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War Österreich zu unterwürfig? Kritik an Putin-Besuch

Russland-Experte Mangott vermisst Dialog auf Augenhöhe.
Russland-Experte Mangott vermisst Dialog auf Augenhöhe. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Dass der russische Präsident Wladimir Putin in Österreich freundlich empfangen wird, war zu erwarten. Er wurde aber mehr als das: Es war ein freundschaftlicher Empfang in der Bundeshauptstadt für den Kreml-Chef. Putin selbst sprach von Beziehungen mit "partnerschaftlichem Charakter".
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Kritische Worte bekam Putin dementsprechend am Dienstag bei seinem Arbeitsbesuch in Wien kaum zu hören. Lediglich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erinnerte die “Supermacht” an ihre Verantwortung in Krisenherden wie der Ukraine und Syrien. “Wir hoffen und erwarten uns auch, dass Russland seinen Beitrag leistet, dass die Menschen dort erleben, was sie sich so sehnlich wünschen, nämlich Frieden”, betonte Kurz.

Van der Bellen durchwegs positiv

Van der Bellen dagegen war durchwegs positiv. Sehr demütig übergab er etwa bei der Pressekonferenz das Wort: “Ich werde Sie jetzt nicht aufhalten, Präsident Putin ist ein viel interessanterer Gesprächspartner für Sie heute als ich”, sagte Van der Bellen.

Putin bekam die Bühne, um über die erfreulichen Entwicklungen in der Wirtschaft der beiden Länder zu referieren und die Sanktionen als “schädlich für alle” zu brandmarken. Die Botschaft wurde aus dem überfüllten Pressesaal in die Welt übertragen. Es gab laut Bundespressedienst 300 Medienakkreditierungen.

Und so konnten alle hören, dass weder Russland noch Österreich ein Glaubwürdigkeitsproblem Moskaus erkennen können. “Eine grundsätzliche Vertrauenskrise” zwischen der EU und Russland sehe er nicht, erklärte der Bundespräsident, was für manche Beobachter etwas überraschend kam.

Experte äußert Befremden

Diese Aussagen des Bundespräsidenten seien doch “etwas befremdend” gewesen, sagte der Russland-Experte Gerhard Mangott am Mittwoch gegenüber der APA. “Wenn dem so wäre, warum bietet sich Österreich immer wieder als Brückenbauer an”, fragte er. Er sei zwar sehr für einen Dialog mit Russland, aber dieser sollte “auf Augenhöhe” stattfinden. Man sollte einander auch die Wahrheit sagen können und sich nicht in Unterwürfigkeit überbieten. Der Politologe von der Universität Innsbruck interpretierte das Verhalten als “Anbiederung”.

Auch wenn Putin es im ORF-Interview in Abrede stellte, nationalistische Kräfte in Europa zu unterstützen, um die EU von innen zu schwächen, so glauben ihm Experten und Oppositionelle das nicht. “Russland hat tatsächlich ein Interesse, dass Europa wirtschaftlich stark ist, weil Europa der wichtigste Handelspartner Russlands ist und die meisten Direktinvestitionen in Russland aus Europa kommen, aber an einem politisch starken Europa ist Wladimir Putin und ist Russland sicher nicht interessiert”, hatte Mangott im ORF erklärt.

Will Moskau Europa spalten?

Auch Stefan Meister, der Leiter des Robert-Bosch-Zentrums der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, meinte gegenüber der APA, dass es im Interesse Moskaus sei, die EU zu spalten und durch Desinformationen die Uneinigkeit unter den Mitgliedstaaten in Fragen wie Migration oder Anti-US-Haltung zu schüren. “Da geht es darum, die EU zu schwächen, um die eigene Verhandlungsposition bei Themen wie die Sanktionen zu verbessern.” Gleichzeitig unterhalten die Duma (Parlament) und russische Institutionen enge Kontakte zu rechts- aber auch linkspopulistische Parteien – also zu “Parteien, wo man hofft, dass sie russische Interessen verfolgen, aber auch zu Spaltungstendenzen beitragen.”

Kein Thema in Wien

In Wien war das – zumindest öffentlich – kein Thema. Ganz im Sinne der Tradition Österreichs wurden die guten bilateralen Beziehungen herausgestrichen und Russland als pakttreues Gaslieferland präsentiert. Russland kam auch mit einem entsprechenden Gastgeschenk: Der Gasliefervertrag zwischen OMV und Gazprom wurde bis 2040 verlängert. Der bisherige Vertrag wäre bis 2028 gelaufen. “Angesichts der verbleibenden Restlaufzeit war eine Vertragsverlängerung zu dem Zeitpunkt nicht notwendig”, sagte Mangott. “Man wollte ein Symbol setzen”, das der guten Beziehungen zwischen den beiden Energieunternehmen geschuldet sei, erklärte er.

(APA/Red.)

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