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"Wetten, dass...?" - Kandidat in "ausgesprochen kritischem Zustand"

Erstmals in der fast 30-jährigen Geschichte der auch vom ORF ausgestrahlten ZDF-Unterhaltungsshow "Wetten, dass...?" wurde gestern, Samstag, Abend, die Sendung nach einem schweren Unfall abgebrochen.
Gottschalk wies Quoten- Vorwürfe zurück
Justin Bieber: Fans sollen für Verletzten beten
Die Show vor dem Abbruch
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Samuel liegt auf Intensivstation
Wettkandidat stürzte bereits bei den Proben
TV-Zuschauer geschockt
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Gottschalk bricht die Show ab
Wettunfall bei "Wetten dass..?"
Video des Wettunfalls
Gottschalk: "Furchtbare Erfahrung"
Erster schwerer Unfall in der 192. Sendung
Lob für Gottschalks Reaktion

Kandidat Samuel Koch wollte bei seiner Wette in der Live-Show mit Hilfe von Sprungstelzen per Salto über fahrende Autos springen. Beim dritten Versuch streifte er einen Wagen, geriet ins Trudeln und prallte mit voller Wucht auf den Boden. Am Sonntag wurde der 23-Jährige einer zweieinhalbstündigen Notoperation unterzogen und in künstliches Koma versetzt. Zwar bestehe keine akute Lebensgefahr, der Patient sei aber in “ausgesprochen kritischem Zustand”, hieß es aus der Uniklinik Düsseldorf.

Die Verletzungen hatten sich nach Klinik-Angaben als schwerwiegender herausgestellt als nach dem Unfall vermutet. Koch habe eine komplexe Verletzung an der Halswirbelsäule, auch das Rückenmark sei in Mitleidenschaft gezogen worden, sagte der ärztliche Direktor der Uniklinik, Wolfgang Raab. Er sprach außerdem von Lähmungserscheinungen, zu möglicherweise bleibenden Schäden wollte er sich nicht äußern.

Der 23-jährige Samuel Koch, der an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover studiert und Hobby-Kunstturner ist, hatte in der Rheinhalle gewettet, mit Hilfe von an seine Füße geschnallten Federbeinen über fünf fahrende Autos zu springen. Bereits bei den Proben war er gestürzt, wie er noch vor der Sendung der “Badischen Zeitung” sagte. “Der Wett-Teil klappt noch nicht”, zitierte ihn das Blatt. “Bei den Proben am Donnerstag bin ich zweimal schwer gestürzt.” Die Proben hätten ihm zwar eine “gewisse Sicherheit” gegeben. “Ich bin aber doch noch skeptisch.”

Unmittelbar nach dem Unfall sagte Gottschalk: “Wir haben’s ein paar Mal geprobt, und er hat’s immer, immer geschafft eigentlich. Und einmal hat’s ihn auf den Hintern gesetzt, aber da ist er sofort wieder aufgesprungen.” Angekündigt hatte der Moderator die Wette mit den Worten: “Ich habe vieles gesehen in meiner Laufbahn, so gefürchtet hab’ ich mich noch nie, dass dem jungen Mann etwas passiert. Ich kann nur sagen: Ich hoffe, alles geht gut.”

Nach dem Unfall unterbrach Gottschalk die Sendung zunächst, kurz darauf brach er sie komplett ab. “Ich bringe es nicht fertig, jetzt hier weiter zu moderieren”, sagte der kreidebleiche Gottschalk dem Publikum in der Halle. Er schickte die Zuschauer mit den Worten nach Hause: “Ich entlasse Sie ratlos. Ich bin ratlos, Sie sind ratlos – und traurig sind wir alle.” Später sagte der Moderator im ZDF-“heute journal”, es sei das erste Mal in seiner Karriere, dass er die erfolgreiche Show abgebrochen habe. “Wir wollen nicht auf heiter machen, wenn wir nicht heiter sind”, erklärte er. Vor Unfällen sei man in einer Livesendung nie gefeit. Für ihn als Entertainer seien die Ereignisse aber eine “ganz furchtbare Erfahrung”.

ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut erklärte: “Die ersten Informationen über den Zustand unseres Wettkandidaten waren nicht eindeutig. (…) Unter dieser Voraussetzung konnten und wollten wir die Unterhaltungssendung nicht fortsetzen.” Er kündigte eine gründliche Untersuchung des Unfalls an. “Wetten, dass..?”-Erfinder Frank Elstner sprach von einem “schwarzen Tag” für die Live-Show.

Auf Gottschalks Gästeliste hatten die mit Robbie Williams wiedervereinigte Band Take That und der 16-jährige Teenie-Schwarm Justin Bieber gestanden. Erwartet wurden auch die Hollywood-Schauspielerin Cameron Diaz, der österreichische Oscar-Gewinner Christoph Waltz, Sängerin Cher, Musiker Phil Collins, Mimin Alexandra Maria Lara sowie Hardy Krüger senior. Sie alle hätten, ebenso wie das anwesende Saal-Publikum, volles Verständnis für den Abbruch der Sendung gehabt, schilderte ORF-TV-Unterhaltungschef Edgar Böhm im Gespräch mit der APA. Böhm hatte den Zwischenfall in der “Wetten, dass…?”-Sendung live vor Ort erlebt. “Ich bin in der ersten Reihe gesessen. Der Unfall ist unmittelbar vor uns passiert.”

“Es war eine Stimmung, wie ich sie in einer Unterhaltungsshow noch nie erlebt habe”, so Böhm. “Hinter den Kulissen war sofort klar, dass man nicht weitermachen kann. Es herrschte große Einigkeit: The show must not go on.”

Auch unter Medienexperten herrschte am Sonntag Einigkeit darüber, dass der Moderator und der Fernsehsender richtig reagiert hätten. Obwohl man trotz intensiver Sicherheitsbestimmungen ein Restrisiko nie ausschließen könne, werde der ZDF die Verfahren für die Zulassung der Wetten nun einer genauen Überprüfung unterziehen, kündigte ein Sender-Sprecher an. Der ZDF-Verwaltungsratschef und Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, forderte unterdessen gegenüber der Zeitung “Die Welt” eine Quotendebatte im ZDF: “Natürlich müssen wir über die Themen sprechen: Wann werden die Grenzen des Verantwortbaren überschritten? Wie viel Risiko darf man eingehen? Und natürlich müssen wir auch über die Themen Nervenkitzel, Waghalsigkeit und Quote reden.”

Gottschalk wies unterdessen den Vorwurf, das “Wetten, dass…?”-Team hätte unter Konkurrenzdruck eine unverantwortliche Wette ins Programm genommen, gegenüber der “Süddeutschen Zeitung” zurück. Auch Medienexperte Joe Groebel sieht den Unfall nicht als Folge von Quotendruck. Schon bei Sendungen in den 1970er Jahren, etwa “Wünsch Dir was” oder “Spiel ohne Grenzen”, habe es schon immer gefährliche Einsätze gegeben – “und das alles vor dem Quotendruck”. Dennoch glaubt er, dass der jüngste Unfall Folgen für “Wetten dass,…?” haben wird: “Solche Wetten wird es nicht mehr geben.”

Video vom Unfall

Video: Gottschalk bricht die Show ab

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