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Weihnachten - Das Fest der Todsünden

Weihnachten ein Fest der Besinnung? Ein Fest der Bescheidenheit und Demut? Ein Fest der christlichen Werte? Ihr Sünder! Seid wenigstens einmal ehrlich und lasst uns Weihnachten feiern wie es ist – als das Fest der sieben Todsünden!

Bei keinem anderen religiösem Fest kann man so eine perfekt kapitalistisch inszenierte Heuchelei unter dem Deckmantel christlicher Werte beobachten, wie zu Weihnachten. Hedonistische Atheisten und atheistische Hedonisten huldigen ihrem unverschämten Lebensstil als wären sie vom Feiern, Völlern, Konsum und Sex nicht schon genug abgestumpft. Es gibt keine Beweise für die Existenz der Hölle, den Zorn Gottes und schon gar keine lebenden Zeugen dafür. Wer soll uns also in die Verdammnis schicken? Niemand! Frönt den Lüsten und huldigt dem Heiland für dieses wunderbar sündhafte Fest.

In folgender Aufzählung wollen wir das Weihnachtsfest und die sieben Todsünden auf satirische Weise in Bezug setzten. Es soll Euch einen kleinen Denkanstoß bieten und nicht als Blasphemie oder Verletzung religiöser Gefühle dienen. Bitte denkt daran, wenn ihr entsetzte Leserbriefe schickt oder diesen Text auf andere Weise kommentiert. Die Handlung und Personen sind frei erfunden, jede Ähnlichkeit mit Lebenden oder Verstorbenen wäre rein zufällig und gänzlich unbeabsichtigt, oder etwa doch nicht?

Hochmut:

Falscher Stolz, übertriebene Eitelkeit und narzisstischer Egoismus – das kennen wir auch.
Aber wen wundert es wenn uns zwei Jahrtausende eingeredet wird wir seien Gottesebenbild? Marie Luise aus Döbling hebt ihren Blick von ihrem Schminkspiegel schnattert ganz echauffiert in gehobenem Schönbrunner Deutsch: „Es ist furchtbar wie man unsereins ein schlechtes Gewissen zu Weihnachten einreden will und uns zum spenden verurteilt. Ständig wird man von Obdachlosen und Bettlern belästigt. Dabei sind die ja auch alle so hässlich und stinken, das hält schon vom Griff ins Börserl ab. Die sollen sich zuerst mal herrichten, aber ordentlich und adrett wenns’ genehm ist!” Marie Luise hat sich somit freiwillig und ehrenamtlich für den Workshop „Reich & Schön styled Arm & Schirch” gemeldet! Wir freuen uns über diese große Geste und wünschen gutes Gelingen.

 

Vielleicht bin ich auch selbst hochmütig, weil ich in diesem Artikel schmunzelnd und genüsslich sarkastisch die „Schwächen” anderer karikiere? Auch wenn diese Menschen alle fiktiv sind und meiner Fantasie entspringen. Es gibt sie! Und ihr wisst, dass es sie gibt, weil ihr lächelnd über diese Zeilen schweift und dabei eure Freundin, den Jungen von neben an, oder gar ein Familienmitglied wieder erkennt. Aber sicher niemals euch selbst. Damit stellt ihr euch auch über diese Charaktere und seid somit genau so hochmütig wie ich. Ihr Sünder!

Neid:

Das kennen wir doch alle. Der eine hat was wir wollen und das kotzt uns an.
Dabei hat er oder sie es doch gar nicht verdient! Wenn die kleine Schwester ein brandneues Notebook aufgrund ihrer universitären Erfolge geschenkt bekommt, fühlt sich der bekiffte Bruder mit einem Gutschein für die Entzugklinik leicht gefrotzelt, oder nicht? Eltern nutzen den Neid unter Geschwistern oft als erzieherisches Mittel. Einzelkinder bleiben davon auch nicht verschont, wenn sie ihre Freunde mit ihren neuen Markenpullis und prallen Brieftaschen nach der Mitternachtsmette prahlend im Club treffen. „Na? Was hast du denn bekommen?” hört sich dann an wie: „Lass mal die Hose runter und zeig wie arm du bist!” meint der neidige Norbert etwas beschämt, weil er über den dreier Pack Burlington Socken und den 10Euro H&M Gutschein noch nicht hinweg ist. Dabei dachten sich doch seine Eltern traurig: „Es waren halt nur Burlington Socken und keine Jacke, wie wir sie uns vor der Finanzkrise noch leisten hätten können.” Wer hat denn da schon gewusst das der erfolgreicher Banker-Papa jetzt im Gefängnis Weihnachten feiert?

