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Weihnachten im Gefängnis

Was schenkt man einem Angehörigen oder guten Freund, der Weihnachten im Gefängnis verbringen muss und doch nicht vom Christkind übergangen werden soll?

„Ein Foto, vielleicht mit einer persönlichen Widmung. Oder einen Ring. Schmuck in beschränktem Maß geht auf jeden Fall“, empfiehlt Michael Neider, für den Strafvollzug zuständiger Sektionschef im Justizministerium. Andere Präsente würden es nämlich kaum in die Zelle schaffen – selbst wenn der ambitionierteste Weihnachtsmann am Werk wäre.

Schuld daran ist die allgegenwärtige Drogenproblematik in den heimischen Justizanstalten. „Suchtgift kann heutzutage ja praktisch in jedem Gegenstand hinein transportiert werden. Deswegen sind wir bei dem, was den Gefangenen gebracht werden darf, sehr, sehr rigide“, verrät Neider.

Häftlinge müssen somit auf Omas Weihnachtskekse oder den kleinen, von der Liebsten geschmückten Weihnachtsbaum in der Zelle verzichten. „Das könnte alles präpariert sein. Und wir haben leider nicht ausreichend Personal, um das alles eingehend zu kontrollieren“, so der oberste Strafvollzugsbeamte.

Eier bei den Häftlingen sehr beliebt

Grundsätzlich obliegt es den jeweiligen Anstaltsleitern, inwieweit sie Geschenke zulassen. In Stein verfügt mittlerweile fast jede Zelle über einen Kühlschrank, so dass unverdächtige Lebensmittel, die keiner weiteren Zubereitung bedürfen, dort kein großes Problem darstellen. Vor allem Eier sollen bei Häftlingen sehr beliebt sein – ein Appell an den Osterhasen, sozusagen.

Früher hatte generell jeder Häftling drei Mal pro Jahr Anspruch auf ein so genanntes Lebensmittelpaket: Zu Weihnachten, zu Ostern und zu seinem Geburtstag. Inzwischen hat man die Quartalsregelung eingeführt. Wer in der Justizanstalt Wien-Josefstadt einsitzt, hat sich allerdings zu früh auf Mamas selbst gebackenen Kuchen gefreut:
Dort macht man Not gedrungen von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch, die Insassen von Lebensmittellieferungen von auswärts auszuschließen.

Zu wenig Personal um Lebensmittel zu überprüfen

„Das würde ganz einfach unsere Kapazitäten überfordern, bei unserem Personalstand auch noch die ganzen Esspakete zu überwachen“, ersucht Oberst Peter Prechtl um Verständnis. Das auf 920 Haftplätze angelegte Gefangenenhaus weist bis zu 1.400 Insassen auf, da bleibe der Justizwache dafür einfach keine Zeit. „Wir sind daher dazu übergegangen, dass den Leuten vor Weihnachten mehr Geld geschickt werden kann. Davon können sie dann bei unserem Kaufmann einkaufen“, berichtet der Anstaltsleiter.


Ein Mal pro Woche hat der Häf’n-Laden – im Jargon „Ausspeis“ genannt – geöffnet. Rund 250 Artikel umfasst das Sortiment. Zu Weihnachten wird dieses natürlich dem Anlass angepasst.


Wer auf das leibliche Wohl weniger Wert legt und partout auf den neuesten Roman seines Lieblingsschriftstellers oder sein gewohntes Sport-Magazin nicht verzichten will, muss um dieses Geschenk bei der Anstaltsleitung offiziell ansuchen. Wird dieses genehmigt – vor allem bei Jugendlichen ist Oberst Prechtl meistens recht großzügig – und spielen auch die Finanziers mit, gilt es noch einen modernen Röntgen-Scanner zu überwinden, ehe die Gabe beim Beschenkten landet.


Man sollte nicht glauben, mit welchen Tricks und technischen Raffinessen versucht wird, die Sicherheitskontrolle zu umgehen. „Ein Häftling wollte sich partout die Haare selber schneiden und hat sich deswegen eine Haarschneidemaschine schenken lassen. In diese war ein kleines Handy eingebaut“, erinnert sich Prechtl.


Den Beamten wäre diese illegale „Zugabe“ gar nicht aufgefallen, so gut war diese versteckt. „Das Handy hat allerdings ausgerechnet in dem Moment gepiepst, wo wir das Gerät geprüft haben. Der Akku war leer“, schmunzelt der Oberst.

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