Weniger Verpackungsmüll in Österreich aufgrund der Inflation

Die Sammelmenge, die bei der Altstoff Recycling Austria (ARA) einging, verringerte sich um 3,9 Prozent auf etwas mehr als 1 Million Tonnen, wie das heimische Abfallunternehmen am Dienstag bekanntgab. Der Rückgang sei auf den Ukrainekrieg und die damit verbundene Teuerungswelle zurückzuführen.
Sammelmengen bei Metall leicht gestiegen
Leicht gestiegen sind die Sammelmengen bei Metall auf rund 32.000 Tonnen (plus 0,6 Prozent) und Glas auf 259.000 Tonnen (plus 1,8 Prozent). Rückläufig entwickelte sich hingegen die Mülltrennung bei Papier auf 574.000 Tonnen (minus 6,7 Prozent) und Leichtverpackungen auf 175.00 Tonnen (minus 3,0 Prozent).
Die Sammelumstellung bei Leichtverpackungen seit Jänner 2023 zeige allerdings erste positive Effekte: in den Umstellungsregionen legten die Mengen um 30 Prozent zu, bundesweit um rund 11 Prozent.
Neben der Errichtung der "größten und modernsten Sortieranlage Europas" habe die ARA in neue Bereiche investiert, "um Stoffkreisläufe entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu schließen". Das Unternehmen meldete ein Patent für das Recycling von Kunststoffen an.
Inflation: Weniger Verpackungsmüll
Die ARA treibe die Kreislaufwirtschaft seit 30 Jahren voran und habe in diesem Zeitraum - mit einem Marktanteil von 70 Prozent und knapp 16.000 Kundinnen und Kunden - gemeinsam mit der heimischen Wirtschaft über 14 Millionen Tonnen CO2 eingespart. Das entspreche rund 130 Mrd. Pkw-Kilometern.
Die Leistung sei in den vergangenen drei Jahrzehnten um 60 Prozent gesteigert und die Stückkosten um 53 Prozent gesenkt worden. "Die ARA hat Wirtschaft, Gesellschaft und Politik in den letzten 30 Jahren auf die Kreislaufwirtschaft vorbereitet - jetzt ist deren Zeit gekommen", so ARA-Aufsichtsratschef Alfred Berger. Die Recycling-App Digi-Cycle, ein Joint Venture mit der Saubermacher AG, die digitale Datenplattform DiGiDO oder der Bau der modernsten Sortieranlage Europas bereiteten den Weg "für ein zukunftsweisendes, zirkuläres Wirtschaftssystem".
Auf regulatorische Herausforderungen wie Recyclingquoten, die Neuerungen von Abfallwirtschaftsgesetz und Verpackungsverordnung, das europäische Lieferkettengesetz oder die "Packaging and Packaging Waste Directive" (Verpackungsmüllrichtlinie) der EU habe die ARA mit Investitionen reagiert. Sie öffne neue Bereiche, um die Wertstoffmengen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu steigern.
ARA fordert koordinierende Stelle auf Regierungsebene
Um "Circular Economy" (Kreislaufwirtschaft, Anm.) systemisch zu verankern, müsse sie sektoren- und lieferkettenübergreifend erfolgen, betonte ARA-Vorstand Harald Hauke. Die ARA fordere daher eine koordinierende Stelle auf Regierungsebene, die in Abstimmung mit den europäischen Institutionen zusammenarbeitet und eine praxistaugliche Umsetzung ermöglicht.
Die im "Green Deal" der EU festgeschriebenen Maßnahmen hätten "tiefgreifende Veränderungen in Wirtschaft und Politik" zur Folge. Die ambitionierten Ziele bei Kunststoff-Recycling - mindestens 55 Prozent bis 2030 in allen EU-Mitgliedsstaaten - sowie mindestens 30 Prozent Rezyklat-Einsatz im Jahr 2030 bei der Neuproduktion erforderten ein neues wirtschaftliches Handeln.
Im abgelaufenen Jahr stellte die ARA laut Eigenangaben rund 36.000 Tonnen Ballenware für das mechanische Recycling zur Verfügung und lieferte rund 330 Tonnen Rezyklate an Verpackungsproduzenten. ARA-Vorstand Martin Prieler rechnet mit einer weiteren Steigerung auf rund 50.000 Tonnen Ballenware bis 2025. "Der Bedarf an Rezyklaten wird enorm steigen - wir benötigen eine qualitativere Sortierung, eine höhere Ausbringung der Sortieranlagen sowie sortenreinere Aufbereitung."
Sammlung, Sortierung und alternatives Recycling
Die drei Schlüssel zum Erfolg der Recyclingziele seien Sammlung, Sortierung und alternatives Recycling. Doch nicht alle Kunststoffe eigneten sich für das mechanische Recycling. "Um auch diesen Anteil zurück in den Kreislauf zu führen, haben wir eine völlig neue Lösung entwickelt und ein Patent anmelden können", freut sich Hauke.
