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Werbegag: Versicherung erschreckte Autofahrer in Wien mit falschen Parkschäden

So mancher Fahrer fand einen "Parkschaden" vor - der dann doch nur ein Werbegag war
So mancher Fahrer fand einen "Parkschaden" vor - der dann doch nur ein Werbegag war ©Bilderbox (Sujet)
Diesen Werbegag fanden viele Autofahrer offenbar nicht lustig: Die Allianz-Versicherung ließ an Autos, die in Wien geparkt waren, selbstklebende Folien anbringen, durch die es so aussah, als sei am Fahrzeug ein Parkschaden durch Dritte entstanden. Der ÖAMTC nennt die umstrittene Aktion einen "absoluten Wahnsinn." Wir haben bei den Beteiligten nachgefragt.

Einen Schock dürfte so mancher Wiener Autofahrer in den letzten Tagen erlitten haben, als er in den Bezirken Mariahilf, Neubau, Josefstadt und Alsergrund zu seinem geparkten Fahrzeug zurückkehrte: “Parkschäden” traten dort zwischen 16. und 18. April 2012 auffällig häufig auf. Dass die Lenker einem Werbegag zum Opfer gefallen waren, war ihnen nicht auf den ersten Blick klar.

Parkschaden war nur Werbegag

Erst bei näherer Betrachtung entdeckten die erschrockenen Pkw-Besitzer, die möglicherweise schon die Nummer ihrer Kfz-Versicherung wählen wollten, dass es sich um keinen wirklichen Schaden an ihrem Fahrzeug handelte, sondern um einen täuschend echt simulierten Parkschaden, der lediglich “aufgeklebt” worden war. Aufschluss darüber gab auch eine wasserfeste Visitenkarte mit einer Telefonnummer, die hinter dem Scheibenwischer der betroffenen Autos angebracht worden war.

Wer dort anrief, erreichte eine Versicherungsangestellte, welche darüber aufklärte, dass es sich hier um eine Marketing-Aktion handelte und ihnen ihm im Gespräch eine Kaskoversicherung anbot. Denn hinter der umstrittenen Aktion steckte die Allianz-Versicherung, die damit auf Versicherungsprodukte aufmerksam machen wollte. Doch schießt eine solcher Werbegag nicht ein wenig über das Ziel hinaus?

So schnell kann’s gehen

Wie Marita Roloff von der Allianz-Versicherung VIENNA.AT auf Anfrage mitteilte, sei das Ziel der Aktion gewesen, darauf hinzuweisen, wie leicht ein Schaden am eigenen Fahrzeug entstehen könne und dass ein entsprechendes Sicherheitspaket einfach davor bewahren könne. 6.000 Fahrzeuge wurden laut Roloff für diese Aktion präpariert – und zwar mit einer adhäsiven, A4-großen Folie.

Da man seitens der Versicherung bemerkte, dass die Aktion doch etwas zu stark polarisierte, stoppte man den missglückten “Werbegag”, für den man gezielt Gebrauchswagen in den Bezirken 6, 7, 8 und 9 ausgesucht habe, am zweiten Tag vorzeitig. “Die Marketing-Aktion war von vorneherein nur für zwei Tage – 16.4. und 18.4. – und nur für die erwähnten Bezirke geplant. Sie ist am 18.4. früher als vorgesehen beendet worden, weitere Aktivitäten stehen nicht auf dem Programm,” hieß es in einer Aussendung der Allianz, die eine Stellungnahme zur Aktion beinhaltete.

Aktion sorgte für Beschwerden

Beschwerden der Betroffenen blieben nach der “punktuellen Kurzfristaktion für eine Gebrauchtwagenkasko” nämlich nicht aus – diese hätten sich allerdings laut Rodloff doch in Grenzen gehalten. Die Beschwerdequote habe lediglich 0,5 Prozent betragen und entspricht damit 30 von 6.000 Betroffenen, die mehr oder weniger erbost bei der Allianz Versicherung anriefen. Bei diesen habe man sich entschuldigt und ihnen als “kleine Wiedergutmachung” einen Gutschein für eine Autowäsche angeboten. Die anderen Autofahrer, die dem Werbegag zum “Opfer” fielen, habe man im Nachhinein natürlich nicht mehr ausforschen können, um sich zu entschuldigen.

Rodloff betonte im Gespräch, dass die haftenden, nicht klebenden Folien keinerlei Schäden an den betroffenen Fahrzeugen hinterlassen hätten. In der Aussendung hieß es hierzu: “Die Folien sind adhäsiv, haften also ohne Klebstoff, sind leicht zu entfernen und hinterlassen keine Rückstände.”

Auch Werbeagentur hat dazu eine Meinung

Eine Nachfrage von VIENNA.AT bei der Wiener Werbeagentur JWT in Döbling, welche die Allianz Versicherung als Kunden betreut, ergab, dass der Kunde den Wunsch nach dieser umstrittenen Aktion konkret geäußert habe, die nach dem Vorbild “eines Ostlandes” entstanden sei. Da die Folie nur durch statische Aufladung hafte, sei eben kein Schaden an den Fahrzeugen entstanden – man ließ aber anklingen, dass man mit der Aktion nicht hundertprozentig d’accord gegangen sei. (Gelächter und Zitat: “Diese Aktion ist nicht auf unserem Mist gewachsen.”)

Wird es Klagen geben?

Wie die Tageszeitung “Kurier” berichtete, gab es als Reaktion auf den Werbegag Unmutsbekundungen auch seitens der Automobilclubs, welche die Aktion als “Absoluten Wahnsinn” bezeichneten – der ÖAMTC hält sogar Klagen für möglich. ÖAMTC-Jurist Martin Hoffer meinte gegenüber der APA, dass ein solches Vorgehen eine Besitzstörungshandlung am Fahrzeug sein könne. Er sprach bezeichnete den Werbegag als “nicht wirklich ein fairer Werbevorgang, also vielleicht sogar UWG-widrig” und bezieht sich dabei auf ein Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Entstünde eine Beschädigung, sei eine Anzeige wegen Sachbeschädigung möglich.

Rodloff gab gegenüber VIENNA.AT an, dass sich diesbezüglich noch niemand gemeldet habe, der konkret mit rechtlichen Schritten gedroht hätte, und dass ja eben durch die spezielle Beschaffenheit der Folie ein solcher Schaden nicht entstanden sei.

Ob der etwas ausgeuferte Werbegag nun tatsächlich rechtliche Konsequenzen haben oder ob man ihn frei nach dem Motto “Wo kein Kläger, da kein Richter” auf sich beruhen lassen wird und Gras über die Sache wachsen lässt, wird sich zeigen.
(DHE)

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