Habgier:

Wir gieren nach Geschenken, geizen aber gleichzeitig mit den selbigen.
Unsere Liebsten werden mit einfallslosen Parfüms, hässlichen Krawatten oder dem Platz eins der bösartigsten und unpersönlichsten Geschenke abgespeist: der dreier Pack Burlington Socken plus H&M Gutschein. Im Gegenzug erwarten wir aber großzügige elterliche Subventionen für den nächsten Snowboardurlaub, oder einen 12 Karat Brillie-Ring vom armen Geliebten der noch gerade seine letzten Kupfermünzen für den H&M Gutschein zusammengekratzt hat. Die saure Sandra schiebt sich ihre gold gerahmte Designer-Chefsekretärinnen-Brille von der Nasenspitze und zischt durch ihren Vorbiss in mein Ohr: „Also wenn mein Freund mir nicht das vier Sterne Thermenwochenende über Sylvester schenkt, bin ich schon angefressen.” „Und was schenkst Du ihm?” entgegne ich mit dezentem Abstand. „Na, dass ich mit ihm Sylvester in der Therme verbring, das muss doch reichen! Der soll lieber froh sein, dass er mich hat! Der Trottel kann sich doch nicht mal selber die Schuhe binden, und außerdem hat seine Ex…” Ich wende mich lieber wieder dem inneren meiner Schädeldecke zu: „Im Schwefelbad der Hölle hätte er sicher ein angenehmeres Sylvester – der Arme!”

Zorn:

Zu Weihnachten zornig zu sein ist für mich keine Sünde, es ist meine Pflicht!
Ich lasse es gerne zu, wenn mich Mordgelüste überfallen bei den Gedanken an volle Einkaufstassen, gepantschten Punsch und immer die selben Weihnachtslieder die spontanes Brechen und Gehörstürze auslösen. Der zornige Niko brüllt mich in diesem Kontext an: „Oida! Ich würd’ am liebsten mit einer vollautomatischen MP5 durch die Mariahilferstaße marschieren und jeden den ich mit diesen leuchtenden Weihnachtsmützen seh hinrichten! Wenn ich dann noch dieses lauwarme Gedusel vom Georg Michael hör, geht’s in meinem Kopf nur: Rrratatatatata!” Zum Glück gibt es Menschen wie Niko, denkt sich da der ein oder andere. Last Christmas I gave you my heart…

Trägheit:

Trägheit meint im ursprünglichen Sinn nicht nur Faulheit.
Vielmehr ist es auch ein Überbegriff für Traurigkeit, Antriebslosigkeit und einfach zu wenig Pfeffer im Arsch. Moderne Psychoanalytiker deuten diese Beschreibungen als eindeutige Symptome für eine psychische Krankheit, die heute als Depression bekannt ist. Man darf also nicht faul und deprimiert sein zu Weihnachten? Genau das ist es doch was ich immer bin an diesen Tagen! Der müde Rudi pflichtet mir da bei: „Seit dem mich meine Freundin verlassen hat bekomm ich meinen Hintern nicht mehr von der Couch. Gerade zu Weihnachten ertränk ich meinen Frust im Wein und starre blind ins Narrenkastl. Am 25. hab ich dann einen riesen Kater und rühr keinen Finger, außer auf der Fernbedienung.” Verdammt noch mal Rudi! Geh raus und such dir eine Neue! Ich glaube Hilde wäre noch zu haben.

Wollust:

Wenn die Gedanken an die letzte Firmen Weihnachtsfeier etwas trübe sind, möchte ich sie auffrischen.
Was habt ihr denn zu eurer hübschen jungen Praktikantin gesagt, als ihr sie mit einem Arm in den Schwitzkasten genommen habt und euch mit dem anderen an die Bar geklammert habt um euer Gleichgewicht zu halten? Hä? Ich weiß es und du auch! Rene Rammler flüstert reuig in meine Richtung: „Bitte sag es nicht meiner Frau! Ich wurde schwach bei diesen jungen Brüsten, die sich vor Spannung kaum im Kleid halten konnten und am liebsten raus gesprungen wären um sich gegen den Himmel zu strecken.” Ok, Rennä. Bin ja auch nur ein Mann.

Völlerei:

Man kann es kaum noch Essen nennen, was wir alle zu Weihnachten zelebrieren.
Selbst „Fressen” wäre untertrieben. Aber was wäre dieses Fest ohne der Völlerei?! Wir können uns gar nicht wehren gegen Wein, Ente, Fisch und Braten. Wir können nichts für unseren Weihnachtsspeck, oder wollt ihr Mamas Kochkünste beleidigen, wenn ihr 2kg Lachs überlässt? Das meint die füllige Hilde auch, als sie zu mir mit voll gestopften Mund meint: „Ich hab außerdem Drüsenprobleme und schwere Knochen, du Arsch!” Dabei verliert sie während dieser eher zweifelhaften Erklärung die Hälfte ihres Schokokuchens, weil er bei der Aussprache des „sch” von „Arsch” gegen meine zu gekniffenen Augenlieder klatscht. Dabei hatte ich doch auf die übermäßige Fülle an Speis und Trank angespielt und nicht auf ihre Körperfülle. Warum sich Hilde immer gleich angegriffen fühlt?!

 

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