Außer tiefe Falten im Gesicht waren keinerlei Alterserscheinungen bei den Briten auszumachen. 45.000 bis 50.000 Fans bejubelten ein Best-Of-Programm – von Jumpin Jack Flash zum Start bis zu Satisfaction als letzte Zugabe. Besser spät als nie, wie Mick Jagger in Anspielung auf den verschobenen Tourstart auf Deutsch sagte.
Die am längsten dienende Rockband der Welt präsentierte sich in absoluter Spiellaune und wandelte gekonnt zwischen R&B, Rock n Roll, Boogie, hartem Rock, Pop und Blues. Jagger begeisterte nicht nur mit seinen typischen rasanten Bewegungen, sondern auch mit seinem vielseitigen und kraftvollen Gesang. Der Höhepunkt der Gesangs-Darbietung war eine fulminante Interpretation von Ray Charles Night Time Is The Right Time im Duett mit der fabelhaften Background-Sängerin Lisa Fisher.
Damit der Sound niemals blass wurde, hatten sich die Steine wie bei den vergangenen Tourneen mit Session-Mann Darryl Jones am Bass, erfahrenen Keyboardern und Bläsern entsprechend verstärkt. Doch es sind immer noch die filigranen Riffs von Keith Richards (auch wenn er zeitweise in anderen Sphären zu schweben schien), die Soli von seinem Kumpel Ron Wood und der simple, aber prägnante Takt von Charlie Watts und natürlich Jagger als unerreichter Frontman, die die Faszination eines Stones-Konzertes ausmachen.
Jagger wirbelte über eine 70 Meter breite, 30 Meter hohe und 33 Meter tiefe Bühne mit drei Balkonen, einem Laufsteg ins Publikum und einer riesigen Videowand. Dass es sich um die bisher größte LED-Leinwand auf Tour handelt, versteht sich fast von selbst. Doch stellten die Songs die Technik in den Schatten. Sogar Raritäten wurden ausgegraben. Und am Ende unterstrichen Klassiker wie Sympathy For The Devil und You Cant Always Get What You Want die Berechtigung dieser Tournee.
Wenn es überhaupt etwas zu bemängeln gab, dann vielleicht Streets Of Love, eine schwächere Nummer aus dem an sich guten aktuellen Album A Bigger Bang. Doch wen stört das, wenn darauf grandiose Versionen von As Tears Go By und Tumbling Dice folgen? Kaum ein Rock-Spektakel im Praterstadion kam an diese Produktion heran.