Wenn alle Menschen gute Arbeit haben

Gramatneusiedl in Niederösterreich hat 3600 Einwohner, eine Kirche und eine Arbeitersiedlung. Die heißt „Marienthal“ und erlangte Anfang der 1930er Jahre traurige Berühmtheit: 1300 Menschen verloren beinah über Nacht ihre Arbeit, nachdem die Textilfabrik im Ort geschlossen hatte. Marie Jahoda, Paul Lazarsfeld und Hans Zeisel untersuchten in einer Langzeitstudie die Folgen der kollektiven Arbeitslosigkeit. Ihre Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“ war bahnbrechend für die Zeit und ist bis heute ein soziologisches Standardwerk.
Daran knüpft das „Modellprojekt Arbeitsplatzgarantie Marienthal“ (MAGMA) heute an. Hier sollen alle, die bis 2024 langzeitarbeitslos werden, wieder in den Jobmarkt integrieren. Das AMS, welches das Projekt seit Oktober 2020 betreibt, rechnet mit maximal 150 Personen.
- Projekt spart sogar Kosten
„Wir wollen Arbeit schaffen, statt Langzeitarbeitslosigkeit zu finanzieren“, bringt es der Geschäftsführer des AMS Niederösterreich auf den Punkt. Sven Hergovich rechnet vor, dass das AMS mit dem Pilotprojekt sogar Kosten spart: Arbeitslosigkeit kostet den Staat pro Betroffenem mit 20.000 Euro AMS-Leistungen und 10.000 Euro an entgangenen Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen 30.000 Euro im Jahr. Die Kosten für einen MAGMA-Teilnehmer belaufen sich auf 29.840 Euro. Das Projekt soll insgesamt 7,4 Millionen Euro kosten.
Die MAGMA-Teilnehmer erhalten im Anschluss an eine achtwöchige Einstiegsphase einen Transitarbeitsplatz in der Gemeinde. Hier können sie einer gemeinnützigen Tätigkeit nachgehen, die dem Ort hilft. Parallel dazu sucht man für sie eine reguläre Arbeitsstelle. Dort fördert das AMS in den ersten drei Monaten das volle Gehalt und danach bis zu neun Monate zwei Drittel des Lohns.
Das AMS hat soziologische und ökonomische Experten eingeladen, um das Projekt zu begleiten. Wirtschaftswissenschafter Lukas Lehner von der Universität Oxford. Gemeinsam und Jörg Flecker von der Universität Wien werden das Projekt untersuchen. 2024 folgt die Auswertung. Dabei spielen das Wohlbefinden der Teilnehmer und die Kosten eine Rolle. Dann wird sich zeigen, wie nachhaltig Menschen durch gezielte Förderung vor dem Schicksal Langzeitarbeitslosigkeit bewahrt werden können. Die AK Vorarlberg hat die aktuelle Situation westlich des Arlberg genau analysiert.
Umfangreiche Infos zur Langzeitarbeitslosigkeit in Vorarlberg findet Ihr hier.
Sven Hergovich ist am 25. März um 17 Uhr Gast im AK-Live-Talk auf dem Youtube-Kanal der AK Vorarlberg.