und Kärnten liegen weit hinter den von ihnen selbst mit vereinbarten Erfordernissen. Versuche des Bundes, mit Zelten auf Bundeseinrichtungen zumindest symbolisch Erleichterung zu schaffen, werden ebenfalls torpediert. Mit Bescheiden, die von der Bundesbetreuungsagentur bekämpft werden, wurde sowohl in der Tiroler Gemeinde Absam als auch in St. Georgen im Attergau in Oberösterreich erreicht, dass dort errichtete Zelte abgebaut werden. Auch ein neues Flüchtlingsquartier in Spittal an der Drau in Kärnten hängt mittlerweile wieder in der Schwebe.

Erschwert wird die Situation dadurch, dass heuer besonders viele Flüchtlinge aus Nordafrika und Indien über Visa nach Serbien und von dort in die EU kommen. Viele von ihnen wollen zwar in andere Länder weiter ziehen, stellen aber nach dem Aufgriff in Österreich einen Asylantrag und müssen zumindest fürs erste hier untergebracht werden, ehe sie - an sich illegal - in ihre eigentlichen Zielländer weiter ziehen.

Karner lädt Landeshauptleute zu Asyl-Gipfel

Die Problematik, dass die Länder weder Zelte wollen noch andere Einrichtungen anbieten, ist nun der Anlass für den Video-Gipfel. Die Bundesbetreuungsagentur, deren Chef Andreas Achrainer alles andere als ein rechter Hardliner ist, hat in den vergangenen Tagen klar gemacht, dass Obdachlosigkeit droht, wenn keine Quartiere geschaffen werden. Denn die Bundeseinrichtungen sind voll. So ist etwa die Erstaufnahmestelle Traiskirchen um ein Vielfaches mehr belegt, als dies eigentlich vereinbart war.

FPÖ fordert "konsequenten Asyl-Stopp"

Von SPÖ und Freiheitlichen hagelte es schon im Vorfeld Kritik. SP-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner meinte, der Gipfel komme ein halbes Jahr zu spät. Ohne einen Schritt auf die Länder und Gemeinden zuzugehen und ohne einen Hauch der langfristigen Planung habe Karner sehenden Auges ein Chaos produziert. FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer nannte die aktuelle Situation dramatisch. Der Gipfel werde ohne einen "konsequenten Asyl-Stopp" nichts ändern.

Für Oberösterreichs Integrationslandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer lässt sich das Problem "nur an seiner Wurzel lösen - wirksame Maßnahmen, um den unkontrollierten Zustrom zu stoppen". Bezüglich der Berechnung der Länderquoten forderte Oberösterreich Klarheit, und betont, dass einzig die Berechnung ohne vertriebene Ukrainer logisch sei. Ein Großteil der vertriebenen Ukrainer sei in den östlichen Bundesländern untergebracht, was die Quote zu deren Gunsten beeinflusse, und die westlichen Bundesländer dadurch nun Asylwerber zugeteilt bekommen. Bei einer Quotenberechnung ohne Ukrainer liege Oberösterreich auf Platz drei und erfülle 93 Prozent. Von dem Gipfel mit dem Minister erwartet sich Hattmannsdorfer einen "konstruktiven Weg". Das "ständige Hinhauen auf Gemeinden und Länder muss ein Ende haben".

Situation in Erstaufnahmestelle Traiskirchen droht zu eskalieren

Apropos Erstaufnahmestelle Traiskirchen: Dort droht die Situation laut Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) "trotz der monatelangen Verbesserungszusagen des Innenministeriums nunmehr völlig zu eskalieren". Innenminister Karner wurde vom Stadtchef am Mittwoch per Aussendung aufgefordert, leer stehende Bundesressourcen zu öffnen. Zudem sollten freie Kapazitäten in Kasernen herangezogen werden.

Viel Luft nach oben bestand es indes bei der Erfüllung ebenjener Quote in Tirol, wo rund 5.000 Personen in der Grundversorgung sind. Das Bundesland beherbergt damit mehr als 2.800 Flüchtlinge weniger als es müsste und erfüllt die Quote aktuell zu lediglich 63 Prozent. Der für Flüchtlingsagenden zuständige Landesrat LHStv. Georg Dornauer (SPÖ) hatte vor kurzem die Errichtung zweier Container-Dörfer angekündigt - eines in Kufstein und ein weiteres im Raum Innsbruck. Ursprünglich hätte diese Woche mit dem Bau begonnen werden sollen. Nun würde die "Deponierung der Container" am Standort Kufstein - am Areal der ehemaligen Kaserne - voraussichtlich im Laufe der kommenden Woche vonstatten gehen, informierte eine Sprecherin des LH-Stellvertreters auf APA-Nachfrage. Dort würde aktuell auch ein Sicherheitskonzept ausgearbeitet. Keine weiteren Details gab es vorerst zum Innsbrucker Standort.

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Österreich
  • Widerstand gegen Asylzelte: Jetzt trommelt Karner die Landeschefs zusammen
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen