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Wer tritt gegen George W. Bush an?

Deans Aufstieg zum Kandidaten gegen Bush nur noch schwer zu stoppen. Ex-Gouverneur aus Vermont liegt auch bei den Spenden vorn. Für Strategen der Demokraten zu "links".

Als krasser Außenseiter war er in das Rennen um das mächtigste Amt der Welt eingestiegen. Doch inzwischen ist klar, dass Howard Dean, der frühere Gouverneur des Ministaates Vermont im Nordosten der USA, zumindest im internen Machtkampf der oppositionellen Demokraten nur schwer zu schlagen sein wird. Zwei Monate vor Beginn der Vorwahlen zur Nominierung des Präsidentschaftskandidaten führt Dean weiter in den Umfragen das Feld der neun Anwärter an. Und er kann vielleicht noch zulegen: Am Mittwoch erhielt Dean die Unterstützung zweier mächtiger Gewerkschaften – ein weiterer wichtiger Etappenerfolg.

Doch auch wenn er große Teile der Parteibasis mitreißt, vielen Parteistrategen ist der Mann aus Vermont ein Graus: Sie fürchten, Dean sei zu „links“, um Präsident George W. Bush im November 2004 besiegen zu können.

Die Unterstützung durch die Angestellten-Gewerkschaft SEIU und die Gewerkschaft des Öffentlichen Dienstes AFSCME verleiht Deans Kampagne einen neuen Schub. Ihre Entscheidung werde „Amerika verändern“, rief Dean einer Menge begeisterter Gewerkschafter im vornehmen Washingtoner Mayflower-Hotel zu und versprach, „die arbeitenden Menschen“ zur führenden Kraft in den USA zu machen. SEIU und AFSCME vereinen drei Millionen Mitglieder und verfügen über dutzende Millionen Dollar für Deans Kampagne. Dieser Coup sei „riesig, riesig, riesig“ für den Ex-Gouverneur, sagte denn auch ein hoher Mitarbeiter der Demokraten.

Mit seinem knallharten Oppositionskurs hat es Dean in den vergangenen Monaten nicht nur geschafft, die unter vielen Parteimitgliedern angestaute Wut auf Bush für sich zu mobilisieren. Er profitiert auch von dem tief sitzenden Frust über das eigene Partei-Establishment in Washington. Deans von Anfang an scharfe Opposition gegen den Irakkrieg hebt ihn gegen die Mitbewerber John Edwards, Dick Gephardt, John Kerry und Joe Lieberman ab, die im Oktober 2002 im Kongress für die Kriegsresolution stimmten, sich heute aber von Bushs Irakkurs zu distanzieren suchen.

Deans Attraktivität für die Parteibasis spiegelt sich auch in harten Dollars wider. Im dritten Quartal nahm er die Rekordsumme von 15 Millionen Dollar (12,93 Mill. Euro) ein, das ist mehr als früher Bill Clinton in der selben Zeitspanne. Insgesamt hat der Blitzaufsteiger bereits 25 Millionen Dollar eingetrieben – überwiegend sind es Kleinspenden unter 200 Dollar. Dieser Erfolg hat Dean zu einem spektakulären Schritt veranlasst: Er verzichtete auf 19 Millionen Dollar an staatlicher Unterstützung für seine Kampagne, ist aber so auch nicht mehr an die staatlich festgesetzte Obergrenze von 45 Millionen Dollar für Kampagnenausgaben gebunden. Dean hat sich damit das ehrgeizige Ziel gesteckt, auch finanziell dem Präsidenten Paroli zu bieten, der schon fast 100 Millionen Dollar eingetrieben hat.

Die Vorwahlen der Demokraten beginnen im Jänner traditionsgemäß in den Staaten Iowa und New Hampshire. In Iowa liegt Dean laut Umfragen Kopf an Kopf mit Gephardt, der in diesem Staat zu Hause ist. Der frühere Fraktionschef im Repräsentantenhaus, der sich bisher als Mann der Gewerkschaften präsentierte, hat jedoch durch die Entscheidung von SEIU und AFSCME für seinen Rivalen einen schweren Rückschlag erlitten. In New Hampshire führt Dean mit zweistelligem Vorsprung vor Kerry. Dean hofft, mit einem Sieg in Iowa am 19. Januar und in New Hampshire am 17. Januar so viel Dynamik in seine Kampagne zu bringen, dass er im weiteren Abstimmungsmarathon in den übrigen 48 Staaten nicht mehr zu bremsen ist.

Dean hat in seiner Partei allerdings auch den Geist von George McGovern wachgerufen. Dieser Präsidentschaftskandidat war 1972 mit einem ganz auf links gestrickten Programm dramatisch gegen Richard Nixon untergegangen. Als Bush-Herausforderer würde Dean die Partei „für lange Zeit in die politische Wildnis führen“, warnte Lieberman. Doch könnte der Mann aus Vermont sich nach der Nominierung mehr in der Mitte zu positionieren suchen, meinen Experten. Carroll Doherty vom Pew-Meinungsforschungsinstitut hebt hervor, dass Dean sich trotz seiner strikten Opposition gegen den Irakkrieg gegen einen sofortigen Abzug der US-Truppen ausspricht: „Dies könnte sein Image abmildern“, so die Expertin.

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