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Was wir nicht sehen - Trailer und Kritik zum Film

Ballons, die in 30 Kilometern Höhe in der Stratosphäre fliegen und per Funk "die gesamte Erde" mit Internet versorgen.

Was in der Werbung zum “Project Loon” des Google-Konzerns nach verheißungsvoller Zukunftstechnologie klingt, ist für die Protagonisten in Anna Katharina Wohlgenannts Dokumentarfilm “Was wir nicht sehen” (ab Freitag im Kino) ein Albtraumszenario. Denn sie sind elektrohypersensitiv.

Was wir nicht sehen – Die Geschichte

Von der Allgegenwärtigkeit elektromagnetischer Wellen erzählt die Wiener Filmemacherin – und davon, wie sie manche Menschen krank macht. Wohlgenannt porträtiert fünf Betroffene, die allesamt angeben, unter jenen für Menschen eigentlich nicht wahrnehmbaren Strahlen zu leiden, die von u.a. Mikrowellen, Mobilfunk und WLAN ausgehen. Sie erzählen von ihren Symptomen, die sich meist ähnlich sind und von Ohrensausen und Migräne über Schlafstörungen und Erschöpfungs- und Schwindelgefühl bis zu kognitiven Aussetzern reichen. Und berichten von ihren Methoden, wie sie sich in einer zunehmend verstrahlten Welt abzugrenzen versuchen.

Was sie alle eint, ist der dadurch notwendige Rückzug in die Isolation, mit unterschiedlich gravierenden Folgen: Während der schwedische Maler Andreas und der Schweizer Ingenieur Sosthene etwa auf die Unterstützung ihrer Ehefrauen und Kinder bauen können, die mit ihnen möglichst abgeschirmt leben, will die deutsche Ergotherapeutin Clarissa keinem Partner diese Einschränkungen zumuten. Sie ist schon mehrfach umgezogen, näht sich für Ausflüge in den Supermarkt Kleidung aus Abschirmstoffen. Die US-Architektin Jennifer hat Job und Ehemann wegen ihres Leidens verloren, hat in der 34.000 Quadratmeter großen “National Radio Quiet Zone” in West Virginia aber eine strahlenfreie Umgebung und u.a. in der Naturwissenschafterin Diane eine Gleichgesinnte gefunden.

Was wir nicht sehen – Die Kritik

Die Dokumentarfilmerin Anna Katharina Wohlgenannt (Jahrgang 1982) sieht davon ab, Fachmeinungen einzuholen, Diagnosen zu stellen oder generell zu kommentieren. Sie bewertet nicht, was ihre Protagonisten erzählen, begegnet ihnen mit Respekt und Unvoreingenommenheit – unterstützt aber durchaus ihre These, dass die Welt “in jeder Hinsicht elektromagnetisiert” ist, so Wohlgenannt: Die Schilderungen der Protagonisten unterbricht sie mit Werbevideos wie jenem von Google und mit Aufnahmen der deutschen Klangkünstlerin Christina Kubisch, die spezielle Kopfhörer gebaut hat, die Wellen hörbar machen. Fast surrealistisch wirken die Szenen, in denen Kubisch sich langsam mit Kopfhörern durch Berlin vorantastet, und der Ton nahe Bankomaten und Screens besonders ausschlägt.

Eine klare Antwort, ob Elektrohypersensitivität nun eine Krankheit, eine Störung, eine Vergiftung oder psychosomatisch ist, gibt “Was wir nicht sehen” nicht. Gut möglich, dass wir in einigen Jahrzehnten auf diesen Film und seine Protagonisten zurückblicken und den omnipräsenten Strahlungen anders gegenüberstehen – wie es heute bei Zigaretten, Fleischkonsum oder Industrialisierung auch der Fall ist. Nicht umsonst hat die Internationale Krebsforschungsagentur der WHO elektromagnetische Wellen als “möglicherweise krebserregend” eingestuft. Mitfühlen wird man mit den Interviewten, denen Erschöpfung und Verzweiflung anzusehen ist, jedenfalls. Und ihnen künftig respektvoller gegenüber treten. “Menschen reagieren wütend”, klagt Andreas an. “Es hat sehr lange gedauert, bis ich mich an die Einsamkeit gewöhnt habe.”

(APA)

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