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Widersprüche Flöttl-Elsner werden größer

Die Ereignisse knapp vor den ersten massiven Spekulationsverlusten bei der vormaligen Gewerkschaftsbank BAWAG standen im Mittelpunkt des neunten Verhandlungstags im BAWAG-Prozess.

Immer wieder stand Aussage gegen Aussage, wesentliche Fragen blieben heute, Montag, im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts offen: Jene, wie weit Elsner von der Anlagestrategie des Investors Wolfgang Flöttl informiert war oder wie weit einzelne Vorstandsmitglieder über den wahren Verlauf der Spekulationsgeschäfte Bescheid wussten.

Im Wiener Landesgericht verantworten sich seit Mitte Juli neun Angeklagte, darunter die Ex-BAWAG-Generaldirektoren Helmut Elsner und Johann Zwettler sowie Investmentbanker Wolfgang Flöttl, wegen des Verdachts der Untreue in abgestufter Form und Bilanzfälschung. Für sie alle gilt die Unschuldsvermutung.

Kurz vor dem Totalverlust von 639 Mio. Dollar (468 Mio. Euro) im Herbst 1998 hatte die BAWAG noch an die Flöttl-Firma „Narrow Investments“ 89 Mio. Dollar (65,2 Mio. Euro) übermittelt, ein Vorstandsbeschluss diesbezüglich spricht von „japanischen Staatsanleihen“. In einer Aktennotiz von Peter Nakowitz, damals BAWAG-Generalsekretär, wird jedoch von Geschäften nach dem Muster der bisherigen Flöttl-Geschäfte gesprochen. An die „Narrow“ wurden am 30. September 1998 noch 89 Mio. Dollar überwiesen – genau einen Tag, bevor der Totalverlust der BAWAG-Gelder bei Flöttl seinen Anfang nahm. Einen Monat später war das ganze Geld in Folge der Flöttl-Geschäfte weg. Durch die „Narrow“-Investition, die im Vorstand und Aufsichtsrat nicht als Nachschuss für Flöttls Firmen dargestellt wurde, fiel der Verlust für die BAWAG also noch höher aus.

BAWAG-Ex-Vorstand Christian Büttner schilderte heute seinen Versuch, mit Hilfe des damaligen Minderheitsaktionärs Bayerischen Landesbank (BayernLB) mehr über die Sondergeschäfte der Bank mit Flöttl herauszubekommen. Bei einem Besuch der Salzburger Festspiele im Sommer 1997 wollte Büttner die Bayern dazu veranlassen, Flöttl zu fragen, „was da dahinter steckt“. Dieser Versuch habe jedoch zu einer Kündigungsdrohung von Elsner ihm gegenüber geführt, und die Bayern seien begeistert über die so erfolgreichen Flöttl-Geschäfte gewesen, so Büttner.

Er, Büttner, sei im Herbst 1996 über die „Sondergeschäfte“ informiert worden. Damals habe Vorstandsdirektor Johann Zwettler die Geschäftsverbindungen mit Flöttl als „Geschäfte mit beschränktem Risiko“ dargestellt, das Risiko sei durch die 120-prozentige Überdeckung mit einer 20-prozentigen Kapitaldecke von Flöttl als Sicherheit begrenzt. „Mir erschien das plausibel, da die BAWAG eine Fixverzinsung hatte und nicht am Gewinn beteiligt war“, so Büttner, der für die Bayern im BAWAG-Vorstand saß.

Sehr viel sei in Salzburg aber nicht über Geschäfte gesprochen worden, so Flöttl, der in Salzburg auch „Dichand von der Kronen Zeitung“ und mehrere österreichische Industrielle getroffen habe. Die BayernLB habe ihn direkt aber nie kontaktiert, um Geschäfte aufzunehmen, sagte Flöttl. „Das war keine Gewinnbeteiligung, aber eine Fixverzinsung“, erklärt Büttner auf Frage von Staatsanwalt Georg Krakow, warum er damals nur ein geringeres Risiko bei den Flöttl-Geschäften gesehen habe. Details der Geschäfte seien ihm aber nicht bekannt gewesen.

Frühe Unstimmigkeiten seien bereits 1996 bei der Kreditvergabe für die Gründung einer Warenlagerfirma aufgetreten. Laut Anklage wurden 400 Mio. Dollar (293 Mio. Euro) zur Gründung der First Merchants Finance Corporation durch Flöttl gewidmet. Das Warenlager wurde zwar nie gegründet, 150 Mio. Dollar aus diesem Titel seien aber in die Finanzierung der ersten „Karibik-Sondergeschäfte“ mit Flöttl geflossen. Aufklärungswürdig ist aus Sicht der Richterin Claudia Bandion-Ortner die Tatsache, dass dem Aufsichtsrat noch im Juni 1996 von dem Projekt berichtet wurde, nachdem es laut Aussagen von Flöttl aber bereits abgeblasen worden war.

Die damaligen BAWAG-Manager können sich im einzelnen nicht an die Sache erinnern. Elsner schließt eine Falschinformation des Aufsichtsrats aber aus: „Eines weiß ich sicher: Falsch informiert ist der Aufsichtsrat nicht worden“.

Auffallend waren die widersprüchlichen Aussagen der Angeklagten Elsner und Flöttl. Flöttl behauptet, Elsner habe über die Anlagestrategie der Spekulationen mit den BAWAG-Geldern Bescheid gewusst, was dieser aber bestreitet: „Diese Dinge habe ich sicher nicht besprochen, ich bin auf diesem Gebiet auch kein Fachmann.“ Der Bank sei nur wichtig gewesen, „dass Flöttl vorsichtig operiert“, die Aufgabe sei gewesen, maximale Erträge bei möglichst geringem Risiko zu erzielen.

Laut Flöttl war Elsner aber sehr wohl eingeweiht, welche Art von Geschäften durchgeführt wurden. Elsner hielt dagegen: „Welche Positionen Dr. Flöttl gehalten hat, wusste die Bank nicht, das hat sie auch nicht interessiert. Interessiert hat uns, dass 120 Prozent vom eingesetzten Kapital gesichert waren“.

Aus Elsners Sicht habe es auch keine Probleme gegeben: Seit der Wiederaufnahme der Karibik-Geschäfte 1995 bis Oktober 1998 sei er „in keiner Weise konfrontiert worden mit irgendwelchen Ungereimtheiten“. Das sei auch nicht seine Aufgabe gewesen. „Wäre etwas Negatives passiert, wäre die Sache bei mir gelandet“, so der langjährige BAWAG-Generaldirektor.

Elsners Anwalt Wolfgang Schubert stellte heute mehrere Anträge zur Herbeischaffung von Quartalsbilanzen und Protokollen, um die Angaben seines Mandanten zu untermauern. So solle aus den Quartalsbilanzen der BAWAG im Jahr 1994 und 1995 bewiesen werden, dass sich die Ertragslage der BAWAG nach der Einstellung der Sondergeschäfte mit Flöttl im Jahr 1994 verschlechtert hatte, was Elsner als Begründung für die Wiederaufnahme der „Karibik-Geschäfte“ im Jahr 1995 genannt hatte.

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