Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer betonte gegenüber der APA, dass ein solcher Dienst mögliche wäre, es hänge aber von der Ausgestaltung ab. Er müsse jedenfalls für beide Geschlechter gelten und dürfe “nicht unverhältnismäßig” sein. Konkret müsse er unter “zumutbaren Bedingungen” stattfinden, “ausreichend” entlohnt werden und zeitlich in einem vertretbaren Rahmen bleiben. Für letzteren Punkt würde man nach Ansicht Mayers mit einem halben oder dreiviertel Jahr “auf der sicheren Seite” sein.
Mayer ist damit der gleichen Meinung wie seine Kollegen Theo Öhlinger und Bernd-Christian Funk. Sie halten einen Sozialdienst als Bürgerpflicht ebenfalls für derart gestaltbar, dass er nicht der EMRK widerspricht. Öhlinger nennt in der “Presse” (Donnerstag-Ausgabe) ebenfalls als Bedingung, dass Männer und Frauen herangezogen werden müssten und das Entgelt so hoch sein müsse, dass man damit “überleben” könne. Dann wäre eine Verpflichtung zu einem Sozialdienst “für einige Monate” möglich.
Mayer macht auch darauf aufmerksam, dass der Europäische Menschenrechtsgerichtshof schon verpflichtende Dienste akzeptiert hat. So wurde es als zulässig anerkannt, dass Ärzte ihren Dienst dort machen müssen, wo Bedarf nach ihren Leistungen besteht. Zudem müssen Rechtsanwälte sozial Bedürftige unentgeltlich vertreten. Jeder Anwalt muss in regelmäßigen Abständen als Pflichtverteidiger auch unentgeltlich arbeiten. Der Staat überweist dafür der Anwaltskammer Geld, das zur Altersabsicherung der Anwälte herangezogen wird.
In Vorarlberg können manche Gemeinde von ihren Bürgern noch Frondienste verlangen. Solche “Hand- und Zugdienste”, wie etwa die Betreuung von Wanderwegen oder Schneeräumung, kann man allerdings auch von einem Vertreter erledigen lassen oder sich durch eine Zahlung an die Gemeindekasse freikaufen. Laut “Presse” fließen so rund 400.000 Euro in die Gemeindekassen.