Mit über zwei Millionen öffentlichen Sammelbehältern werde die Sammlung von Verpackungen vorangetrieben. Die neue Anlage in Oberösterreich, ein gemeinsames Projekt von ARA, Bernegger und Der Grüne Punkt, spiele bei der Sortierung eine Schlüsselrolle. "Die Anlage im Ennshafen schließt 50 Prozent der Sortierlücke in Österreich", betonte Prieler.
Während die aktuelle Anlageninfrastruktur eine Sortiertiefe von 58 Prozent gewährleiste, sollen jene der ARA 80 Prozent schaffen. Nach einem ersten Test ab Februar 2024 starte sie ab dem zweiten Quartal des kommenden Jahres im regulären Betrieb. Sie werde mit Leichtverpackungen ausgelastet sein, die zu 70 Prozent aus Österreich und zu 30 Prozent aus Deutschland kommen. "Die sortierten Mengen bilden eine optimale Basis für die Aufbereitung von Rezyklaten und sind ein Teil der umfassenden ARA-Strategie zur Erfüllung der Recyclingziele."
Viele Stoffe sind nicht recyclingfähig
Wegen unterschiedlicher Zusammensetzungen und Verschmutzungen sind viele Stoffe oder Verpackungen nicht recyclingfähig - nicht jeder Kunststoff kann stofflich verwertet und dem mechanischen Recycling zugeführt werden. Es brauche Alternativen für mechanisches Recycling.
Die meisten Mischkunststoff-Fraktionen (MKF) entsprächen allerdings auch nicht den Voraussetzungen für das chemische Recycling. Sie müssten dafür zusätzlich aufbereitet werden. Für das Recycling von Rest-Kunststoffen hat die ARA ein Patent angemeldet. Sie entwickelte eine Lösung für eine Polyolefin-Aufbereitung (PO) für Sortierreste aus österreichischen Sortieranlagen.
Unter Berücksichtigung der gesteigerten Mengen, der neuen Sortieranlage und der alternativen Aufbereitungsmethoden könne ab 2025 eine Sortiertiefe von 80 Prozent erreicht werden, ist die ARA zuversichtlich. "Mit diesen Maßnahmen steigern wir die Recyclingquoten von 25 Prozent auf rund 50 Prozent", so Prieler.
Recycling müsse bei allen in Umlauf gebrachten Wertstoffen von Beginn an berücksichtigt werden. Neben chemischem Recycling müssten das Recycling von Baustoffen sowie Textilrecycling zentrale Eckpfeiler der Kreislaufwirtschaft sein.
Praxisorientierter Ansatz beim Textilrecycling
Beim Textilrecycling verfolge die ARA einen praxisorientierten Ansatz, um die Wirtschaft auf die ab 1. Jänner 2025 geltende Verordnung zur getrennten Sammlung aller Textilprodukte vorzubereiten. Jährlich landeten etwa 220.000 Tonnen Textilien im Müll, nur etwa ein Fünftel davon werde getrennt gesammelt.
77 Prozent aller Textilien gelangten in die thermische Verwertung (Müllverbrennung). Sie gehen also dem mechanischen und chemischen Recycling als Rohstoff verloren. "Das ist eine Ressourcenverschwendung, die es so nicht geben dürfte", hielt Prieler fest. Für Textilrecycling brauche es verbindliche Ökodesign-Anforderungen. Die Recyclingfähigkeit der Materialien stelle die Branche vor große Herausforderungen, denn die Verarbeitung zu Sekundärrohstoffen werde bei der Textilproduktion nicht berücksichtigt. Mit der Lenzing Gruppe, dem Wäschedienstleister Salesianer Miettex, dem schwedischen Zellstoffproduzenten Södra sowie der Caritas sollen in einem gemeinsamen ARA-Pilotprojekt bis zu 100 Tonnen Baumwolltextilien zu neuen Lyocell- und Viskosefasern verarbeitet werden.
Für das Erreichen der Recyclingziele sei die gesellschaftliche Motivation, also der Mülltrennungseifer der Bevölkerung, entscheidend - neben unternehmerischer Innovationskraft und politischen Vorgaben.
Die ARA ist laut Eigenangaben Marktführer unter den Sammel- und Verwertungssystemen für Verpackungen, Elektroaltgeräten und Batterien. Zu ihr gehören die Tochterunternehmen ARAplus GmbH, Austria Glas Recycling GmbH, DiGiDO GmbH, Digi-Cycle GmbH und ERA GmbH. Sie steht im Eigentum heimischer Unternehmen und agiert als Non-Profit-Unternehmen nicht gewinnorientiert.
(APA/Red)