Weiter keine Einigung zu EU-Lieferkettengesetz

Österreichs Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) äußerte erneut seine Bedenken gegenüber dem geplanten EU-Lieferkettengesetz. "Es gibt immer noch Bemühungen, eine Lösung zu finden", sagte Kocher bei einem Pressegespräch am Freitag. Es gehe darum eine bessere Lösung zu finden - Ziel sei es nicht, die Richtlinie "abzudrehen". Wann der jüngste Kompromisstext zur Abstimmung kommen könnte, war bis zuletzt unklar.
Belgien mit Kompromissvorschlag zu EU-Lieferkettengesetz
Jüngst hatte Belgien, das aktuell den Vorsitz im Rat (Gremium der EU-Staaten) innehat, einen neuen Vorschlag vorgelegt. Mit Finnland hat am Donnerstag zumindest ein Land, das bisher gegen die Lieferkettenrichtlinie war, erklärt, dem neuen Vorschlag zustimmen zu können.
Der belgische Kompromissvorschlag sieht vor, dass nurmehr Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern (bisher: 500) und über 300 Mio. Euro Umsatz (bisher: 150 Mio.) von der Richtlinie betroffen sein sollen. Zudem soll es keine gesonderten Regeln für Risikosektoren geben und auch bei der Haftung der Unternehmen wurden die Regeln aufgeweicht.
EU-Lieferkettengesetz: Kocher für Positiv- und Negativ-Listen
Das EU-Lieferkettengesetz soll große Unternehmen zur Rechenschaft ziehen, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Größere Unternehmen müssen zudem einen Plan erstellen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit der Einhaltung der Pariser Klimaziele zur Begrenzung der Erderhitzung vereinbar sind.
Kocher befürchtet, dass die Unternehmen durch die neuen Regeln zu sehr mit Bürokratie belastet würden. Er plädierte erneut für Positiv- und Negativ-Listen und sogenannte 'Safe-Harbour'-Klauseln. Die Idee davon ist, dass verschiedene Drittstaaten - zum Beispiel Japan - grundsätzlich für unproblematisch erklärt würden. Europäische Unternehmen müssten Zulieferer aus diesen Ländern demnach nicht mehr prüfen. Ähnlich ist der Listen-Ansatz: Hier würde behördlich eine Liste von (un)bedenklichen Lieferanten erstellt und den Unternehmen die Sorgfaltspflichten somit teilweise abgenommen werden.
EU-Staaten verhinderten Beschluss von EU-Lieferkettengesetz
Das EU-Lieferkettengesetz liegt auf Eis, nachdem mehrere Staaten - darunter Österreich - Vorbehalte gegenüber dem mit dem EU-Parlament ausgehandelten Kompromiss angemeldet hatten. Angesichts der anstehenden EU-Wahl wird eine Verabschiedung der Lieferkettenrichtlinie vor der Wahl immer unwahrscheinlicher - vor allem je länger die Staaten für eine Einigung brauchen und je weiter sie dafür von der Vereinbarung mit dem Parlament abgehen.
Die Zuständigkeit für das EU-Lieferkettengesetz teilt sich Kocher mit Justizministerin Alma Zadić (Grüne). Sie hatte sich in der Vergangenheit für eine Zustimmung aus Wien stark gemacht. Wegen der Ablehnung Kochers gibt es aber keine Regierungsposition, weshalb sich Österreich bisher bei Abstimmungen in Brüssel enthalten hat (was rechtlich einem Nein gleich kommt). Eine ähnliche Situation gibt es in Deutschland, wo die liberale FDP eine Zustimmung Berlins blockiert.
(APA/Red)