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Wenig Hoffnung auf Nahost-Friedensprozess

Mit Bildung eines „reformfähigen“ Kabinetts und der angekündigten Veröffentlichung des „Fahrplans“, ist angesichts der Vorbehalte der Israelis noch nichts getan.

Es bedurfte nicht des jüngsten Terroranschlags, um dem Nahost-Friedensprozess trotz der Beilegung des mühsamen Streits um die palästinensische Regierungsbildung nur wenig Chancen zu geben. Zwar haben die USA die in letzter Minute erzielte Einigung zwischen Präsident Yasser Arafat und Premier Mahmud Abbas (Abu Mazen) als wichtigen Schritt bezeichnet. Doch mit der Bildung eines „reformfähigen“ Kabinetts und der angekündigten Veröffentlichung des „Fahrplans“ (Roadmap), der nach den Vorstellungen des „Quartetts“ (USA, UNO, EU und Russland) bis 2005 zu einem unabhängigen palästinensischen Staat führen soll, ist angesichts der grundsätzlichen Vorbehalte der Israelis noch nichts getan, meinen politische Beobachter.

US-Außenamtssprecher Richard Boucher forderte das palästinensische Parlament auf, das neue Kabinett schnell zu bestätigen. Die USA und Israel haben Arafat Verbindungen zum Terrorismus vorgeworfen und ihn deshalb konsequent isoliert. Der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon sagte, es sei sehr wichtig, „dass auf der anderen Seite eine Person sein sollte, die sich ein Ende des Terrors und Frieden wünscht“. Israel werde „jede Anstrengung“ unternehmen, die zu einer diplomatischen Vereinbarung und zum Frieden führen könne. Arafat selbst gab die Einigung im Beisein von Abbas und dem ägyptischen Geheimdienstchef Omar Suleiman bekannt, der in einem letzten Vermittlungsversuch einen Kompromissvorschlag vorgelegt hatte. Parlamentspräsident Ahmed Korei sagte, er werde nun innerhalb einer Woche eine Sondersitzung des Parlaments einberufen, das über die Ministerliste abstimmen soll.

Wie verlautete, regte der ägyptische Sondergesandte an, dass der Präsident die alleinige Kompetenz des Premiers bei der Kabinettsbesetzung anerkennen solle. Im Gegenzug solle Abbas Arafat vor wichtigen Sicherheitsentscheidungen konsultieren. Nach Angaben eines ägyptischen Beamten wurde Arafat außerdem ein Ende der Isolation in Aussicht gestellt, in der er seit Dezember 2001 in Ramallah lebt. Die israelische Regierung verhängte damals praktisch einen Hausarrest über Arafat. Im Zentrum des Machtkampfs stand der mit Arafat verfeindete ehemalige Sicherheitsbeauftragte für den Gaza-Streifen, Mohammed Dahlan, der nun Sicherheits-Staatsminister im Innenministerium werden soll. Das Innenressort ist Abbas direkt unterstellt. Abbas ist für die täglichen Regierungsgeschäfte verantwortlich, Arafat scheint aber die Zuständigkeit für einige Sicherheitsbereiche und das letzte Wort bei Friedensgesprächen mit Israel zu behalten. Außenminister soll nach dessen eigenen Angaben der derzeitige Planungsminister Nabil Shaath werden. Das Finanzressort bleibt bei dem früheren Beamten des Internationalen Währungsfonds Salam Fayed.

Israel will die künftige palästinensische Regierung an ihrem „Kampf gegen terroristische Organisationen“ messen. Der Selbstmordanschlag nördlich von Tel Aviv am Donnerstagmorgen habe gezeigt, dass sich die neue palästinensische Führung auf den Kampf gegen radikale Gruppen wie die Hamas und den „Islamischen Heiligen Krieg“ konzentrieren müsse, „und nicht mit ihnen verhandeln“ dürfe, sagte ein hochrangiger israelischer Regierungsbeamter in Jerusalem. Die Hamas warnte die neue palästinensische Regierung davor, dem „islamischen Widerstand den Krieg zu erklären“. Das neue Kabinett werde daran gemessen, wie es die israelische Besatzung bekämpfe.

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